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Detektivin Anfang 30 sucht Auftraege

Detektivin Anfang 30 sucht Auftraege

Titel: Detektivin Anfang 30 sucht Auftraege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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verlockend war.

    Eine Woche verstrich, ohne daß etwas geschah. Die Ereignislosigkeit war entmutigend. Wenn ein Fall kurz vor der Auflösung ist, dann überstürzt sich meist alles, aber diesmal wurde die Chance, diesen Fall zu knacken, mit jedem Tag geringer. Ich tippte einen Bericht für Mrs. Spurrier , um sie auf dem laufenden zu halten. Ansonsten war ich ziemlich ruhelos und ertappte mich dabei, wie ich in meiner freien Zeit ziellos durch die Straßen fuhr und nur noch Augen für parkende Autos hatte. Caroline Spurriers Foto hing weiterhin an meinem Pinboard über dem Schreibtisch, und ihr Lächeln schien immer spöttischer zu werden, während ein Tag nach dem anderen verging.
    Trotzig nahm ich mir erneut die Zeugen vor, fuhr zu jedem einzelnen auf der Liste. Die meisten wollten durchaus helfen, konnten ihrer Aussage jedoch nichts hinzufügen. Schließlich machte ich mich auf den Weg zum Campus und zu Carolines Zimmergenossin. Sie mußte mehr wissen, als sie zugegeben hatte. Vielleicht gelang es mir doch noch, ihr die nötigen Informationen zu entlocken. Ich fand die Wohnung verschlossen. Nachdem ich mir Judy Laytons neue Adresse beim Hausmeister besorgt hatte, fuhr ich zum Haus ihrer Eltern in Colgate hinaus, einem kleinen Vorort nördlich von Santa Teresa.
    Ich landete vor einem hübschen, stuckverzierten Haus mit angebauter Garage für drei Autos. Ich klingelte. Während ich wartete, blickte ich mich um. Die Straße war breit, von Bäumen gesäumt und hatte einen Mittelstreifen mit Rasen und blühenden Büschen. Ich drückte erneut auf die Klingel. Offenbar war niemand zu Hause. Schließlich ging ich die Verandatreppe wieder hinunter und blieb in der Einfahrt stehen. Eigentlich war ich schon auf dem Weg zum Auto, das am Straßenrand parkte, doch statt dessen wandte ich mich unwillkürlich der Garage zu. Es gibt Augenblicke in meinem Beruf, da sagt einem eine innere Stimme, daß etwas faul ist. Ich wölbte die Hände über die Augen und starrte angestrengt durchs Fenster in die Garage. Dort im Halbdunkel entdeckte ich einen Toyota-Lieferwagen ohne Lackierung.
    Mein Herz begann heftig zu klopfen, als ich die Klinke der Garagentür hinunterdrückte. Sie war offen. Ich ging hinein. Drinnen roch es nach Grundierung, Staub und Motoröl. Der Lieferwagen hatte keine Nummernschilder. Hastig durchsuchte ich die Fahrerkabine. Unter dem Fahrersitz entdeckte ich die Pistole. Ich berührte nichts, machte die Tür leise wieder zu und trat den Rückzug an. Im Dauerlauf hastete ich auf die Straße. Ich mußte zum nächsten Telefon und die Polizei benachrichtigen. Ich hatte gerade den Motor angelassen und den ersten Gang eingelegt, als ich den Mann vom Unfallort sah. Er saß in einem dunkelgrünen VW-Bus, der mir auf der gegenüberliegenden Fahrbahn entgegenkam und deutlich erkennbar auf die Einfahrt der Laytons zufuhr. War das Judys Bruder? Jetzt, da ich beide kennengelernt hatte, schien die Ähnlichkeit auf der Hand zu liegen. Kein Wunder, daß sie mir nichts hatte erzählen wollen. Der Busfahrer bremste ab, um die Straße zu überqueren, als sein Blick auf mich fiel. Falls ich noch Zweifel an seiner Schuld gehabt hatte, schwanden diese in dem Moment, als sich unsere Blicke trafen. Überraschung machte panischer Angst Platz, und er trat aufs Gas. Ich raste hinter ihm her. An der nächsten Ecke bog er mit quietschenden Reifen ab und war verschwunden. Ich versuchte verzweifelt, an ihm dran zu bleiben, zu erraten, welchen Weg er eingeschlagen hatte, obwohl er außer Sichtweite war. Allerdings war das Heulen seines Motors mir Wegweiser genug. Er fuhr in Richtung Freeway . Von der Überführung aus entdeckte ich ihn schließlich auf der südlich führenden Fahrspur in Richtung Stadt. Er war nicht zu übersehen. Die kastenförmige Silhouette des VW-Busses war schon von weitem erkennbar. Ich holte den Bus ein, als sich der Verkehrsfluß unvermittelt verlangsamte. Ich wußte nicht, ob die Ursache für das stockende Tempo ein Auffahrunfall auf der Gegenfahrbahn oder eine gesperrte Spur auf unserer Seite war. Immerhin verschaffte mir die Situation den erhofften Vorteil. Ich versuchte, ihn links zu überholen. Er sah mich, drückte aufs Gaspedal und brach nach rechts aus. Kies spritzte hinter seinen Reifen auf, als er auf dem Bankett weiterraste, Büsche streifte und die Autos auf der Kriechspur überholte. Ich war direkt hinter ihm. Die Nadel meines Tachos zeigte fast hundert, ich blieb so dicht an ihm dran, wie ich es wagen konnte.

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