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Dessen, S

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Titel: Dessen, S Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Because of you
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Kassenschublade, um mir die Quittungen des Tages zu geben.
    »Ja«, antwortete ich. »Irgendwelche Lieferungen?«
    »Bisher nicht.«
    Ich nickte. Sie blätterte um und las weiter. Esther und Leah machten manchmal zumindest den Versuch, etwas Konversation zu betreiben. Maggie hingegen beschränkte ihre Unterhaltungen mit mir auf das absolut notwendige Minimum. Was mir bloß recht war. Warum hätten wir so tun sollen, als wären wir befreundet oder hätten irgendetwas anderes gemeinsam als unsere Arbeitgeberin? Was ich von ihr im Jump-Park miterlebt hatte, überraschte mich zwar nach wie vor ein wenig, aber im Großen und Ganzen konnte ich nicht viel mit ihr anfangen, was wohl auf Gegenseitigkeit beruhte.
    Im Büro war es aus unerfindlichen Gründen eiskalt, daher behielt ich Heidis Jacke an. Setzte mich, holte das Scheckheft aus der Schublade, schnappte mir den Taschenrechner und legte los. Es war ziemlich ruhig im Laden. Nur ein- oder zweimal kamen ein paar Mädchen – wie immer im Pulk – herein, um die Sonderangebote zusichten und von den neuesten Schuhmodellen zu schwärmen. Ab und zu hörte ich, wie Maggie eine SMS bekam, doch ansonsten war nicht viel los. Bis gegen sechs die Glocke über der Tür bimmelte.
    »Hallo«, meinte Maggie. »Kann ich Ihnen irgendwie helfen? Suchen Sie etwas bestimmtes?«
    Einen Moment lang herrschte Totenstille. Und dann vernahm ich eine mir nur allzu vertraute Stimme. »Oh nein. Sicher nichts aus Ihrem Angebot«, antwortete meine Mutter. Und ich hörte ihrem Tonfall an, dass es sie schauderte. »Ich wollte zu meiner Tochter.«
    »Sie sind Audens Mutter?«, fragte Maggie »Super! Sie ist hinten im Büro. Ich bin mir sicher, sie   …«
    Ich richtete mich kerzengerade auf, schob den Stuhl zurück, stürzte zur Tür. Aber ich war trotzdem nicht schnell genug. Meine Mutter stand – wie üblich von Kopf bis Fuß in Schwarz – vor der Make-up-Auslage, hielt einen Flakon auf Armeslänge von sich gestreckt und studierte mit zusammengekniffenen Augen das Etikett.
    »Booty Berry«
, las sie in gedehntem Ton vor. Dann blickte sie über den Rand ihrer Brille hinweg Maggie an. »Und das ist?«
    »Parfum«, erklärte Maggie. Und lächelte mich an. »Oder besser gesagt, ein Splash Cologne für den ganzen Körper. Ähnlich wie Parfum, aber weniger intensiv und daher perfekt für den Alltagsgebrauch.«
    »Aha«, sagte meine Mutter trocken. Sie stellte den Flakon wieder zurück, ließ ihren Blick langsam durch den Laden wandern. Was sie sah, fand offenkundig nicht ihre Billigung. Und als sie mich schließlich bemerkte,wirkte sie auch nicht gerade glücklicher. »Ah, da bist du ja.«
    »Hi«, sagte ich. Sie betrachtete mich so ernst, dass ich sofort nervös wurde. Und noch nervöser wurde, als mir wieder einfiel, dass ich Heidis Traum in Rosa noch anhatte. »Ich   … äh   … wann hast du beschlossen herzukommen?«
    Meine Mutter seufzte und ging an Maggie vorbei – die sie wie ein Honigkuchenpferd anstrahlte – zu dem Ständer mit den Badeanzügen und Bikinis, den sie mit tiefster Trauer betrachtete. »Mir war heute Morgen plötzlich danach, dem Alltag zu entfliehen«, sagte sie. Streckte die Hand aus, berührte kopfschüttelnd ein orangefarbenes Unterteil mit gerüschten Säumen. »Aber anscheinend habe ich sowohl schlechte Laune als auch schlechtes Wetter mitgebracht.«
    »Ach, machen Sie sich deswegen keinen Kopf«, sagte Maggie. »Schon heute Abend sollen die Schauer allmählich aufhören. Morgen ist garantiert Superwetter! Perfekt, um am Strand zu liegen. Keine Bange, Sie werden schon noch braun.«
    Meine Mutter wandte sich zu ihr um und sah sie an, als spräche Maggie in Zungen. »Oh«, sagte sie und ich wusste sofort, dass sie das Gegenteil von dem meinte, was sie sagte. »Wie wunderbar.«
    »Hast du schon zu Abend gegessen?«, fragte ich, ein wenig zu eifrig. Atmete deshalb tief durch, fuhr etwas ruhiger fort: »Ein Stück weiter die Promenade runter gibt es ein nettes kleines Lokal. Ich kann hier bestimmt für eine Stunde weg oder so.«
    »Zumindest könnte ich was zu trinken gebrauchen«, sagte sie und blickte sich noch einmal kritisch um, bevor sie sich Richtung Tür aufmachte. Sogar ihre Art zu gehen, drückte Missbilligung aus.
    Ich sah Maggie an, die ihr fasziniert nachschaute. »Bin gleich wieder da, okay?«
    »Lass dir Zeit!«, antwortete sie. »Ehrlich, ich komme super allein klar.«
    Sobald die Tür hinter uns ins Schloss gefallen war, sagte meine Mutter: »Das ist ja noch

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