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Dessen, S

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Titel: Dessen, S Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Because of you
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anteilnehmende Laute von mir und stocherte in meinen Nudeln und meinem Salat herum. Als wir mit Essen fertig waren, war es bereits nach acht. Wir traten vor die Tür des Restaurants. Der Regen hatte aufgehört, der Himmel war leuchtend rosa gestreift.
    Worauf meine Mutter sagte: »Oh, schau mal – deine neue Lieblingsfarbe.«
    Die Bemerkung traf mich wie eine Ohrfeige. »Ich mag Rosa nicht.« Meine Stimme klang so angespannt, wie ich mich fühlte.
    Sie lächelte mich an und wuschelte mir durchs Haar. »Mich deucht, Ihr wehret Euch zu sehre«, antwortete sie. »Und was du anhast, ist ein Beweis fürs Gegenteil.«
    Ich blickte an mir und Heidis Regenjacke hinunter. »Die gehört nicht mir. Was ich dir im Übrigen sofort gesagt habe.«
    »Ganz ruhig, Auden, ich mache doch bloß Spaß.« Sie atmete tief durch, schloss die Augen. »Außerdem wäre es auch nicht weiter verwunderlich, wenn du dich hier, mit Heidi und all diesen Gestalten, ein wenig veränderst. Ichsollte mich wohl darauf einstellen, dass du nicht immer in allem mit mir übereinstimmst, sondern irgendwann einmal Lust darauf bekommst,
Booty Berry zu
probieren, um es mal so auszudrücken.«
    »Will ich nicht«, erwiderte ich. Und nun war die Schärfe in meinem Ton unüberhörbar – auch für meine Mutter, die mich leicht verblüfft ansah. »Ich meine, das tue ich doch gar nicht. Ich arbeite bloß da. Das ist alles, wirklich.«
    »Kein Problem, mein Schatz.« Wieder wollte sie mir übers Haar streichen, doch dieses Mal wich ich intuitiv zurück. Ich ertrug ihre herablassende Art nicht mehr, ihr nonchalantes Lächeln. »Wir haben alle unsere schmutzigen, kleinen Geheimnisse, nicht wahr?«
    Es war der pure Zufall – ehrlich, sonst nichts   –, dass mein Blick genau in diesem Moment über den Hotelzaun zum Swimmingpool wanderte, wo gähnende Leere herrschte. Bis auf einen einzigen Menschen. Einen Menschen mit einer rechteckigen schwarzen Brille und einer Haut, die so blass war, dass sie beinahe durchsichtig wirkte. Er trug eine rote Badehose und las in einem kleinen Buch, dem man sofort ansah, dass es sich um LITERATUR handelte. Ich sah meine Mutter an, und nachdem ich mich vergewissert hatte, dass sie meinen Blick erwiderte, ließ ich meinen erneut in Richtung jenes Menschen wandern, sodass sie ihm unwillkürlich folgte. Dann erst antwortete ich: »Ich glaube schon.«
    Sie bemühte sich um einen möglichst gelassenen Gesichtsausdruck, doch mir war das nervöse Zucken ihres Augenlids nicht entgangen. Trotzdem empfand ich keine Genugtuung. Sondern – gar nichts.
    Nach einer Pause meinte sie: »Du musst bestimmt wieder an die Arbeit.« Ihr Tonfall machte unmissverständlich deutlich, wie viel sie von dem Job hielt.
    Sie beugte sich vor – eine Aufforderung, sie auf die Wange zu küssen   –, doch ich rührte mich nicht. Wieder lächelte sie mich an: »Jetzt sei nicht beleidigt, Süße, das ist ein Zeichen von Schwäche.«
    Ich biss mir auf die Unterlippe, wandte mich wortlos ab. Stattdessen stopfte ich meine Hände tief in Heidis Jacke, als ob ich das Rosa dadurch von mir wegschieben könnte, und stapfte davon. Jemand anderes hätte mich aufgehalten, aber meine Mutter würde den Teufel tun. Wie immer hatte sie das letzte Wort behalten und das war das Einzige, was aus ihrer Sicht zählte.
    Ich lief mit gesenktem Kopf zur Boutique zurück und versuchte, den dicken Kloß runterzuschlucken, der sich in meiner Kehle gebildet hatte. Dass ich es gewagt hatte, Heidi zu verteidigen, war wohl zu viel für sie gewesen. Obwohl ich nicht viel mehr gesagt hatte, als dass Heidi »nicht bloß oberflächlich und blöd« war, und dazu zwei winzige anerkennende Bemerkungen über sie gemacht hatte. Doch für meiner Mutter reichte das vollkommen, um mich in die rosa Ecke zu stellen. Da ich nicht bedingungslos ihrer Meinung war, konnte ich genauso gut Heidi persönlich sein. Bei Mom gab es nur Schwarz oder Weiß (beziehungsweise Rosa), nichts dazwischen.
    Bei dem Gedanken schossen mir plötzlich Tränen in die Augen. Und zwar praktischerweise exakt in dem Moment, als ich die Tür zu
Clementine's
öffnete. Zum Glück standen Leah und Esther bei Maggie an der Kasse,und alle drei steckten die Köpfe zusammen, während sie Pläne für den Abend schmiedeten. Sie achteten kaum auf mich, sodass ich ungehindert ins Büro marschieren konnte. In der festen Absicht weiterzuarbeiten, setzte ich mich an den Schreibtisch. Doch nachdem ich zwanzig Minuten damit zugebracht hatte, mir immer

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