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Deutsche Geschichte Von 1815-1870

Titel: Deutsche Geschichte Von 1815-1870 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luise Buechner
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des Kaisers befand sich in der peinlichsten Lage; man beschwor ihn von Seiten der Ungarn, sich an die Spitze der nationalen Bewegung zu stellen, sie dadurch zu legitimiren, und die ungarischen Truppen, welche sich nun auch der Bewegung angeschlossen hatten, gegen den Banus zu führen. Es war eine Königskrone zu gewinnen, wenn Stephan frisch und thatkräftig zugriff, aber der junge Mann fühlte sich zu solch entschiednem Handeln zu schwach und unentschlossen. Den Frieden ohne Kampf wieder herzustellen, war sein Wunsch und er machte zu diesem Zwecke einen letzten Versuch der Vermittelung, indem er persöhnlich eine Zusammenkunft mit dem Banus suchte. Er fuhr auf einem Dampfboote über den Plattensee nach Jellachich's Hauptquartier, und ließ ihn einladen, zu einer Besprechung zu ihm auf das Schiff zu kommen. Jellachich jedoch weigerte sich dessen, theilweise durch seine Offiziere zurückgehalten, welche vermutheten, es sei dabei auf eine Entführung des Banus abgesehen.
    Als der Palatin so seine letzte Hoffnung vereitelt sah, entfloh er heimlich nach Wien, machte dort noch einen letzten Versuch, das Kabinet zu einer Aenderung seiner Politik gegen Ungarn zu bewegen, und legte, als auch diese Bemühung scheiterte, seine Würde in die Hände des Kaisers zurück. Er begab sich sodann auf sein mütterliches Erbgut, die
Schaumburg
im Lahnthal, wo er die wenigen Jahre die ihm noch zu leben vergönnt waren, in einsamer Zurückgezogenheit verbrachte, vorzugsweise damit beschäftigt, die Bauernkinder der Umgegend in einer von ihm gegründeten Schule unterrichten zu lassen, und selbst zu unterrichten. –
    Unterdessen entwickelten sich die Ereignisse in Ungarn rasch weiter; Kossuth und seine Anhänger setzten es am 27. September durch, daß eine Art revolutionärer Regierung, ein
Landesvertheidigungsausschuß
eingesetzt wurde, während der gemäßigte Bathyani immer noch eine Vermittlung zu finden hoffte. Von Wien entsendete man jetzt als Vertreter des Palatinus und als Ober-Commandanten von Ungarn den Grafen
Lamberg
mit der schwierigen Mission, alle Truppen, die ungarischen, wie die des Banus, für den Kaiser in Eid zu nehmen und die Waffenruhe wieder herzustellen. Aber die ungarischen Truppen wollten sich jetzt durchaus mit den Kroaten, vor denen sie früher mehrmals zurückgewichen waren, messen, und das geringe Volk zeigte sich, namentlich in Pest, auf's Aeußerste gereizt und erhitzt; so fand der unglückliche Lamberg, als er nach der Hauptstadt kam, die größte Aufregung und Verwirrung vor. Rathlos hin und her schwankend, weil es jetzt für alles Einlenken zu spät war, ereilte ihn bald ein furchtbares Geschick, indem sich die Meinung verbreitete, er sei als Verräther gekommen und führe heimlich Truppen gegen das wehrlose Pest heran. Auf der Brücke zwischen Ofen und Pest begegnete ein wüthender Volkshaufe dem schutzlosen Grafen, fiel ihn an und tödtete ihn auf unmenschliche Weise, so daß dieser Vorgang von vornherein die Sache der Ungarn mit einem trüben Lichte umhüllte. Ein zweiter Act der Gewaltthätigkeit, doch in gesetzliche Form gekleidet, fiel im Lager vor; am 29. September wurden bei
Valencza
die Kroaten zurückgedrängt, und Graf
Eugen Zichy
, einer der vornehmsten ungarischen Magnaten, früher Verwalter des Stuhlweißenburger Comitat's, verhaftet, und als Landesverräther und Feind der Nation, zu welcher Vermuthung er gerechten Anlaß gegeben, zum Tode durch den Strang verurtheilt. Der dies auszuführen wagte, war ein bis dahin unbekannter Offizier,
Arthur Görgey
, dessen Name von da an in den Vordergrund und bald durch kühne Waffenthaten auf dieselbe Stufe der Popularität mit dem von Kossuth tritt. Wie ein Meteor aus seiner früheren Dunkelheit auftauchend, zeigte Görgey sich bald als ein Mann von eiserner Willenskraft und Energie, wie von ungewöhnlichen Feldherrngaben. Nur die Thatsachen berücksichtigend und alle Diejenigen als Phantasten verlachend, die einer Idee dienten, glänzte Görgey während eines vollen Jahres als gefeierter Held, als tapferster General, als Vaterlandsretter, um dann seinen Stern wieder eben so schnell versinken zu sehen, weil er, während er doch seiner Sache mit heiligem Feuer zu dienen schien, nicht wie Kossuth und dessen Freunde für eine Idee, sondern nur für den äußeren Erfolg kämpfte.
    Mit Zichy's Hinrichtung, die alle Schwachen und Schwankenden der ungarischen Nation mit Furcht und Schrecken erfüllte, war der Boden der Revolution nun vollständig betreten,

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