Dessen, S
»Aber irgendwie gefällt mir nicht, wie das …«
»Jake hat gestern Abend rumgemacht«, platzte das Mädchen heraus, das zuerst gesprochen hatte. »An der Spitze.«
Shit, dachte ich.
»Bitte was?« Maggie japste förmlich.
»Leah!«, sagte das andere Mädchen. »Was soll das? Ichdachte, wir hätten uns darauf geeinigt, dass wir es ihr möglichst schonend beibringen.«
»
Du
wolltest es ihr möglichst schonend beibringen«, konterte Leah. »Ich fand von Anfang an, dass wir es schnell und schonungslos tun sollten, wie beim Augenbrauen-Waxing.«
»Ist das wirklich wahr?« Maggies Stimme klang hoch und gepresst. Ich drückte mich so eng wie möglich zwischen die Badeanzüge. Ob es wohl einen Hinterausgang gab? »Woher wisst ihr das überhaupt? Wer war sie? Ich meine, wie …«
»Wir waren dabei«, antwortete Leah nüchtern. »Sie kam, sie redeten und irgendwann verschwanden sie zusammen in den Dünen.«
»Und ihr habt ihn nicht aufgehalten!?« Maggie wurde fast hysterisch.
»He«, sagte das andere Mädchen. »Ganz ruhig, okay?«
»Erzähl mir nicht, ich soll mich beruhigen, Esther! Wer war sie?«
Erneutes Schweigen. Blöde Heidi mitsamt ihrem blöden Scheckheft, dachte ich und vergrub mich noch tiefer zwischen den Einteilern.
»Keine Ahnung«, antwortete Leah. »Irgendeine Tussi, die bloß für den Sommer hier ist. Eine Touristin.«
»Und wie sah sie aus?«, wollte Maggie wissen.
»Spielt das eine Rolle?«, fragte Esther.
»Natürlich. Es hat sogar oberste Priorität.«
Esther seufzte. »Papperlapapp Priorität.«
»War sie hübscher als ich?« Maggie blieb beharrlich. »Größer? Ich wette, sie war blond. War sie blond?«
Stille. Vorsichtig spähte ich um den Bademodenständer herum. Es überraschte mich nicht wirklich, dass es sich bei Maggies Gesprächspartnerinnen um die Rothaarige und das Mädchen mit den Zöpfen handelte, die ich am Lagerfeuer gesehen hatte. Sie wechselten einen Blick, ehe der Pippi-Langstrumpf-Verschnitt in Brünett – Esther – antwortete: »Sie hatte schwarze Haare, einen sehr hellen Teint und war größer als du, aber irgendwie knochig.«
»Und sie hatte keine besonders gute Haut«, fügte die Rothaarige – das musste Leah sein – hinzu.
Ich zuckte zusammen. Erstens war ich nicht knochig. Und zugegeben, ich hatte gerade ein paar Mitesser, aber die würden wieder weggehen, das war bei mir keinesfalls ein Dauerzustand. Außerdem, wie kamen diese Tussen überhaupt dazu, so über mich …
Unvermittelt teilte sich die Reihe Badeanzüge und Bikinis, hinter der ich mich versteckte, wie das Rote Meer. Die Bügel schepperten und klirrten, und ich fand mich plötzlich Aug in Aug mit Maggie wieder.
»Sah sie vielleicht so aus?« Maggie starrte mich drohend an.
»Ach du Scheiße«, sagte Leah. Und Esther schlug sich erschrocken die Hand vor den Mund.
»Ich fasse es nicht«, zeterte Maggie los. Ich unterdrückte den Impuls, mich mit einem Stirnband zu schützen, das in der Nähe hing. »Hast du gestern Abend mit Jake rumgemacht?«
Ich schluckte. Das Geräusch klang lauter in meinen Ohren als ein Schuss. »Es war nicht …«, setzte ich an,merkte, dass meine Stimme zitterte, atmete tief durch. »Es hatte keinerlei Bedeutung.«
Maggie sog so scharf die Luft ein, dass ihre Wangen ganz hohl wirkten. »Es hatte keinerlei Bedeutung«, wiederholte sie. Ließ die Badeanzüge los, die sie mit beiden Händen zur Seite geschoben hatte, sodass ihre Arme nun schlaff herunterbaumelten. »Du machst dich an den Mann meines Lebens ran, den Jungen, den ich
heiraten
will …«
»Oh Mann«, warf Leah ein. »Jetzt geht das wieder los.«
»… und es hat
keinerlei
Bedeutung?!«
»Maggie, lass es.« Esther trat zu ihr. »Es geht überhaupt nicht um sie.«
»Und worum dann?«
Esther seufzte. »Du wusstest, dass so etwas früher oder später passieren würde.«
»Nein«, widersprach Maggie vehement. »Wusste ich nicht. Ich hatte keinen Schimmer.«
»Doch, absolut.« Esther legte ihr eine Hand auf die Schulter, drückte sie sanft. »Du musst der Wahrheit ins Gesicht sehen. Wäre sie nicht gewesen, wäre er mit einer anderen in den Dünen gelandet.«
»Irgendeine andere blöde Ziege«, fügte Leah liebenswürdigerweise hinzu, nahm die Zeitschrift, die sie mitgebracht hatte, fing an, sie durchzublättern. Erst dann schien ihr aufzufallen, dass ich ja auch noch da war. Sie warf mir einen Blick zu und meinte: »Nimm’s nicht persönlich. Der Typ ist ein Idiot.«
»Ist er
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