Deutschland allein zu Haus
Tag mindestens einmal schwärmte, für heute eingeladen, um mit ihr zusammen zu kochen und gemeinsam zu Abend zu essen.
Herbert ist hellauf begeistert von dieser grandiosen Idee.
Heiko tut auch mächtig begeistert, weil er es sich auf keinen Fall mit seiner Oma verderben will, um das üppige Taschengeld, das er regelmäßig von ihr bekommt, nicht in Gefahr zu bringen.
Wenn seine Mutter früher Kohl und Pinkel kochte, hatte Heiko für diese Bremer Spezialität stets nur einen spöttischen Kommentar übrig:
»Kein Bedarf, pinkeln kann ich schon alleine!«
»Vielen Dank, Mutter, es hat wie immer köstlich geschmeckt«, schmatzt Herbert angestrengt und ist gleichzeitig froh, dass er das fettige Zeug nicht mehr so oft essen muss.
»Das freut mich, mein Sohn. Wenn du möchtest, kann ich es dir jeden Tag kochen!«
Bei diesen Worten zuckt die ganze Familie panisch zusammen.
»Schöne Scheiße«, murmelt Heiko.
Hilde machte das Rumkommandieren ihrer Schwiegermutter heute in der Küche wesentlich mehr zu schaffen als das deftige Endergebnis, das sie jetzt runterwürgen musste.
Und Herbert stellt überrascht fest, dass sein ewiges Schwärmen von ›Mutters Essen‹ eigentlich nur seine Sehnsucht nach der ›guten alten Zeit‹ war. Obwohl die Gegenwart das Beste ist, was ihm passieren konnte! Ohne diese große politische Veränderung im Land hätte er wohl bestenfalls vor dem Bahnhofsklo Wache schieben dürfen.
Auch bei Heiko bewirken Omas Kohl und Pinkel eine gravierendeBewusstseinserweiterung. Er ist nicht mehr strikt der Meinung, dass alle Kanaken abgeschoben werden sollten. Döner- und Pizza-Verkäufer müssten auf jeden Fall einen Sonderstatus bekommen!
Aber was war denn los??? Sollten die Nazis schon jetzt, kaum dass sie weg sind, Sehnsucht nach den Knoblauch- und Spaghetti-Fressern haben?
»Danke, Mutter, sehr nett von dir. Aber das kann ich wirklich nicht von dir verlangen, wo du es doch so böse an der Hüfte hast«, versucht Herbert sich diplomatisch geschickt aus dieser Bredouille zu ziehen.
»Da hast du recht. Aber leider lassen sich seit einigen Wochen auch meine Pfleger und Pflegerinnen nicht mehr blicken. Es heißt, die hätten alle Deutschland verlassen. Kannst du da nicht was machen?«
»Wir wollten eigentlich nur das arbeitslose ausländische Gesindel und die, die den Deutschen die Arbeitsplätze wegnehmen, loswerden. Aber okäy, wenn alle Ausländer geschlossen abhauen wollen – auch gut! Schließlich tun wir nur das, was unsere Wähler von uns verlangen.«
»Ich weiß nicht, ich weiß nicht«, schüttelt Oma den Kopf. »Ich kann mich nicht entsinnen, von deiner Partei verlangt zu haben, meine lieben Pflegerinnen auszuweisen. Das ist total dumm!«
»Aber Oma, nachdem die Kanaken da unten in Esslingen zwei Deutsche umgebracht haben, mussten wir doch handeln«, springt Heiko seinem bedrängten Vater zur Seite.
»Wobei diese Nachricht wiederum nur eine tolle Finte von unserem Vorsitzenden Puffer war«, lacht Herbert vergnügt. »Unsere Propagandaabteilung hat sich dieses Gerücht einfach ausgedacht und in die Welt gesetzt und kein Mensch hat nachgefragt, ob das stimmt.«
»Wie? War das mit diesem grässlichen Mord etwa eine Lüge?«, fragt die Oma mit großen Augen.
»Schöne Scheiße! Das ist ja voll genial!«, brüllt Heiko anerkennend. »Warum ist denn früher niemand auf so eine klasse Idee gekommen? Ich werde gleich überall rumerzählen, dass mehrere Kanaken meine kleine Schwester erst mal vergewaltigt und dann brutal abgeschlachtet haben.«
»Du hast doch gar keine kleine Schwester, nicht mal eine große«, meint Hilde etwas verständnislos. »Ich habe deinem Vater doch so oft gesagt, wie gerne ich ein Mädchen …«
»Fragt doch eh keiner danach«, lacht Heiko. »Und Herr Vater kann dafür sorgen, dass übermorgen im Bundestag für meine Schwester Heike eine höchst emotionale Schweigeminute abgehalten wird genauso wie für die beiden armen Rentner aus Esslingen.«
»Wer ist denn Heike?«, fragt Hilde wieder irritiert.
»Unsere von Ausländern brutal ermordete kleine Tochter«, grinst Herbert, sehr überrascht von der Intelligenz seines Nachwuchses.
»Mann, Alter, ist das genial! So kuul löst man das Kanakenproblem«, jubelt Heiko. »Da können sich die alten, spießigen Parteien eine Scheibe von euch abschneiden!«
»Da ihr es offensichtlich geschafft habt, alle Ausländer zu vertreiben, was macht ihr denn jetzt bloß ohne sie?«, mischt sich wieder Oma Herrmann in das
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