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Deutschland allein zu Haus

Deutschland allein zu Haus

Titel: Deutschland allein zu Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Osman Engin
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diese komische Mütze ja nicht zu übersehen.
    Ich schaue mir jede Böschung genau an, jedes farbige Ding, das irgendwo am Straßenrand rumliegt … und dazu die vielen hübschen Frauen, die in luftigen Kleidern auf ihren neuen, schicken Fahrrädern hin- und herflitzen.
    Und dann passiert logischerweise das, was passieren muss: Ich knalle frontal mit einem entgegenkommenden Fahrradfahrer zusammen! Die männlichen Radler hatte ich selbstverständlich nicht auf dem Radar!
    Zum Glück überleben beide Fahrer den heftigen Zusammenstoß – was man von den Fahrrädern nicht unbedingt behaupten kann. Ob meine inneren Organe Schaden genommen haben, wird sich später nach einer umfangreichen Computertomografie zeigen.
    Ich muss dem Halsabschneider für sein schrottreifes Fahrrad 200 Euro bezahlen, damit er keine Anzeige erstattet, nur weil ich angeblich auf der falschen Seite gefahren sei und dazu noch meine Augen woanders gehabt hätte. Mein Argument mit der verlorenen Mütze lässt er alsEntschuldigung nicht gelten. Die hübschen Frauen in luftigen Kleidern auch nicht! Danke, Elf!
    »Aus anatolischen Kuhhirten werden nun mal keine vernünftigen Verkehrsteilnehmer!«, kommt zum Schluss der obligatorische Spruch.
    Mein einziger Trost ist, dass er hier mit den Nazis zusammenleben muss und ich jederzeit in das eben genannte Anatolien abhauen kann.
    »Hatice, siehst du, was für einen Ärger deine Mütze uns beschert hat? Jetzt fahren wir aber schnurstracks nach Hause«, versuche ich die Gunst des Unfalls zu nutzen.
    »Bööööööö-üüüüüüühhhh …«
    »Gut, gut, suchen wir weiter! Noch mal 200 Euro kann ich aber nicht mehr bezahlen. Dann geben wir dein Fahrrad ab – oder dich!«
    Nicht mal das schreckt sie ab!
    Jetzt muss ich mich beim Fahren leider noch mehr anstrengen, weil mein Fahrrad nach dem brutalen Zusammenprall einen etwas neuen Charakterzug angenommen hat. Es benimmt sich jetzt plötzlich wie eine wild gewordene Bauchtänzerin: Alles an ihm wackelt, vibriert und zittert, was das Zeug hält, um mich hochkant runterzuwerfen.
    Das sind wohl die Nachwirkungen des Unfalls in Form von posttraumatischen Schockwellen.
    Oder wie meine kleine Tochter Hatice es ausdrückt: Wackel-Dackel!
    »Papa, du benimmst dich auf dem Fahrrad ja wie unser Wackel-Dackel im Ford-Transit!«
    Genau in dem Moment sehen wir einen echten Dackel fröhlich hin- und herwackeln, genauso wie einen kleinen süßen Jungen, der bei ihm ist.
    Außer sich vor Freude kreischt dieser Junge stolz wie Oskar:
    »Mama, Mama, schau doch, was für eine schöne Mütze ich gefunden habe! So eine Mütze habe ich mir doch immer gewünscht! Jiiipppiiiiiii!«
    »Hatice, das ist doch deine Mütze! Los, schnapp sie dir«, rufe ich erleichtert völlig außer Atem.
    Hatice ist plötzlich total perplex und schaut sich mit großen Augen abwechselnd den ausgeflippten kleinen Jungen und ihre wiedergefundene Mütze an.
    »Papa, lass uns doch nach Hause fahren«, murmelt sie dann nach einer Weile.
    »Klar fahren wir nach Hause, aber schnapp dir erst mal deine Mütze! Wegen dieser komischen Mütze sitze ich doch seit Stunden auf diesem verdammten Fahrrad, bin hundemüde und nass geschwitzt, habe einen schrecklichen Unfall gebaut und musste 200 Euro blechen …«
    »Nein, ich will sie nicht mehr! Sieh doch, der kleine Junge freut sich über die Mütze viel mehr als ich. Er soll sie ruhig behalten, ich bin doch viel älter und vernünftiger als er!«
    »Du hast recht, du bist mindestens 2Wochen älter als er.«
    Während Hatice sich gebührend von ihrer Mütze verabschiedet, ziehe ich schnell eine Bilanz unserer heutigen Fahrradtour. Auf der Verlustseite stehen: eine Mütze, ein Fahrrad, 200 Euro und eine geprellte Rippe, oder auch zwei. Auuaaa, vielleicht sind sie sogar gebrochen! Auf der Gewinnseite stehen: Was für ein Gewinn denn??

22 Als hätte ich heute nicht schon genug Gras sehen müssen, platzt unser Nachbar Ahmet eine halbe Stunde später bei uns ins Wohnzimmer und ruft mit stolzgeschwellter Brust:
    »Osman, lass uns doch deinem Onkel mal unsere Super-Parzelle zeigen. Gleich kommen die Aufsichtsbehörden vom Schrebergarten-Verwaltungsbüro, um sie zu prüfen. Ich will nicht angeben, aber unser Garten sieht einfach perfekt aus.«
    »Ahmet, ich hab mich gerade erst hingesetzt. Ich musste mir schon den ganzen Tag nichts als Grünzeug und Bäume und Blümchen ansehen. Schau doch, mir wächst das Unkraut schon aus den Armen«, jammere ich.
    »Osman, keine Widerrede! So

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