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Deutschland allein zu Haus

Deutschland allein zu Haus

Titel: Deutschland allein zu Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Osman Engin
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diese sehr privaten Informationen gekommen sein könnte.
    Er kannte den Herbert Herrmann doch überhaupt nicht! Ich hatte diesen Mann damals zu Hause nie erwähnt. Da Mehmet auch nicht so viele Freunde unter den Skinhääds hat, muss er wohl einen lebensmüden Anderkawer-Agenten beschäftigen, der ihn mit Inseiderinformationen aus dem Hause Herrmann beliefert.
    Aber das können doch im Grunde genommen auch nur Herbert, Hilde oder Heiko sein – niemand war doch sonst dabei! Bleibt nur noch die versteckte Kamera übrig.
    Bei Allah, ich kapiere das Ganze nicht im Geringsten! Und der Möchtegern-Herausgeber und zukünftige Pulitzer-Preisträger, wie er sich immer so gern sieht, ist auch schon längst verschwunden, sodass ich meine Neugier noch einige Zeit mit mir rumschleppen muss …

29 Heute habe ich einen sehr überraschenden Anruf bekommen.
    »Wir müssen uns unbedingt mal treffen und klären, wie die restlichen Tage gestaltet werden!«
    »Die restlichen Tage? Sind meine Tage in Deutschland etwa gezählt?«, stockte mir der Atem und meine Knie schlotterten.
    »Nein, Osman, meine Tage in Deutschland sind gezählt, aber wir sehen uns überhaupt nicht mehr«, meinte Onkel Ömer ganz schön gekränkt und vorwurfsvoll zugleich.
    »Onkel Ömer, tu doch nicht so! Wir haben uns doch erst heute Morgen gesehen.«
    »Ja, auf dem Weg zur Toilette!«
    Wir verabredeten, uns am Nachmittag in einem Café in der Nähe vom Bahnhof zu treffen, um gemütlich über die letzten Tage zu quatschen und in Ruhe spazieren zu gehen.
    Als ich das Café betrete, sitzt mein Onkel Ömer bereits in der Ecke und wartet höchst gespannt auf mich.
    Glückselig laufe ich mit offenen Armen auf ihn zu und gerade in dem Moment, als ich ihn ans Herz drücken will,brüllt mir Onkel Ömer mit seiner zugegeben nicht besonders hübschen Stimme sehr laut ins Ohr:
    »Onkel-Ömer-Transports – es geht looos!
    Wir bewegen Ihr Leben – von hier nach da,
    Wenn’s sein muss – von Bremen nach Adana!
    Wir packen’s an – sagen Sie mir nur wann,
    Mit uns kommen Sie immer gut an!«
    Das Ganze auf Türkisch natürlich.
    »Danke, Onkel Ömer. Das ist aber eine tolle Begrüßung, sogar mit einem hübschen Gedicht!«, sage ich tief ergriffen und angenehm überrascht. »Ich hab mir für dich leider keine schönen Begrüßungszeilen ausgedacht. So auf die Schnelle kann ich nur das hier dichten:
    Danke Onkel Ömer, ich danke dir!
    Ich hab dich auch vermisst, glaub es mir!«
    »Wie groß ist denn deine Wohnung, also wie viele Quadratmeter und wie viele Möbel stehen da rum?«, fragt er völlig unvermittelt.
    »Weißt du doch, unsere Hütte ist nicht besonders groß«, antworte ich, »wir finden seit Jahren leider nichts Besseres.«
    »Wie ist die genaue Adresse?«, will Onkel Ömer plötzlich wissen.
    »Wie? Hast du das wirklich vergessen? Ich schreib sie dir hier auf: Karnickelweg 7b.«
    Er macht mit der rechten Hand ein Stopp-Zeichen und brüllt wieder los:
    »Onkel-Ömer-Transports – es geht looos!
    Wir bewegen Ihr Leben – von hier nach da,
    Wenn’s sein muss – von Bremen nach Adana!
    Wir packen’s an – sagen Sie mir nur wann,
    Mit uns kommen Sie immer gut an!«
    »Danke! Ein tolles Begrüßungsgedicht, wirklich!«, bestätige ich wieder.
    »Wie groß ist denn deine Wohnung?«, will er erneut wissen. »Und die genaue Adresse, bitte.«
    »Onkel Ömer, ich habe dir doch unsere Adresse hier schon aufgeschrieben.«
    »Osman, quatsch bitte nicht ständig dazwischen. Du siehst doch, dass ich hier wichtige geschäftliche Gespräche führe«, zischt er und zeigt mir sein Händy auf dem Tisch, das mit dem winzigen Kopfhörer in seinem Ohr verbunden ist.
    »Wichtige geschäftliche Gespräche?«, wiederhole ich zu Tode erschrocken. »Verkaufst du etwa schon wieder halb Bremen an japanische Touristen?«
    »Nein, nein, mach dir keine Sorgen«, beschwichtigt er mich, »diesmal läuft alles sehr seriös ab. Ich habe vor ein paar Tagen ganz offiziell eine Umzugsfirma gegründet: Onkel-Ömer-Transports GmbH & Co. KG.«
    »Du hast aus purer Langeweile in einem fremden Land, dessen Sprache du nicht kennst, eine Umzugsfirma gegründet?«, komme ich aus dem Staunen nicht heraus.
    »Ich brauche kein Deutsch zu können. Alle meine Kunden sind Türken. Ich bin irgendwie zu einem sehr günstigen Zeitpunkt nach Deutschland gekommen.«
    »Der Meinung bin ich auch.«
    »Auf jeden Fall wollen zurzeit sehr viele Türken für immer in die Türkei zurück. Und ich sorge dafür, dass sie

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