Deutsche Geschichte Von 1815-1870
Kriegsgewalt anvertraut u.s.w.«
Weiter wurde Stein als der erste und oberste Minister dieses Kaisers verlangt. »Deutschland nennt ihn, Deutschland kennt ihn; auf einen
Stein
ist alles Vertrauen fest gegründet, er ist nie in den Rath der Bösen eingegangen, noch hat er am bösen Rathe Theil genommen.« – Solche Stimmen und Aufforderungen fanden jedoch kein Ohr in Wien; Kaiser Franz und Metternich waren unter den Ersten, sich von diesen Plänen wieder zurückzuziehen, vornehmlich aus Furcht, ihren alten Schlendrian aufgeben und in neue Bahnen einlenken zu müssen. – Man fuhr fort Pläne zu entwerfen, um das Unmögliche zu leisten, d.h. die Dinge so zu gestalten, wie sie
Jedem
paßten, ohne daß Einer ein Opfer zu bringen brauchte. Noch ein trefflicher Vorschlag von dem mecklenburgischen Minister v.
Plessen
herrührend, wurde vorgelegt, worin nachdrücklich neben einem kräftigen Directorium, eine
Nationalrepräsentation
verlangt wurde; sodann
Einheit
des deutschen Bundesheeres,
ein
Bundesgericht, Einheit des Postwesens, des Zollwesens, der Stromschiffahrt und der Handelsgesetzgebung. Diese Vorschläge aber kamen nicht einmal bis zur Berathung, denn man zitterte damals wiederum vor Napoleon, und Angesichts der neuen Gefahren, denen man entgegenging, erließ nun Friedrich Wilhelm von Preußen von Wien aus, am 22. Mai 1815 die bekannte Verordnung, durch welche seinem Volke eine landständische Vertretung feierlichst verheißen wurde, und welche zugleich die Anerkennung
des Grundsatzes
, der in allen den verschiedenen Entwürfen für den neuen Bund war aufgenommen worden, aussprach. Dieser lautete dahin: »es seien Landstände zu errichten, zum Schutz der Freiheit und des Eigenthums, mit der Befugniß der Theilnahme an der
Besteuerung
und
Gesetzgebung
und verbürgt durch
den Bund
!« – Leider muß ich dem nun gleich hinzufügen, wie der König während seiner ganzen noch folgenden Lebenszeit es
versäumte
, dieses feierliche Versprechen auszulösen, und wie der eben erwähnte Bundesartikel, auf den er sich bezogen, schließlich in dem letzten, dem Metternich'schen Entwurf bis zur Unkenntlichkeit abgeschwächt wurde. Dort lautete er nur noch: »In allen deutschen Staaten soll eine landständische Verfassung bestehen!« –
Ich habe nun damit den Finger auf die wundeste Stelle der Bundesverfassung gelegt; ein langer, erbitterter und feindseliger Kampf entspann sich von da aus in allen deutschen Staaten zwischen Volk und Regierungen, um die Erringung von Rechten, die das Erstere als Lohn seiner Anstrengungen betrachtete und betrachten durfte, während ihm die Letzteren dieselben dennoch beharrlich vorenthielten, oder in der unaufrichtigsten Weise verkümmerten. Diese Kämpfe nahmen einen um so schlimmeren Charakter an, als die Regierungen nicht einmal die
Berechtigung
derselben anerkannten, sondern sie sehr bald als Rebellion, als einen Mangel an Gehorsam ansahen, jenes blinden Gehorsams, den eben die heilige Allianz als Pflicht des Kindes gegen seinen Vater, des Unterthanen gegen seinen Gebieter, festgestellt hatte. –
In elf Sitzungen vom 23. Mai bis 10. Juni, wurde nun endlich in übereiltester Weise eine
Bundesacte
zu Stande gebracht, denn der Congreß war im Begriff sich aufzulösen, und Metternich – bei dessen Entwurf man jetzt angekommen war – lag ja doch ganz besonders daran, die neue deutsche Staatsform unter den
Schutz
der
europäischen Mächte
zu stellen, und dieselbe in die allgemeine
Congreßacte
aufnehmen zu lassen. Dies geschah denn auch wirklich noch und so wurde eine Angelegenheit, welche die Fremden gar nichts anging, die aber Deutschlands innerste Interessen berührte, als eine europäische Frage behandelt, und war damit natürlich den auswärtigen Mächten auch eine
Einsprache
bei etwaigen Aenderungen dieser
Bundesverfassung
gestattet, ein Verhältniß, welches ich Sie wohl zu bemerken bitte.
Was dann noch Gutes an dem Metternich'schen Vorschlag war, wurde in den genannten 11 Sitzungen bei der Berathung vollständig abgeschwächt; die Sitzungen wurden nicht einmal von den Vertretern sämmtlicher deutschen Staaten besucht. Badens Gesandter erklärte sich für nicht bevollmächtigt, und der Württembergische zog es vor Jagdpartieen zu machen, entschuldigte sich durch französische Billets und schließlich kamen sie Beide gar nicht einmal zur Unterzeichnung der Bundesacte herbei. In der achten Conferenz war es den Bemühungen Baierns und Darmstadts gelungen, den Artikel über
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