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Deutsche Geschichte Von 1815-1870

Titel: Deutsche Geschichte Von 1815-1870 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luise Buechner
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unterzeichnen. Sie enthielt die
Mannheimer
Forderungen, welche auch hier als das Programm der Freiheit adoptirt wurden. Von diesem Tage an entwickelte es sich nun langsam weiter; die Stadtverordneten beschlossen gleichfalls eine Adresse, während man von anderer Seite her, zum Gegensatz, eine
Loyalitätsadresse
an den König vorbereitete. Dies gab Veranlassung zu Katzenmusiken für die Unterzeichner, und ganz gemüthlich entwickelten sich alle die kleinen Reibereien, welche größeren Ereignissen voranzugehen pflegen, bis der 13. März die Situation zu klären begann. Die Volksversammlungen wurden jetzt verboten, das Militär bereit gehalten und einer Breslauer Deputation, die inzwischen angekommen war, erklärte der König, die Zeit sei nicht darnach angethan, besondere Zugeständnisse zu machen. Das goß Oel in's Feuer, aber noch blieb man ruhig; bei einer zweiten großen Versammlung unter den Zelten, bestiegen Arbeiter die Stühle und riefen: »Wir wollen Freiheit, aber ohne Excesse!« –
    Man trieb darauf die Leute auseinander; dies ärgerte, man fing hie und da an Steine auszureißen und versuchte Barrikaden zu bauen; nun wurde mit ernsteren Maßregeln gedroht und der König erließ ein Rescript, das den vereinigten Landtag auf den 25. April wieder einberief: »Kühn und bedächtig!« war das Losungswort der Regierungsparthei, die unter der Hand auf Kassel, Karlsruhe und die andern Höfe einzuwirken und zu veranlassen suchte, daß man dort wieder die Zügel schärfer anzog.
    In dem königlichen Patent, das den Landtag einberief, war auch die Rede von einem »Congreß« der verbündeten Mächte, welcher die neuen Geschicke Deutschlands berathen möge – nun konnte aber kein Wort übler gewählt sein, als dieses, denn die traurigsten politischen Erinnerungen knüpften sich gerade an diese »Fürstencongresse« an, und nicht weniger erbitterte eine andere Stelle, durch welche an den »besseren Geist« der Nation appellirt wurde. Als ob nicht eben jetzt ihr guter, ihr besserer Genius endlich erwacht wäre. Die zeit für solche fürstliche Phrasen war vorüber, und die aufgepflanzten Kanonen, die Kartätschen, die man gelegentlich hie und da unter die Volkshaufen schleuderte, waren schlechte Mittel, ihnen einen neuen Glauben zu erwecken. Die schon vorhandene Aufregung steigerte sich durch die Nachrichten aus Wien; wie schämte man sich da auf einmal der trägen Haltung Berlins und lawinenartig wurchs die Bewegung jetzt heran. Die Studenten und die jungen Leute schmückten sich ungescheut mit den deutschen Farben, man verlangte Volksbewaffnung, verhöhnte das Militär, wogegen dieses seinerseits es an Uebermuth gegen die
Kanaille
nicht fehlen ließ. Je feindlicher das große Publikum dem Militär wurde, je mehr betrachtete man den Prinzen von Preußen, den Bruder des Königs, der vorzugsweise Militär war, als dessen Hauptstützpunkt bei seinem Widerstand gegen die Volkswünsche. Man mag sich auch darin nicht geirrt haben, denn der Prinz besaß Entschlossenheit und Energie, und diese Eigenschaften waren im Augenblicke jedenfalls eher am Platze, als die Schwäche und Entschlußlosigkeit der Regierung, die während der drei nun folgenden Tage ein grausames Spiel zwischen sich und der stets steigenden Volksaufregung – selbst Kinder fingen an sich zu bewaffnen – veranlaßte. Entweder mußte man nachgeben, oder die Gewalt im ersten Moment nachdrücklich gebrauchen. Täglich gab es Todte bei den verschiedenen Aufläufen, schon lagen 80 Verwundete in der Charité, da ermannte sich endlich die Stadtverordneten-Versammlung und
Nauwerk
, der schon so manchmal für sein Volk gesprochen, drang darauf, daß man nochmals volle Preßfreiheit von der Regierung verlange, damit der König die Stimme seines Landes in Wahrheit zu hören bekomme. Die Versammlung beschloß denn auch diesen Schritt zu thun, und fast gleichzeitig lief die Nachricht durch die immer mehr aufgeregte Stadt, daß die
Kölner Deputation
mit dem gefeierten Franz Raveaux an der Spitze am nächsten Tag, dem 16. nach Berlin kommen werde, um die Wünsche der Rheinlande auszusprechen.
    »Sie kommen,« so hieß es überall, »mit bestimmten Forderungen; werden diese nicht erfüllt, so drohen sie mit Abfall!« Jetzt verlangte Nauwerk nochmals entschieden in der Stadtverordnetenversammlung die Bildung einer Bürgergarde, denn mit den weißen Binden und Stäben, mit denen bewaffnet sich ein Bürgerausschuß mühte, den Frieden zu erhalten, war die Unordnung nicht

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