Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Deutsche Geschichte Von 1815-1870

Titel: Deutsche Geschichte Von 1815-1870 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luise Buechner
Vom Netzwerk:
Genährt wurden noch ihre Wünsche und Kundgebungen durch die stets gährende Unruhe in den polnischen Provinzen, welche Rußland für den Augenblick ganz im Schach hielten, denn schon hatten verschiedene Aufstände es klar an den Tag gelegt, wie die Polen wieder mehr denn je auf eine Wiederherstellung ihrer Nationalität hofften und pochten. – So grollte allerwärts der Donner und verkündete den herannahenden Sturm, der zündende Blitz jedoch, der sollte wieder von dorther kommen, wo er schon so oft geleuchtet, und von wo man ihn gerade jetzt am Wenigsten erwartete. Frankreich sollte seine dritte, die
Februarrevolution
durchmachen, und schneller noch als er sich auferbaut, stürzte der Thron der Juli-Dynastie wieder in sich zusammen. Noch einmal am Ende seiner Tage, mußte Ludwig Philipp das bittere Brod der Verbannung kosten. – Man hat seitdem und namentlich in Hinblick auf die folgenden Geschicke Frankreichs oft behauptet, niemals sei eine Revolution leichtsinniger unternommen worden und unnöthiger gewesen, als die vom Februar 1848, und die Franzosen hätten wie Thoren gehandelt, als sie ihren »guten, alten Bürgerkönig« fortgejagt. Dennoch wird man kaum daran zweifeln können, daß das Schicksal, welches ihn betraf, ein unvermeidliches war, wenn man bedenkt, in welchem Grade Ludwig Philipp nach und nach alle Sympathien der Nation eingebüßt hatte. Niemals hatten die Centralisation, das bureaukratische Kanzleiwesen, das ganze Land so schwer bedrückt, als unter seinem nüchternen, schläfrigen Regiment. Es konnte sich Niemand befriedigt dabei fühlen, als die Bourgeois, die kleinen Rentiers, die Börsenmänner, denen er das Beispiel des unköniglichsten Geizes und der unersättlichsten Speculationssucht darbot. Musterhaft wie sein Familienleben sich zeigte, war es auch zugleich das langweiligste und einförmigste, welches man sich nur denken konnte, und so war keine Parthei mehr mit ihm zufrieden. Kein glänzender Hof amüsirte die Pariser und den Adel, kein großmüthiger Impuls, der den Sohn der Revolution verrathen und ihn angetrieben hätte, irgendwo der unterdrückten Freiheit zu Hülfe zu eilen, befriedigte die zahlreichen Republikaner, keine Versuche den arbeitenden Klassen beizustehen, beschwichtigte die Socialisten, und war man auch in den Tuilerien selbst von der prüdesten Tugend, so drückte man doch beide Augen zu, wo es sich um Sittenlosigkeit des hohen Adels, um Bestechungen, Fälschungen und Käuflichkeit der höchsten Richter handelte, und beleidigte dergestalt zuletzt auch noch das Gefühl der honetten Leute. Dieses Königthums voll Heuchelei, Langeweile und ohne jeglichen Ruhm nach Außen oder Innen, wurden die Franzosen um so überdrüssiger, als der einzige populäre Mann der Orleanistischen Familie, der künftige Thronerbe,
Herzog v. Orléans
durch einen unglücklichen Sturz aus dem Wagen im Jahre 1846 gestorben war. Als nun jetzt der König und sein doctrinärer Minister
Guizot
so unklug waren, eine
Wahlreform
, welche das ganze Land wünschte, wofür es sich lebhaft ausgesprochen, abzulehnen, sowie auch Bankette, die man veranstaltete, um sich bei Gelegenheit derselben über die gewünschten Reformen zu berathen, auf ein veraltetes Gesetz hin, verbieten ließ, brach das ganze Königsgebäude wie ein Kartenhaus zusammen und war auch dann nicht mehr zu halten, als nachträglich Alles verwilligt wurde, was das Volk wünschte. Der Sirenengesang der Franzosen: die »Marseillaise« ertönte und gleichzeitig mit ihr der Ruf Republik! Freiheit! Gleichheit! Brüderlichkeit! Der König, altersschwach, ohne Muth und Entschlossenheit, machte kaum einen Versuch, seine Macht zu behaupten; er entsagte der Krone zu Gunsten seines Enkels, des Grafen von Paris, aber schon hatte die republikanische Parthei die Oberhand gewonnen. Als die Herzogin Helene v. Orléans mit ihren kleinen Söhnen, während der König und seine Gemahlin entflohen, in die Deputirtenkammer eingeführt wurden, um die Regentschaft für ihr Kind in Empfang zu nehmen, war es auch damit schon zu spät. Der Königsstuhl wurde aus den Tuilerien herausgeholt und zum Symbol, daß es damit auf immer vorbei sei, öffentlich verbrannt; die Herrschaft der Bourbonen wurde ein drittes Mal für erloschen erklärt und wenn nicht alle Anzeigen trügen, so wird die Geschichte auch thatsächlich über diese alte französische Königsfamilie hinweggegangen sein!
    Der revolutionäre Geist aber, der in Frankreich wiederum lebendig geworden war,

Weitere Kostenlose Bücher