Dessen, S
Schulter zu mir, doch als ich mich nicht rührte, zuckte sie bloß die Achseln und folgte den beiden anderen. Zu dritt schlängelten sie sich um die Ständer und Auslagetische Richtung Tür.
Ich kehrte ins Büro zurück, setzte mich wieder an den Schreibtisch. Garantiert hielten sie mich für die totale Spaßbremse. Nicht, dass es mir etwas ausmachte. Es war einfach nur wie früher in der Schule, während der großen Pausen. Nie hatte ich bei irgendetwas mitgemacht:So tun, als wäre man ein Sumoringer, Kuchenesswettbewerbe, Massenpartien Flaschendrehen,
Twister
auf dem Schulhof … Ich hatte mich eigentlich immer bloß gewundert, dass man so etwas in halb erwachsenem Alter überhaupt noch veranstalten konnte, und war weitergegangen. Vielleicht hatten diese absurden Aktionen ja einen nostalgischen Reiz, weil man solche Spiele als Kind gespielt hatte. Und ich eben nicht. Für mich war das alles Neuland und deshalb eher bedrohlich als sonst etwas.
Ich nahm den Stift wieder in die Hand, konzentrierte mich auf die Steuerformulare. Im nächsten Moment hörte die Musik so abrupt auf, wie sie eingesetzt hatte. In der Stille der Zahlen verging eine weitere Stunde. Plötzlich klopfte es an die Tür.
»Wir schließen jetzt«, sagte Esther, die mit einem großen Geldbeutel hereinkam und sich hinter mich stellte. »Kann ich bitte mal an den Safe?«
Ich rückte meinen Stuhl zur Seite, um Platz zu machen. Sie hockte sich hin, steckte den Schlüssel ins Schloss, legte den Beutel in den Safe, ließ die Tür zuschnappen. Dann rappelte sie sich wieder hoch.
»In etwa zehn Minuten sind wir weg.« Beim Sprechen strich sie leicht über ihre Knie, wie um etwas wegzuwischen. »Kommst du mit oder legst du eine Spätschicht ein?«
Ich hätte ihr gern erklärt, dass zehn Uhr in meiner Welt alles andere als spät war. Doch weil ich merkte, dass sie nicht wirklich im Plauderstimmung war, antwortete ich bloß: »Bin fast fertig.«
»Cool. Komm einfach vorne raus, dann können wir abschließen, wenn alle draußen sind.«
Ich nickte. Sie ließ die Tür hinter sich offen stehen, sodass ich sie, Maggie und Leah hören konnte, während ich schnell zusammenräumte. Die drei standen derweil an der Kasse und quatschten.
»Wo kommen eigentlich die Smarties her?«, fragte Esther.
»Woher wohl?«, konterte Leah.
»Echt?« Am Klang ihrer Stimme hörte ich, dass Esther lächelte, bevor sie in demselben Frotzelton fortfuhr: »Na, Mags. Noch mehr Süßkram von Adam?«
Maggie seufzte. »Wie oft soll ich euch noch sagen, dass das rein gar nichts zu bedeuten hat? Er ist eben Tankstellenshop-Stammkunde, wie alle Jungs hier.«
»Mag ja sein«, antwortete Leah, »aber nur, weil er dauernd zur Tanke rennt, heißt das nicht, dass er jedes Mal etwas für dich mitbringen müsste.«
»Macht er doch gar nicht jedes Mal«, brummelte Maggie.
»Es kommt mir aber so vor«, erwiderte Esther. »Und bei einem typischen männlichen Tankstellenshop-Stammkunden ist das ein untrügliches Zeichen.«
Leah sekundierte: »Stimmt.«
»Stimmt nicht«, hielt Maggie dagegen. »Es sind doch nur Süßigkeiten. Hört auf, soviel da reinzulesen. Ihr macht euch ja lächerlich.«
Dem konnte ich nur beipflichten. Aus vollem Herzen. Wahnsinn, dass diese drei immer noch etwas zu bereden hatten, nachdem sie schon den ganzen Abend miteinanderverbracht hatten. Selbst wenn es vorhersehbarerweise nur um Süßigkeiten und Jungs ging.
Als ich aus dem Büro kam, warteten sie an der Eingangstür auf mich. »Ich kann verstehen, dass du dich nicht auf ihn einlassen willst«, meinte Leah zu Maggie. »Schließlich geht er noch zur Schule.«
»Er hat gerade seinen Abschluss gemacht, genau wie wir«, sagte Esther.
»Okay. Aber er geht noch nicht aufs College. Dieser eine Sommer macht einen Riesenunterschied.«
»Woher willst du das denn wissen? Du kennst doch nichts anderes als Collegejungs.«
»Was stört dich daran eigentlich so? Ich meine, sobald wir selbst aufs College gehen, werden wir alle sowieso nur noch mit Collegejungs ausgehen. Was kann es schaden, frühzeitig damit anzufangen?«
»Es schadet nichts, das ist nicht der Punkt«, erwiderte Esther, während wir, eine nach der anderen, die Boutique verließen. Maggie schloss schwungvoll die Tür, holte ihren Schlüssel hervor.
»Ich meine nur, dass du vielleicht etwas verpasst hast, weil du dich immer geweigert hast, mit irgendwem auszugehen, der so alt ist wie du«, fuhr Esther fort.
»Was soll ich denn verpasst haben?«
»Kein
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