Detektivin Anfang 30 sucht Auftraege
?«
Lamb senkte die Stimme. »Miss Millhone, die Waffe ist von unschätzbarem Wert. Es handelt sich um eine A-1-Special, Kaliber 28, mit Wechsellauf. Von diesem Typ sind nur zwei Exemplare angefertigt worden .«
»Aber soviel Geld? Warum?«
»Erst mal ist die Parker ein Meisterstück der Büchsenmacherkunst. Natürlich gibt es auch da Qualitätsunterschiede, aber diese Waffe ist einzigartig. Fein gemasertes Schaftholz . Eine der erstaunlichsten Gravuren, die ich je gesehen habe. Für Parker arbeitete ein Italiener, der manchmal allein 5000 Arbeitsstunden auf die Gravuren verwendete. Die Firma hat 1942 dichtgemacht. Es sind also nicht mehr viele dieser Waffen im Handel .«
»Sie haben doch von zwei Exemplaren gesprochen. Wo ist die andere Flinte? Wissen Sie das ?«
»Nur vom Hörensagen. Ein Händler in Ohio hat sie vor einigen Jahren für sechsundneunzigtausend auf einer Auktion gekauft. Soviel ich weiß, befindet sie sich mittlerweile im Besitz eines Texaners mit einer ganzen Sammlung von Parkers . Die Flinte, die Osterling gebracht hat, galt seit Jahren als verschollen. Ich glaube nicht, daß er wußte, was er da hatte .«
»Und Sie haben’s ihm nicht gesagt ?«
Lamb wich meinem Blick aus. »Gesagt habe ich ihm genug«, verteidigte er sich vorsichtig. »Ich kann nichts dafür, wenn er nichts damit anzufangen wußte .«
»Weshalb sind Sie so sicher, daß es die verschollene Parker war ?«
»Die Seriennummer stimmte... und alles andere auch. Eine Fälschung war ausgeschlossen. Ich habe die Waffe mit einer Lupe untersucht. Sie wies weder Schweißnähte noch Spuren von herausgefeilten Markierungen auf. Nachdem ich die Waffe gründlich überprüft hatte, habe ich sie einem Freund und Waffenkenner gezeigt. Er hat sie sofort identifiziert .«
»Wer außer Ihnen und Ihrem Freund wußte davon ?«
»Derjenige, von dem Rudd Osterling sie gekriegt hat, nehme ich an .«
»Ich brauche Namen und Adresse der Frau... wenn Sie die noch haben«, sagte ich. »Vielleicht weiß sie, wie Rudd zu der Flinte gekommen ist .«
Erneut zögerte der Waffenhändler. Dann zuckte er mit den Schultern. »Warum nicht?« Er schrieb etwas auf einen Zettel und schob ihn über die Ladentheke. »Ich würd’s gern wissen, wenn die Flinte wieder auftaucht .«
»Kein Problem. Vorausgesetzt, Mrs. Osterling hat nichts dagegen .«
Im Augenblick hatte ich keine weiteren Fragen. Ich ging zur Tür und sah mich noch einmal nach Lamb um. »Wenn die Flinte gestohlen war, wie hätte Rudd sie dann veräußern können? Hätte er dazu nicht einen Eigentumsnachweis gebraucht? Etwas, das ihn als den Eigentümer auswies?«
Avery Lamb verzog keine Miene. »Nicht unbedingt. Wenn ein fanatischer Sammler die Waffe zu fassen gekriegt hätte, wär ’ sie endgültig aus dem Verkehr gezogen worden. Er hätte sie in seinem Keller versteckt und sie keiner Menschenseele je gezeigt. Es hätte ihm genügt, sie zu besitzen. Und dazu braucht man keinen Eigentumsnachweis .«
Ich setzte mich draußen in meinen Wagen und machte mir Notizen, solange die Erinnerung noch frisch war. Dann las ich den Zettel, den Lamb mir gegeben hatte. Mein Adrenalinpegel schnellte nach oben: Es war eine Adresse in der Nachbarschaft der Osterlings .
Der Name lautete Jackie Barnett . Ich fand das Haus zwei Straßenzüge vom Heim der Osterlings entfernt in einer Parallelstraße; ein großes Eckgrundstück mit Avokadobäumen , von Palmen gesäumt. Das Haus war gelb verputzt. Von den braunen Fensterläden blätterte Farbe. Die Rasenfläche mußte dringend gemäht werden. Am Briefkasten stand der Name > Squires <, doch die Hausnummer stimmte. Über dem Tor der Doppelgarage war ein Basketballkorb angebracht, und in der Einfahrt stand ein Motorrad mit abgebauter Verkleidung.
Ich parkte den VW und stieg aus. Als ich auf das Haus zuging, entdeckte ich im seitlichen Gartenteil einen Mann im Rollstuhl, der wie eine dekorative Gartenfigur auf dem Rasen stand. Er war leichenblaß , hatte seidiges, weißes Haar und rotgeränderte Augen. Die linke Gesichtshälfte war gelähmt, und sein rechter Arm lag leblos auf dem Schoß. Aus den Augenwinkeln sah ich kurz eine Frau hinter einem Fenster auftauchen. Sie war offenbar durch das Schlagen der Auto für auf mich aufmerksam geworden. Ich lief auf die Veranda vor dem Eingang zu. Sie öffnete die Tür, bevor ich überhaupt Anstalten machen konnte, zu klopfen.
»Sie müssen Kinsey Millhone sein. Ich habe gerade mit Avery telefoniert. Er hat gesagt, daß Sie
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