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Deus X

Deus X

Titel: Deus X Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norman Spinrad
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so
‘ner Art Gurtgeschirr unten raus – schicker schwarzer
Anzug, Sonnenbrille, silberner Sturzhelm. Sie seilen ihn ab, bis
seine Füße nur noch dreißig Zentimeter über der
Wasseroberfläche sind, und dann läßt ihn der
Hubschrauber übers Wasser auf mich zulaufen, hebt ihn in die
Plicht und wirft ihn mir mehr oder weniger in den Schoß.
    »Nett, daß Sie mal vorbeischauen, Eure Eminenz«,
sage ich, als ich uns beiden auf die Beine helfe. Lahmer Spruch,
klar, aber ich kann nicht anders, und außerdem hört
sowieso keiner von uns was bei dem Lärm, den das Triebwerk des
Hubschraubers macht.
    Er befreit sich aus seinem Geschirr, nimmt den Helm ab und winkt
dem Hubschrauber, daß er verschwinden kann, und der
schlürft das Drahtseil wie eine leckere Spaghetti auf, kippt den
Rotor nach Osten und steigt im Dreißig-Grad-Winkel Richtung
italienische Küste nach oben.
    »Legen Sie Ihre Auftritte immer in dem Ding hin?« frage
ich, als meine Trommelfelle aufhören zu klingeln.
    »Ich fliege nur auf päpstlichen Befehl und wenn es nach
Lage der Dinge absolut unumgänglich ist«, behauptete der
Kardinal, aber ich konnte am Zucken seiner Mundwinkel erkennen,
daß er genau wußte, wieviel Spaß es ihm machte.
    »Na klar, Eure Eminenz. Also, warum kommen wir nicht gleich
zum Geschäft?«
    »Könnten wir hineingehen?« sagte er und schaute
nervös zum Himmel hinauf, als würde ihm vielleicht gleich
eine Seemöwe auf den Kopf scheißen.
    »He, immer schön locker bleiben, Kardinal, die Sonne
geht unter und die Sterne kommen bald raus, und diesen
Sonnenuntergang wollen wir uns doch nicht entgehen lassen…«
Ich bot ihm höflich das Sakrament des Krauts an, das er ebenso
höflich ablehnte.
    »Wir haben keine Zeit, den Sonnenuntergang zu genießen,
Mr. Philippe. Möglicherweise ist es schon zu spät, um das
Programm noch zurückzuholen…«
    »Dann erzählen Sie mal«, sagte ich und lehnte mich
auf der Rückbank der Plicht zurück, wo ich meinen Spliff
rauchen und das letzte Licht der Dämmerung betrachten
konnte.
    Das reichte, um ihm klarzumachen, daß er mich nicht ins
Innere kriegen würde, und so hockte er sich in den Schatten der
Kabinenluke.
    »Wir haben ein Expertensystem-Programm verloren, oder
vielmehr, wir befürchten, daß es uns gestohlen wurde,
wahrscheinlich, um es zu duplizieren, und das ist eine sehr ernste
Angelegenheit.«
    »Programm wofür, wer ist wir, von wem, und wo liegt das
große Problem? Software verschwindet jeden Tag über die
Grenze.«
    »Wir sind die katholische Kirche, Mr. Philippe, das Programm
wurde aus dem internen Netzwerk des Vatikans entwendet, und wir haben
keine Ahnung, wer es getan hat, oder wie, oder zu welchem
Zweck.«
    Das Kraut begann zu brennen. »Wir sprechen hier doch nicht
über Ihr Buchhaltungssystem, oder?« sagte ich. »Sie
sind nicht hier rausgeflogen, damit ich ein paar Industriespione
fange, stimmt’s? Sie sprechen von einer… Entität, hab
ich recht?«
    »Einer Entität?«
    »Sie wissen, was ich meine.«
    Kardinal Silver seufzte. Er zuckte die Achseln. »Ja, ich
weiß, was Sie meinen, aber ich bin mir nicht so sicher,
daß wir darin übereinstimmen, was Sie damit meinen,
wenn man bedenkt, daß es nicht einmal der Kirche selbst
gelungen ist, einen vernünftigen Konsens zu erreichen.«
    Ich zuckte die Achseln. »Loas, fliegende Holländer des
Big Boards, die Software-Seelen der lieben Verstorbenen, die treffe
ich bei meiner Arbeit ständig, und ich weiß immer noch
nicht, ob sie lebendig sind oder nur die Disneyworld-Version, und es
wird Sie vielleicht überraschen zu hören, daß es
über dieses Thema auch auf der Anderen Seite einige Diskussionen
gibt.«
    »Vielleicht hat Gott uns den richtigen Mann ausgesucht«,
murmelte der Kardinal geheimnisvoll.
    »Gott?«
    »Gott, das Schicksal, die Bestimmung, ein karmischer
Attraktor, nennen Sie es, wie Sie wollen. Sie waren der nächste
greifbare… äh… Spezialist, als wir es verloren, aber
ich habe so eine Ahnung, als könnte die göttliche Vorsehung
Ihren Kurs bestimmt haben.«
    Oder euer Teufel, verkniff ich mir zu sagen – was des einen
Sakrament, ist die kontrollierte Substanz des anderen
Hoheitsbereichs.
    »Es, Eure Eminenz, oder ihn?« fragte ich
statt dessen. »Sie haben doch gesagt, was Sie verloren haben,
sei die Nachfolger-Entität eines Mannes?«
    Der Kardinal seufzte. »Es… ihn… was auch
immer«, sagte er leise. »Das Bewußtseinshologramm
eines Priesters namens Pierre De Leone, und…«
    »Eines Priesters?

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