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Deutschland allein zu Haus

Deutschland allein zu Haus

Titel: Deutschland allein zu Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Osman Engin
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nur durch die Gegend, um ein paar frische Brötchen zu holen. Obwohl ich mittlerweile auch irgendwie um mein Leben renne!
    Jedes Jahr erleiden doch über 200 000 Menschen in Deutschland einen Herzinfarkt und 60 000 sterben daran.
    »Gute Frau, jetzt regen Sie sich doch ab, hetzen Sie nicht so! Sie kippen ja gleich um, ich tue Ihnen doch nichts«, starte ich noch eine Aufklärungskampagne, um die Greisin vor einer möglichen Herzattacke zu schützen – und mich erst!
    Die verflixte Situation jagt mir mittlerweile genauso viel Angst ein wie ihr! Wenn nicht noch mehr!
    Inzwischen befürchte ich, als ein durchgedrehter perverser Oma-Jäger vom langsam aufwachenden Mob gelyncht zu werden. Nur die Tatsache, dass alle normalen Menschen um diese Zeit noch in ihren gemütlichen warmen Betten schlummern, bewahrt mich davor, am nächsten Baum zu baumeln.
    Bei der Olympiade hätte ich garantiert die Goldmedailleim 20-Kilometer-Schnellgehen gewonnen. Oder doch nur die Silbermedaille, weil ich diese topfite alte Oma einfach nicht einholen kann, geschweige denn überholen.
    »Lassen Sie mich doch bitte vorbei«, schlage ich ihr keuchend vor, »dann können Sie mich zur Abwechslung verfolgen – ich tue Ihnen schon nichts!«
    Seit mittlerweile 10 Minuten – die mir wie volle 8 Stunden vorkommen – rennt die Oma schon vor mir weg. Oder ich laufe der Oma hinterher; kommt ganz drauf an, aus welchem Blickwinkel man das unglückliche Geschehen betrachtet.
    Aus der Sicht der beiden Polizisten, die gerade mit ihrem Wagen um die Ecke biegen und schnell in unsere Richtung fahren, sehe ich bestimmt wie der wahnsinnige Fünffach-Oma-Mörder aus, dessen Fahndungsplakate in jedem Polizeirevier hängen.
    Ich habe gar keine Zeit mehr, die alte schnaufende Frau davon zu überzeugen, dass ich wirklich nichts von ihr will! Sie wird gleich anfangen jämmerlich zu kreischen, um die Bullen auf mich zu hetzen.
    »Keine Angst, gnädige Frau, bitte hören Sie auf zu rennen! Ich will Sie doch gar nicht umbringen! Bitte liefern Sie mich nicht den Bullen aus«, schnaufe ich verzweifelt.
    Aber es bringt alles nichts!
    Wie zwei Langstreckenläufer halten wir auch auf den letzten Metern konsequent den Abstand und laufen bei den Polizisten gemeinsam durchs Ziel.
    »Meine Herren, ich ergebe mich«, huste ich den Bullen was vor, »es hat ja ohnehin keinen Sinn, zu leugnen. Niemand würde in so einer Situation einem Türken glauben. Die Dame hat recht, ich hab sie die ganze Zeit leider verfolgt, aber ich wollte wirklich nichts von ihr! Ich schwör’s!Ich wollte nur ein paar Brötchen kaufen. Beziehungsweise meine Frau wollte ein paar Brötchen. Ich war schon immer der Meinung, dass frische Teigwaren um die Uhrzeit nicht gesund sein können …«
    Die beiden Polizisten lassen mich gar nicht ausreden und stürzen sich auf mich.
    Eigentlich zuerst auf die Oma. Eigentlich nur auf die Oma und bringen die arme zu Tode erschrockene Frau blitzschnell vor mir – dem berühmten Fünffach-Oma-Mörder Osman – in Sicherheit.
    Sie verstecken sie sorgfältig auf dem Rücksitz des Polizeiwagens, damit ich ihr bloß nicht an die Gurgel gehen kann. Völlig geknickt strecke ich denen meine Mörderpranken handschellengerecht entgegen.
    »Herzlichen Glückwunsch, Sie sind wirklich ein Held«, ruft einer der Polizisten plötzlich.
    »Sie meinen wohl die Oma?«, stottere ich.
    »Nein, wir meinen Sie! Wir haben die ganze Sache doch eben beobachtet. Sie haben furchtlos und mutig diesen Einbrecher verfolgt und dadurch uns in die Arme getrieben. Wir sind diesem brutalen Serientäter, der als Oma verkleidet bereits 37 Wohnungen ausgeraubt und etliche unschuldige Menschen verletzt hat, schon seit 6 Monaten auf der Spur. Kommen Sie doch bitte gleich zu uns ins Revier, um Ihre 250 Euro Belohnung abzuholen!«

28 Als ich eine Stunde später völlig erleichtert mein köstliches Honigbrötchen genieße, bekomme ich von Mehmet seine unappetitliche Zeitung in die Hand gedrückt:
    »Vater, du kannst stolz sein! Du bist der Erste, der meine Zeitung ›Die Wahrheit, nichts als die Wahrheit‹ in der Hand halten darf!«, strahlt er übers ganze Gesicht.
    »Danke, das weiß ich ganz bestimmt zu schätzen«, schmatze ich gelangweilt.
    »Du hast hiermit ganz exklusiv die Ehre, die letzte unabhängige und zensurfreie Zeitung Deutschlands lesen zu dürfen«, übertreibt er wie immer und bezeichnet seine alberne Loseblattsammlung enthusiastisch als eine Zeitung.
    Es liegt wahrscheinlich mehr an dem

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