Detektivin Anfang 30 sucht Auftraege
umgehend ein Verfahren an den Hals gehängt. Da stellen die sich doch lieber taub und schreiben das Geld in den Schornstein .«
»Wann ist die Versicherungssumme ausbezahlt worden ?«
»Angeblich vor einer Woche.«
Ich starrte sie einen Moment nachdenklich an. »Ich weiß nicht, was ich da sagen soll, Mrs. Dunaway...«
»Nennen Sie mich ruhig Sis . Ich hab nichts am Hut mit diesen Förmlichkeiten .«
»Also gut, Sis . Wenn Sie wirklich überzeugt sind, daß Justine etwas mit dem Tod ihrer Mutter zu tun hat, dann will ich selbstverständlich helfen. Ich möchte Ihre Zeit nur nicht nutzlos verschwenden .«
»Das verstehe ich«, sagte sie.
Ich rutschte unruhig auf meinem Stuhl hin und her. »Hören Sie, ich mache Ihnen einen Vorschlag. Sie bezahlen mich für zwei Stunden. Wenn ich danach keine konkreten Hinweise gefunden habe, unterhalten wir uns noch mal, und Sie entscheiden, ob ich weitermachen soll .«
»Sechzig Dollar«, stellte sie fest.
»Ganz richtig. Zwei Stunden.«
»Also gut. Ich schätze, das kann ich riskieren .« Sie machte ihre Einkaufstasche auf und zog sechs Zehndollarscheine aus einer mit einem Gummiband zusammengehaltenen Rolle. Ich setzte eine verkürzte Version meines Standardvertrags auf. Sis Dunaway wollte über Nacht in der Stadt bleiben und gab mir die Telefonnummer ihres Motels. Dann überließ sie mir die Todesanzeige. Ich notierte mir den vollständigen Namen und das Todesdatum ihrer Schwester und versprach, sie anzurufen.
Mein erster Gang führte mich zum Amtsgericht von Santa Teresa, zweieinhalb Blocks weiter. Dort füllte ich einen Antrag aus, bezahlte sieben Dollar und hielt eine Stunde später die beglaubigte Kopie von Margery Crispins Totenschein in der Hand. Als Todesursache war darauf >Herzinfarkt< angegeben. Unterschrieben hatte ein gewisser Dr. Yee , einer der amtlichen Gerichtsmediziner. Falls Marge Crispin Opfer eines Mordanschlags geworden war, hätte Dr. Yee das eigentlich merken müssen.
Ich holte meinen Wagen und fuhr zur Leichenhalle von Wynington-Blake , die in der Todesanzeige angegeben war. Dort fragte ich nach Mr. Sharonson . Sharonson kannte ich bereits von einem anderen Fall her. Er trug einen anthrazitfarbenen Anzug und befleißigte sich des ernsten, wohlmodulierten Tonfalls seiner Berufssparte. Als der Name Marge Crispin fiel, verdüsterte sich seine Miene.
»Erinnern Sie sich an die Frau ?«
»O ja«, erwiderte er und schwieg dann. Sein Blick allerdings war beredt.
Ich fragte mich, ob auch die Angestellten von Leichenschauhäusern einer beruflichen Schweigepflicht unterliegen. Trotzdem beschloß ich, ihm auf den Zahn zu fühlen. Männer sind in der Regel größere Klatschmäuler als Frauen, wenn sie erst mal in Fahrt kommen. »Mrs. Crispins Schwester hat mich mit Nachforschungen beauftragt. Sie scheint der Meinung zu sein, daß... nun, daß mit dem Tod ihrer Schwester etwas nicht stimmt .«
Es war Mr. Sharonson anzusehen, wie er nach den richtigen Worten suchte. »Ich würde nicht gerade behaupten, daß >was nicht gestimmt hat<. Aber die Umstände waren doch etwas... unappetitlich .«
»Ach ja?«
Er senkte die Stimme und sah sich flüchtig um, um sich zu vergewissern, daß uns niemand hören konnte. »Mutter und Tochter hatten sich zerstritten. Soviel ich weiß, hatten sie seit Monaten keinen Kontakt mehr. Die Frau ist mutterseelenallein in einem verkommenen Hotel an der unteren State Street gestorben. Sie hat getrunken .«
»Nein«, murmelte ich mißbilligend und ungläubig zugleich.
»Tja, so war es«, fuhr Mr. Sharonson fort. »Die Polizei hat die Leiche gefunden, aber sie konnte wochenlang nicht identifiziert werden. Ohne den Zeitungsartikel hätte es vermutlich nicht mal ihre Tochter erfahren .«
»Welcher Zeitungsartikel?«
»Na, Sie wissen doch... Diese Kolumne im Lokalteil über die vielen Obdachlosen. Der Autor hat auch über die arme Frau geschrieben. Unter der Überschrift >Ein einsamer Tod« Als Miss Crispin den Artikel las, hatte sie wohl gleich den Verdacht, daß es sich um ihre Mutter handeln könnte. Sie ist dann hierhergekommen, um die Tote anzusehen .«
»Muß ja ein Schock für sie gewesen sein«, bemerkte ich. »Ist die Frau denn eines natürlichen Todes gestorben ?«
»O ja.«
»Keinerlei Hinweise auf Fremdeinwirkung?«
»Nein, nein. Ich habe mich persönlich um sie gekümmert und weiß, daß man toxikologische Tests durchgeführt hat. Zuerst haben sie auf Alkoholvergiftung getippt... aber dann stellte sich heraus, daß
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