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Dessen, S

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Titel: Dessen, S Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Because of you
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er fort: »Du hast dein Geschenk also bekommen?«
    Sofort sah ich den Bilderrahmen vor mir, der in meiner Reisetasche steckte, sah die Worte unterhalb seines breiten Lächelns: EINE SUPERZEIT. »Ja«, antwortete ich. »Spitze. Gefällt mir sehr gut.«
    »Nicht dein Ernst, Aud«, antwortete er belustigt. »Gefällt dir
nicht

    »Doch.«
    »Kann gar nicht sein. So ein kitschiges Teil.«
    »Nun ja«, meinte ich, »es ist   …«
    »…   scheußlich.« Er vollendete den Satz für mich. »Billig, absurd. Wahrscheinlich das idiotischste Geschenk zum Schulabschluss, das es je gab. Genau darum habe ich es dir ja auch geschickt.« Er lachte, sein typisch dröhnendes, gut gelauntes Hollis-Lachen – und wie immer hätte ich am liebsten mitgelacht, auch wenn mir gar nicht zum Lachen zumute war. Aber diese Wirkung hatte sein Lachen einfach auf mich. Unweigerlich. »Mir war klar, dass ich mit der Kohle und den Sparbriefen und neuen Autos, die du vom Rest der Welt bekommen würdest, sowieso nicht mithalten konnte. Deshalb beschloss ich, dir zumindest etwas total Unvergessliches zu schenken.«
    Dem konnte ich nur zustimmen: »Das ist es allerdings.«
    »Du hättest die anderen sehen sollen!« Wieder dieses ansteckende Lachen. »Es gab alle möglichen Aufschriften. Auf einem knatschgelben Rahmen stand HALLO, MEIN FREUND!, PARTYQUEEN auf einem in Pink und auf einem, der unerklärlicherweise grün war, TOTAL VERRÜCKTER TYP.   Als würde irgendwer sein Foto in so einen Rahmen stecken!«
    »Höchstens du«, erwiderte ich.
    »Stimmt!« Er gluckste vor Vergnügen. »Jedenfalls dachte ich mir, du kannst das Bild ja wechseln, und zumindest das ist cool. Weil man nicht möchte, dass es immer nur EINE SUPERZEIT ist, sondern sich das im Laufes des Lebens auch mal ändern kann. Du sollst viele Superzeiten erleben, eine besser als die andere, verstehst du?«
    »Ja«, antwortete ich. Und als bräuchte er nur mit dem Finger zu schnippen, hatte Hollis es wieder einmal geschafft: Hatte spontan einen Gedanken aufgegriffen, der wahrscheinlich nicht einmal richtig auf seinem eigenen Mist gewachsen war, und daraus etwas gemacht, das einen wirklich berührte. Richtig Eindruck machte. Hollis beherrschte diese Kunst bis zur Perfektion. Und es war eine Kunst. Trickreich, aber nicht berechnend und in jedem Fall äußerst charmant, geradezu liebenswert. »Du fehlst mir«, sagte ich.
    »Du mir auch«, entgegnete er. »Weißt du was, ich schicke dir einen von den Bilderrahmen mit TOTAL VERRÜCKTER TYP drauf. Dann steckst du mein Foto da rein, eins von dir selbst in den Rahmen mit EINE SUPERZEIT, und wenn du dann die beiden nebeneinanderstellst, ist es fast so, als wären wir zusammen. Was hältst du davon?«
    Ich lächelte. »Abgemacht.«
    »Cool!« Durch die Leitung hörte ich ein dumpfes Geräusch, gefolgt von lautem Stimmengewirr. »Okay, Aud, ich muss los, Ramona und ich wollen noch zu einer Party. Aber wir sprechen uns bald wieder, einverstanden?«
    »Klar«, antwortete ich, »lass uns   …«
    Doch da war er auch schon weg, einfach so. Ehe ich ihn fragen konnte, wer genau Ramona oder was in Amsterdam passiert war. So war er, mein Bruder: »Fortsetzung folgt« in Menschengestalt.
    Ich klappte das Handy zusammen, steckte es in meine Tasche. Mit Hollis zu quatschen hatte mich wunderbar abgelenkt, doch als ich nun die Tür zu Heidis Ladenöffnete und Maggie an der Kasse stehen sah, flankiert von Leah und Esther, bereute ich sofort wieder, dass ich mich auf den Job eingelassen hatte. Es gab kaum etwas Furchteinflößenderes, als auf einen Mädchentrupp zugehen zu müssen, der dich nicht leiden konnte. Als würde man auf einer schmalen Schiffsplanke balancieren: kein anderer Ausweg als der in die Tiefe.
    »Hallo«, meinte Leah, die Rothaarige, während ich mich näherte. Sie war eine von diesen Großen mit milchweißer Haut und jeder Menge Kurven an den richtigen Stellen, trug ein tief ausgeschnittenes Sommerkleid und hohe Riemchensandalen. Ihre Stimme klang weder freundlich noch unfreundlich, sondern irgendwie neutral, als sie fortfuhr: »Was können wir für dich tun?«
    »Sie kümmert sich ab jetzt um die Buchhaltung«, antwortete Maggie, ohne mich aus den Augen zu lassen. Doch als ich ihren Blick unverwandt erwiderte, wurde sie rot und vertiefte sich eifrig in ein paar Unterlagen, die vor ihr auf der Verkaufstheke lagen. »Seit das Baby da ist, hat Heidi jemanden gesucht, der sich darum kümmert, weißt du nicht mehr?«
    »Ach so, ja, stimmt«,

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