Deutsche Geschichte
ließ die Bewegung stellenweise entarten wie in Münster, wo holländische Flüchtlinge ein „Neues Jerusalem“ unter einem „König von Zion“ gründeten, eine theokratische Diktatur, die zum Inbegriff der Verruchtheit und des teuflischen Lasters wurde. Man plünderte die Klöster und Kirchen und verordnete radikale Gütergemeinschaft, auch an den Frauen. Erst ein Reichsheer konnte dem Spuk am 24.6.1535 ein Ende machen
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Bauernkriegspanorama, Monumentalgemälde (14 mal 123 Meter) von Werner Tübke (1929–2004), entstanden 1976-1987 in einer eigens erbauten Rotunde auf dem Schlachtberg bei Bad Frankenhausen (Thüringen), Ausschnitt aus dem Mittelteil
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Religionsfrieden
Wer herrscht, bestimmt die Konfession (1555)
Nicht mit Gewalt und nicht mit guten Worten hatte sich der konfessionelle Bruch aufgrund der Reformation in Deutschland heilen lassen. Trotz des Erfolges im Schmalkaldischen Krieg 1546/47 (siehe Kasten) gegen die evangelischen Fürsten musste Kaiser Karl V. akzeptieren, dass mehr als ein friedliches Nebeneinander der Konfessionen nicht nur nicht zu erreichen war, sondern schon ein schöner Erfolg wäre. Sein Augsburger Interim von 1548 (obrigkeitlich verfügte vorläufige Kirchenordnung) war dazu freilich nicht geeignet und führte letztlich 1550/51 zu einer Fürstenverschwörung, die Karl V. 1552 zum Nachgeben zwang.
Regelung durch Ferdinand I.
Seine Reichspolitik war damit gescheitert, er zog sich aus Deutschland zurück und überließ dem Bruder und Stellvertreter Ferdinand I. (regierte als König und Kaiser 1556-1564) die Regelung der Streitigkeiten auf dem Reichstag in Augsburg 1555. Da die Gespräche nicht vorankamen, ordnete Ferdinand direkte Verhandlungen zwischen den Parteien an, die sich endgültig vom utopischen Ziel einer einheitlichen Kirche in Deutschland verabschiedeten. Ihr Kompromiss wurde dem König vorgelegt und von ihm überarbeitet. Am 25.9. nahm der Reichstag Ferdinands Vorlage ohne wesentliche Abstriche an:
Der „Friedensvertrag“
Den Protestanten wurde „beständiger, beharrlicher, unbedingter, für und für ewig währender“ Friede gewährt, den Landesherren die Bestimmung über die Konfession der Untertanen und in protestantischen Ländern die geistliche Jurisdiktion eingeräumt (Beginn des Bündnisses von Thron und Altar), Andersgläubigen sollte die Auswanderung und der Verkauf ihrer Habe gestattet sein (nicht allerdings in den habsburgischen Erblanden), geistliche Fürsten verloren bei Konfessionswechsel ihre Lehen, den Reichsstädten wurde Toleranz gegenüber beiden Konfessionen auferlegt. Die für diese Regelung gefundene griffige Formel „cuius regio, eius religio“ (wes die Herrschaft, des die Konfession) stammt erst aus dem Jahre 1599, trifft den Kern des 144 Paragraphen umfassenden Friedens jedoch gut. Er wurde auch Grundlage des Westfälischen Friedens, der 1648 den Dreißigjährigen Krieg beendete, und galt bis zum Ende des Reiches 1806.
Schmalkaldischer Krieg
1531 hatten sich einige evangelischen Reichsstände (Fürstentümer und Städte) im thüringischen Schmalkalden zu einem Bund zusammengeschlossen, der weiter wuchs. Lange durch Kriege gegen andere Mächte gehindert, machte Kaiser Karl V. erst im Sommer 1546 – Luther war wenige Monate zuvor gestorben – Front gegen den Bund. Er zog gegen Hessen und Sachsen, die sich ihm im Bund mit den anderen Schmalkaldenern mit 57 000 Mann entgegenstellten. Unter der Bedrohung bröckelten die anfänglichen evangelischen Gemeinsamkeiten bald ab, zumal der Kampf in einen kostspieligen Manöverkrieg ohne Ergebnis ausartete und sich lange unentschieden hinschleppte. Erst als Herzog Moritz von Sachsen, der sich trotz seines evangelischen Bekenntnisses auf die Seite des Kaisers geschlagen hatte, in Sachsen einfiel, kam es am 24.4.1547 bei Mühlberg an der Elbe zur Entscheidungsschlacht. Der vollständige Sieg der Kaiserlichen bedeutete das Ende des Krieges und des Schmalkaldischen Bundes, dessen Mitgliedern harte Kontributionen auferlegt wurden; Anführer wie Philipp von Hessen und Johann Friedrich von Sachsen gingen in langjährige Gefangenschaft. Der konfessionelle Konflikt aber war mit dem kaiserlichen Sieg nicht überwunden
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Letztes Blatt des Abschieds (Beschlusses) des Augsburger Reichstags vom 25.9.1555. Mit eigenhändiger Unterschrift und königlichem Siegel Ferdinands I. erhielt der Inhalt des Dokuments Gesetzeskraft und verbürgte den ausgehandelten konfessionellen
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