Deus Ex Machina - Teil 1: Thriller
will wissen, was das für ein Typ war.“
„Wieso denn?“
Offensichtlich dachte er nicht daran, sich wieder an den Tisch zu setzen.
Ich atmete tief durch. „Kanntest du Papes Mörder? Diesen Frank L.?“
Die Lokalpresse hatte auf eine Bekanntmachung von Franks Nachnamen verzichtet. Vielleicht durften sie ihn auch nicht veröffentlichen. Weiß der Henker.
„Aber so was von! Und Charles Manson ist auch ein guter Kumpel von mir.“ Wieder flogen die Rastalocken. „Nein, zum Teufel, ich hab keine Ahnung, wer Pape abgestochen hat.“
„Es war mein Mitbewohner.“
Kevin wirbelte herum. „Erzähl keinen Scheiß, Mann. Reden wir von dem gleichen Typen, den du immer als verschlossenen, herzensguten Kerl beschrieben hast? Den du mir mal in der Sputnikhalle vorgestellt hast?“
„Er soll ein Stammkunde von Pape gewesen sein.“
„Das gibt´s doch gar nicht. Mensch Philip, tut mir echt leid. Ich weiß nicht, was ich sagen soll.“ Er ließ sich wieder auf seinen Stuhl fallen. „Das ist ja ein Hammer. Hör zu, Mann, ich hatte mit Pape nie was am Hut, aber ein paar Kumpels von mir haben bei seinen Kurieren Pillen gekauft. Wenn du willst, hör ich mich mal ein wenig um.“
„Vielleicht bin ich voreingenommen, aber ich glaube einfach nicht, dass Frank ein Junkie war.“
„Du musst es ja wissen.“ Kevin beäugte mich verlegen. „Verlass dich auf mich, Alter. Wenn an der Sache was faul ist, krieg ich das raus. Aber jetzt muss ich los.“
„Warte, ich hol die Kamera.“ Ich stand auf und ging in mein Zimmer. Im Flur reichte ich Kevin die Tasche. „Ich weiß das echt zu schätzen.“
„Kein Thema, Mann. Ich melde mich bei dir.“ Er öffnete die Wohnungstür, zögerte einen Moment und drehte sich noch einmal um. „In der Zeitung stand, dass er seinen Selbstmord gefilmt hat. Doch nicht zufällig mit meiner ...?“
Ich entschied mich in einem Sekundenbruchteil. „Nee, quatsch, er hatte eine eigene.“
„Ich bin aber auch echt blöde.“ Kevin schlug sich klatschend mit der flachen Hand gegen die Stirn. „Meine Kamera hätte er dafür ja auch gar nicht benutzen können. Die ist defekt.“
„Was?“ Ich starrte ihn völlig perplex an.
„Ist halt ein altes Schätzchen. Die Record-Taste rastet nicht mehr ein. Filmen kannst du damit nur, wenn du dauerhaft den Aufnahmeknopf gedrückt hältst.“
Lauter philosophisches Zeug
Nach meinem Anruf verging keine halbe Stunde, bis die Polizei in meiner Küche stand. Hauptkommissar Rensing, sein Assistent Hagner und zwei Beamte der Spurensicherung, die sich als Rainer Jansen und Gerd Ranke vorstellten. Mit einer steilen Sorgenfalte über der Nasenwurzel betrachtete Rensing den Camcorder, den ich auf den Küchentisch gelegt hatte, und gab seinen Kollegen mit einem Kopfnicken zu verstehen, dass sie sich ans Werk machen sollten. Als Ranke die Kamera mit Pulver bestäubte und einen Pinsel aus seinem Aluköfferchen hervorkramte, ließen wir die beiden Experten allein und gingen in Franks Zimmer. Kevin kauerte im Schneidersitz auf dem Sofa und knabberte an einem Fingernagel. Es hatte einiger Überredungskünste bedurft, ihn zum Bleiben zu bewegen. Erst als ich ihm klar machen konnte, dass die Polizei früher oder später eh bei ihm auf der Matte stehen würde – schließlich war es seine Kamera – hatte er eingewilligt. Wenn auch mit sichtlichem Widerwillen und einem Anflug von Panik in der Stimme. Ich setzte mich neben ihn und gab ihm mit einem Seitenblick zu verstehen, dass er sich zusammenreißen sollte.
„Werden Sie den Fall jetzt neu aufrollen?“, fragte ich.
„Wir werden abwarten müssen, was die Analyse der Kamera hergibt“, erwiderte Rensing. Die Wendung der Ereignisse schien ihn nicht zu überraschen. „Falls, und ich sage bewusst falls sich bestätigen sollte, dass die Kamera defekt ist, wirft das in der Tat ein neues Licht auf die Sache. Ist Ihnen eigentlich klar, was das bedeuten könnte, Herr Kramer?“
Ich nickte. „Eine zweite Person muss zum Todeszeitpunkt in der Wohnung gewesen sein und die Kamera bedient haben.“
„Was nicht zwangsläufig bedeutet, dass es kein Selbstmord war.“
Ich wollte Rensing gerade an den Kopf werfen, was ich von dieser Feststellung hielt, als die beiden Beamten der Spurensicherung das Zimmer betraten.
„Kein Fingerabdruck auf der Aufnahmetaste“, sagte Ranke.
Er kam mir vage bekannt vor. Wahrscheinlich war er einer der Männer gewesen, die am Tag nach Franks Tod unsere Wohnung auf links gezogen hatten
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