Deutschland allein zu Haus
leckeren Honigbrötchen, das ich nebenbei knabbere, als ich bei einem Artikel in seiner ›Zeitung‹ regelrecht kleben bleibe!
Und zwar bei einem über Herbert Herrmann, dem Mann, den ich bei unserer Ankunft aus der Türkei am Hauptbahnhof mit seinem Skinhäädsohn getroffen habe. Der, der vor einigen Jahren bei uns in Halle 4 als 1-Euro-Jobber den Nachtwächter gemacht hat und nach 3 Wochen wegen leicht übertriebenen Alkoholkonsums gefeuert wurde. Der Herbert hatte leider nicht zu Hause oder in der Kneipe gesoffen, so wie es sich gehört, sondern am Arbeitsplatz in Halle 4!
Und jetzt muss ich mich kneifen, um mich zu vergewissern, dass das nicht ein völlig abgedrehter blöder Traum ist – oder eine noch blödere Zeitungsente von Mehmet!
Dieser alte Säufer Herbert Herrmann sitzt nämlich nicht im Obdachlosenheim oder im Big-Brother-Container, auch nicht auf der Straße, sondern als frisch gewählter Abgeordneter der NEP im Deutschen Bundestag in Berlin!!!!!
Ich fasse mich völlig konsterniert an den Kopf!
Ich kann mich anfassen, wo ich will, diese Nachricht will mir nicht in den Kopf!
Zu allem Überfluss schreibt Mehmet auch noch so, alswürde er bei denen wohnen. Oder als hätte er bei denen eine versteckte Kamera eingebaut. Oder Herbert Herrmann ist mit Sack und Pack und der ganzen Familie ins Urwald-Cämp umgezogen, wo ihn jeder beobachten kann.
Also fange ich sofort an, die interessanteste Geschichte aller Zeiten gespannt bis in die Haarspitzen durchzulesen:
›Die Wahrheit, nichts als die Wahrheit‹ präsentiert: DIE HERRMANNs – Eine Bremer Homestory in mehreren Folgen. Folge 1:
»Junge, das gefällt mir jetzt ganz und gar nicht, dass du auf offener Straße ständig die Ausländer anpöbelst, insbesondere wenn andere Leute das mitbekommen«, sagt Vater Herbert Herrmann, der frisch gebackene Bundestagsabgeordnete der NEP, zu seinem Sohn Heiko und setzt den kürzlich begonnenen Weiterbildungskursus ›Wie kann ich aus meinem missratenen Sohn Heiko doch noch einen halbwegs vorzeigbaren Menschen machen, wo ich doch jetzt so ein wichtiger Mann geworden bin‹ fort.
Im Grunde wäre es natürlich etwas vorteilhafter gewesen, wenn er damit bereits im Kindesalter angefangen hätte. Heiko sieht das offenbar genauso, denn er sagt:
»Schöne Scheiße. Früher hast du aber nie was dagegen gehabt, Chef!«
»Früher saß ich auch nicht im Bundestag, du Knülch!«
»Es heißt aber Knilch, Herr Abgeordneter!«
»Okäy, du Knilch, tu mir einen Gefallen und renn ab jetzt gefälligst nicht mehr mit dieser lächerlichen Glatze durch die Gegend!«
»Schöne Scheiße, jahrelang bist du es doch selber gewesen, der mir den Kopf mit dem Hunderasierer glatt gemachthat«, sagt Heiko und autet seinen Erzeuger auch noch als einen viertklassigen Friseur.
»Weil du selbst dafür zu dumm bist! Deine Mutter hat sich doch ständig Sorgen gemacht, dass du irgendwann wie ein Schwein verblutest, wenn du Trottel versucht hast, dir selber eine Glatze zu verpassen!«
»Und was sollen meine Kumpels dazu sagen, wenn ich wie ein linker Hippie mit fettigen Haaren rumlaufe?«
»Du kannst sie ja zur Abwechslung ab und zu mal waschen. Außerdem sollten deine Kumpels auch nicht mehr so bescheuert rumlaufen. Unsere Partei hat doch so viele Stimmen bekommen wie noch nie!«
»Schöne Scheiße, sollen wir deshalb jetzt etwa auch aufhören, Kanaken zu verprügeln, oder was? Ich dachte, jetzt legen wir erst richtig los!«, meckert der Sohn Heiko Herrmann sehr enttäuscht über die neuen Ansichten seines steinalten Vaters. Für Heiko sind alle über vierzig schon uralt und sollten Sterbehilfe bekommen.
»Klar legen wir jetzt erst richtig los. Aber ohne diese alberne Kostümierung und öffentliche Menschenjagd. Soll die ganze Bevölkerung etwa kahl geschoren rumlaufen und Selbstjustiz ausüben?«, meckert der Bundestagsabgeordnete zurück.
»Schöne Scheiße … «, kommt als Antwort begleitet von kräftigen Rülpsern und Kopfschütteln.
»Und sag nicht andauernd ›schöne Scheiße‹, verdammt!«
»Herbert, Heiko, das Essen steht auf dem Tisch«, ruft die Dame des Hauses aus der Küche mitten in die spannende Vater-Sohn-Diskussion hinein. »Es gibt leckeren Wirsingeintopf.«
»Schöne Scheiße«, knurrt der ›Abgeordnetensohn‹, der so unverhofft zu diesem Titel gekommen ist wie die Jungfrau zum Kind, und verzieht erneut das Gesicht.
»Was habe ich dir eben noch gesagt, du Idiot!«, schimpft Herbert der Abgeordnete.
»Ich
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