Deutschland allein zu Haus
ich jetzt machen?«
»Ich soll alle Termine, die Gutenmorgen …«
»Gnädige Frau, wie oft soll ich Ihnen denn noch guten Morgen wünschen? Ich glaube, ich habe schon ein Dutzend Mal guten Morgen zu Ihnen gesagt.«
»Der Herr Regisseur heißt Gutenmorgen! Rüdiger Gutenmorgen. Und ich soll alle seine Termine um drei Stunden verschieben, weil er sehr dringend mit seinem Kater zum Tierarzt musste.«
»Wirklich? Toll! Gott sei Dank!«, jubele ich. »Dann warte ich hier auf Herrn Gutenmorgen! Guten Morgen!«
Die Wege des Herrn sind unergründlich …
Allah hat mich also doch verstanden, obwohl ich mich selber nicht verstand – weil all meine Gebete auf Arabisch waren …
42 Aber ein zweites Mal wurde ich leider nicht mehr erhört, obwohl das viel nötiger gewesen wäre!
Eigentlich war heute einer dieser typischen Unglückstage, wo man sich am Ende nichts sehnlicher wünscht, als den ganzen Tag lieber im Bett geblieben zu sein!
Ich komme kurz vor Mitternacht wieder nach Hause und werfe mich völlig erschöpft ins Bett!
Wie gesagt, wenn ich gar nicht aufgestanden wäre, wäre alles viel besser gewesen!
»Osman, ich hab das Gefühl, eine Schauspielkarriere ist doch nicht das Richtige für dich. Du siehst ja aus, als wärst du in einen handfesten Streit mit Nazis verwickelt worden«, lacht Eminanim ziemlich neugierig.
»Du hast sogar recht«, stöhne ich völlig geschafft. »Was ich immer noch nicht fassen kann und demzufolge auch nicht in Worte fassen kann, ist, dass ich versehentlich aufseiten der Nazis in diesen Streit geraten bin. Genauer gesagt, drei türkische Jugendliche hätten mir fast den Hals umgedreht, weil angeblich ich ein Nazi bin!«
»Es gibt also immer noch türkische Jugendliche in Bremen? Also, ich will jetzt alles ganz genau wissen, was passiert ist – von Anfang an! Alles der Reihe nach, hörst du?«
»Wie es anfing, weißt du doch. Der Kurzbein-Hamdi war von meinem Schauspieltalent so angetan, dass er mir vorschlug, mich am Goethe-Theater zu melden. Dieser Kurzbein-Hamdi ist ein begnadeter Kameramann und hat deshalb ein gutes Auge dafür, wer so ein Talent hat und wer nicht!«
»Also, ich finde es sehr taktlos, dass du den armen Mann ständig Kurzbein nennst!«
»Aber alle Welt nennt ihn doch so!«
»Über so was macht man keine Witze!«
»Bei Allah, das ist doch kein Witz – das ist sein Name! Willst du nun wissen, was passiert ist, oder nicht?«
»Ist ja gut, ist ja gut!«
»Also dieser Kurzbein bat mich, ihm einen Gefallen zu tun und im Goethe-Theater für eine große Rolle vorstelligzu werden. In Berlin haben sie ja einen Deutschen schwarz angemalt, damit er in einem Theaterstück den Afrikaner spielen kann. Ist ja auch logisch, weil wir gar keinen Afrikaner in Deutschland haben. Aber diese schöne Geste kam trotzdem nicht so gut an. Die Bremer sind cleverer und wollten mich haben, damit sie keinen Deutschen mit einem dicken schwarzen angeklebten Schnurrbart als Orientalen auf die Bühne schicken müssen.«
»Mein Gott, Osman, komm doch zur Sache, ich will endlich schlafen!«
»Also ich traf heute den Regisseur mit 4 Stunden Verspätung und er fragte mich, ob ich ihm einen Gefallen tun könne, indem ich eine tragende, aber im Prinzip ganz einfache Rolle in seinem Stück übernehme, die eigentlich jeder Affe spielen könnte. Daraufhin sagte ich spontan Ja! Der Regisseur versicherte mir, dass ich weder ein einziges Wort sagen noch irgendwie großartig schauspielern muss, sondern nur einmal schnell quer über die Bühne latschen sollte.
»Aber speziell Ihr Auftritt ist für das Gelingen des gesamten Stücks von enormer Wichtigkeit«, fügte er noch hinzu.
Völlig im Klaren über meine enorme Wichtigkeit stolzierte ich elegant in den Schminkraum, wo der Regisseur und die Maskenbildnerin sich gegenseitig sehr eifrig überall am Körper puderten, und wurde von ihm sofort wieder nach draußen befördert.
Ich wäre doch eh nur für ein paar Sekunden zu sehen, und ob ich da wie ein verschwitzter Silberfisch glänze, interessiere sowieso kein Schwein, sagte er leicht verärgert. Danach stülpten sie mir einen Mantel über und baten mich, mit dem Kollegen Benno ein wenig spazieren zu gehen, weil mein Auftritt ohnehin erst für die zweite Hälfte geplant sei,und man würde mir noch früh genug Bescheid geben, wann ich einmal kurz über die Bühne flitzen soll.
Nach langem Suchen entpuppte sich der Kollege Benno als der alte und träge Schäferhund, der am Bühnenrand sabbernd vor
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