Detektivin Anfang 30 sucht Auftraege
Lieferwagen ?«
John zog weitere Kontaktabzüge hervor, die alle das Wrack des Citycars aus verschiedenen Blickwinkeln zeigten. »Da kannst du ihn im Hintergrund sehen. Hilft das ?«
»Könnte man den Ausschnitt vergrößern ?«
»Kommt auf den Versuch an. Interessiert dich was Bestimmtes ?«
»Das Nummernschild.«
»Klar .«
Das Nummernschild des Staates Kalifornien wies eine siebenstellige Kombination aus Zahlen und Buchstaben auf, die wir schließlich auf einer unscharfen, grobkörnigen Vergrößerung ausklügelten. Natürlich hätte ich Lieutenant Dolan den Besitzer des Wagens ausfindig machen lassen sollen, doch ich bekenne mich zu einem gewissen Egoismus, der gelegentlich über meinen gesunden Menschenverstand siegt. Ich wollte den Fall nicht an Dolan zurückgeben, wenigstens jetzt noch nicht. Also rief ich einen Freund bei der Kraftfahrzeugstelle an und bat ihn, den Besitzer des Kennzeichens ausfindig zu machen.
Wie sich herausstellte, gehörte das Nummernschild zu einem marineblauen Toyota-Lieferwagen, Baujahr 1984. Als Eigentümer war ein gewisser Ron Cagle mit einer Adresse im McClatchy Way eingetragen.
Es war ein mit Stuck verziertes Haus, dunkelgrau gestrichen, die Fenster weiß abgesetzt. Mein Herz klopfte schneller, als ich auf die Klingel drückte. Das Gesicht des Lieferwagenfahrers hatte ich mittlerweile derart verinnerlicht, daß ich nur stumm glotzte, als die Tür schließlich geöffnet wurde. Vor mir stand ein breitschultriger Mann, gut ein Meter neunzig groß, mit kantigem Kinn, gerötetem Teint, braunem Haar und rötlichem Schnurrbart. »Ja bitte ?«
»Ich möchte zu Ron Cagle .«
»Das bin ich .«
»Sie?« Die Stimme versagte mir wie einem Kind in der Pubertät. Ich warf einen Blick auf einen Zettel in meiner Hand. »Gehört Ihnen ein marineblauer Lieferwagen ?« Ich las das Kennzeichen ab.
Er sah mich verwundert an. »Ja, das ist mein Lieferwagen. Stimmt was nicht ?«
»Das weiß ich noch nicht. Haben Sie den Wagen kürzlich verliehen ?«
»Nein, schon seit einem halben Jahr nicht mehr .«
»Sind Sie sicher ?«
Er lachte. »Überzeugen Sie sich selbst. Er steht gleich draußen in der Einfahrt .« Damit zog er die Tür zu und ging voraus über die Veranda zur Einfahrt. Dort stand ein marineblauer Lieferwagen aufgebockt, ohne Räder. Die Motorhaube war geöffnet, und dort, wo der Motor hätte sein sollen, gähnte ein schwarzes Loch. »Also, was ist damit ?« fragte er freundlich.
»Genau das wollte ich Sie fragen. Dieser Lieferwagen war vergangenen Freitag am Ort eines Unfalls. Dabei ist ein Mädchen getötet worden .«
»Der hier bestimmt nicht«, widersprach er. »Der hat immer hier gestanden .«
Wortlos zog ich die Fotos aus der Tasche. »Ist das vielleicht nicht Ihr Wagen ?«
Er betrachtete die Bilder stimrunzelnd . »Sieht genauso aus .«
»Ist das nicht Ihr Kennzeichen ?«
»Ja, doch«, gab er zu. Er schien nicht minder verwirrt als ich. Wir sahen vom Foto zum Lieferwagen und versuchten uns einen Reim darauf zu machen. Schließlich ging er um den Wagen herum, öffnete die Tür auf der Fahrerseite und kramte im Handschuhfach, bis er den Kraftfahrzeugschein gefunden hatte. Er hatte des Rätsels Lösung zuerst. »Da haben wir es«, sagte er. »Hier sehen Sie mal .«
Er reichte mir den Kraftfahrzeugschein. Das eingetragene Kennzeichen entsprach dem Nummernschild auf dem Zettel in meiner Hand.
»Na und ?« fragte ich.
Er zeigte mit dem Finger auf das Nummernschild am Lieferwagen. Es zeigte eine völlig andere Kombination von Zahlen und Buchstaben.
Ich brauchte eine gute halbe Minute, bis es mir schließlich dämmerte. »Jemand hat einen Lieferwagen gestohlen und das Nummernschild mit Ihrem vertauscht«, erklärte ich.
»So sehe ich das auch .«
Diesmal rief ich Lieutenant Dolan an und berichtete ihm, was ich herausgefunden hatte. Er sagte, daß er eine Fahndung ausschreiben würde. Falls das gestohlene Fahrzeug noch in der Gegend war, würde man es bald ausfindig machen, doch das war mir zu ungewiß . Immerhin war der gute Samariter vor der Polizei auf der Flucht und konnte den Staat längst verlassen haben. Möglicherweise hatte er das >heiße< Fahrzeug auch einfach irgendwo stehengelassen. Genausogut konnte es sein, daß wir mit der Suche nach ihm nur Zeit vergeudeten. Vielleicht hatte er mit dem Unfall gar nichts zu tun oder hatte eine vernünftige Erklärung für alles. In meinem Job versucht man keine vorschnellen Schlüsse zu ziehen, obwohl das zugegebenermaßen
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