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Deutsche Geschichte Von 1815-1870

Titel: Deutsche Geschichte Von 1815-1870 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luise Buechner
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die
deutsche
Bevölkerung Prags, die hauptsächlich den vornehmeren und gebilderen Theil ausmacht, den übelsten Eindruck hervor brachte. Trotzdem sie über diese Vorgänge in die höchste Aufregung gerieth, nahmen die Führer der Slaven-Parthei nicht die mindeste Rücksicht darauf, und so konnte es nicht fehlen, daß die Czechen mit dem Fürsten
Windischgrätz
, dem östreichischen General und Befehlshaber, bald in offenen Kampf geriethen. Die persönliche Unbeliebtheit desselben –
Windischgrätz
war der Typus eines brutalen Aristokraten, dem man sogar die Aeußerung in den Mund legte: »Erst bei dem Baron fange der Mensch an!« – trug dazu noch das ihrige bei.
    Bald sollte aber auch des Fürsten persönliches Gefühl in Mitleidenschaft gezogen werden; bei einem Straßengefechte in Prag trat die Fürstin Windischgrätz unvorsichtigerweise zu nahe an ein Fenster und wurde durch eine verirrte Kugel getödtet, während in demselben unglücklichen Gefechte ein Sohn des Fürsten schwer verwundet niedersank. Er zog nun die Truppen aus der Stadt, besetzte mit ihnen die sie umgebenden Höhen und beschoß von da aus das wehrlose und erschrockene
Prag
, das sich natürlich nicht lange zu widersetzen vermochte, und Windischgrätz als Sieger wieder einziehen ließ.
    Mit getheilten Empfindungen betrachtete man in Deutschland diese Waffenthat, die ohne Zweifel im deutschen Vortheil lag, aber gleichzeitig ein nicht zu unterschätzendes Symptom der neu erstarkenden Militärgewalt darbot. Dieser Eindruck wurde verstärkt durch die Siege
Radetzky's
in Italien. Dort hatte sich bekanntlich der König von Sardinien und Piemont,
Carl Albert
, mit der aufständischen Lombardei vereinigt, das Ziel verfolgend, welches erst sein glücklicherer Sohn erreichen sollte, die Begründung eines einheitlichen italienischen Königthums. Dieser Krieg, dessen Wechselfällen wir hier nicht weiter folgen können, hatte zuletzt die Oestreicher so hart bedrängt, daß Radetzky sich in das bekannte Festungsviereck hinter die Minciolinie zurückziehen mußte, während England, welches die Pläne Carls Alberts lebhaft begünstigte, Oestreich endlich dazu bestimmte, seinen italienischen Besitz fallen zu lassen und, gegen eine entsprechende Geldentschädigung, die Lombardei aufzugeben. Den erschütterten Finanzen des Kaiserstaates konnte nichts Ersprießlicheres zu Theil werden, aber während man noch unterhandelte, handelte
Radetzky
, dem das hohe Verdienst nicht bestritten werden kann, daß er, in einer verzweiflungsvollen Lage sich befindend, mit seltner Feldherrngabe allen Schwierigkeiten zu trotzen verstand und neue Siege zu erringen wußte, wobei ihn sein Generalsstabs-Chef
Heß
in der wackersten Weise unterstützte. Schon war die Einverleibung der Lombardei und Venedig's in das Königreich Sardinien eine beschlossene Sache, als Radetzky durch den glänzenden Sieg bei Custozza am 25. Juli, und durch die rasch nachfolgende Schlacht bei
Mailand
, das lombardo-venetianische Gebiet mit einem Schlage wieder gewann. Nur die Stadt Venedig, wo der hochherzige Patriot
Manin
die Republik wieder hergestellt hatte, und nun als Dietator derselben deren heldenmüthige Vertheidigung leitete, blieb in den Händen der Italiener.
    So wenig diese Siege nun auch zu den Wünschen der östreichischen, wie der deutschen Demokraten paßten, da sie ein einiges Italien, zugleich mit einem einigen Deutschland erhofften, ja, so wenig man diese Wiedererwerbung nach den heutigen Erfahrungen Oestreich hätte wünschen mögen, war man in den conservativen Kreisen doch in vollster Freude darüber und pries man entzückt die von dem Heere bewiesene Kraft. Im Gegensatz zu der Zerrüttung, die sich allenthalben in dem Kaiserstaate geltend machte, bewunderte man laut die Armee, deren verschiedne Völker durch den Zügel der Disciplin zusammengehalten, ohne Groll und Hader nebeneinander für Oestreich's Zusammengehörigkeit gekämpft hatten. Man sah in den Generälen, und sie selbst theilten gern diese Ansicht, Oesterreich's Erretter, und wie der Gedanke sich mehr und mehr Bahn brach, daß nur noch im Lager draußen das gesammte Oestreich vertreten sei, wurde in den maßgebenden Militärkreisen die Ueberzeugung laut, wie die Armee jetzt auch das beste Vorbild für den künftigen
Kaiserstaat
darbiete, der nur durch eine stramme Centralisation wieder zu einem ruhmreichen Ganzen werden könne. –
    Einer der größten lebenden Dichter Oestreich's, Grillparzer, sprach mithin nur die Ansicht

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