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Deutschland misshandelt seine Kinder (German Edition)

Deutschland misshandelt seine Kinder (German Edition)

Titel: Deutschland misshandelt seine Kinder (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Tsokos , Saskia Guddat
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aber das haben die beiden ja so gewollt. Sophie ist ihr gemeinsames Wunschkind, und Kaspar kann sehr überzeugend erklären, warum er sich nichts Schöneres vorstellen kann, als Papa und Hausmann zu sein. Und so macht Sarah Karriere in der Kunstagentur, trifft Künstler und Galeristen in Hongkong und New York, während Kaspar den Kinderwagen durch den Park schiebt. Wenn er nicht gerade Sophies Windeln wechselt, die Kleine in den Schlaf singt oder ihr Obst püriert.
    Eigentlich hat Kaspar geglaubt, dass er jeden Tag ein paar Stunden an seiner Skulptur arbeiten könnte, während Sophie ihren Mittagsschlaf macht. Aber Sophie ist ein unruhiges Kind. Sie schläft schlecht und rührt meist nur in ihrem Essen herum, das Kaspar ihr aufwendig zubereitet hat. Und die halbfertige Skulptur, seine Abschlussarbeit, verstaubt unterdessen in seinem Atelier.
    Als Sarah eines Tages um die Nachmittagszeit nach Hause kommt, bietet sich ihr ein schockierender Anblick: Sophie liegt reglos in ihrem Bettchen, ihre Lippen sind blau. Von Kaspar ist nichts zu sehen – Sarah hört nur leises Hämmern aus seinem Atelier im oberen Stock. Sie schreit seinen Namen, wählt gleichzeitig den Notruf, und zum Glück ist der Notarzt nach einer Minute da. Die Kleine wird intubiert, beginnt wieder zu atmen – ihr Kreislauf ist jedoch sehr instabil.
    Sarah und Kaspar fahren beide mit, als der Notarzt ihr Baby mit Blaulicht und Sirene in die Klinik bringt. Sie halten sich bei der Hand und sind gleichermaßen bleich vor Angst.
    In der Rettungsstelle wird Sophie untersucht und erstversorgt. »Akutes Abdomen«, sagt der diensthabende Arzt. Die Bauchdecke der Kleinen ist wie eine Trommel gespannt.
    Sarah und Kaspar fahren mit hoch in die Kinderchirurgie. Wieder sitzen sie Hand in Hand da und starren auf die geschlossene OP -Tür, während Sophie operiert wird.
    Eine Erkrankung aus heiterem Himmel, denkt Sarah, so etwas kommt bei Babys vor. Aber zum Glück war sie ja rechtzeitig da. Die Ärzte haben ihnen versichert, dass Sophie durchkommen wird. Sarah macht Kaspar keinen Vorwurf. Er kümmert sich aufopferungsvoll um die Kleine, und auch er kann nicht ständig bei Sophie sein.
    Endlich geht die Tür zum Operationssaal wieder auf. Der Chirurg macht ein ernstes Gesicht.
    »Traumatische Darmrupturen«, sagt er und sieht sie nachdenklich an. »Diese Verletzungen kann sich die Kleine nicht zugezogen haben, während sie einfach in ihrem Bettchen lag.«
    »Genauso war es aber«, antwortet Sarah.
    Kaspar beißt sich auf die Unterlippe und sagt gar nichts.
    Drei Tage später findet in der Klinik das in solchen Fällen vorgeschriebene Konfrontationsgespräch mit den Eltern statt. Anwesend sind die Ärzte, die Sophie operiert haben, je zwei Mitarbeiterinnen vom Jugendamt und vom Psychosozialen Dienst der Klinik sowie wir Rechtsmediziner.
    Auf Wunsch der behandelnden Kinderchirurgen haben wir mittlerweile die kleine Sophie begutachtet. Ihr Zustand ist stabil, obwohl sie am Vortag nochmals operiert werden musste. An ihrem Darm waren in Bereichen, die vorher nur eingeblutet waren, weitere Risse aufgetreten.
    »Das Verletzungsmuster lässt sich nur durch Misshandlung erklären«, erläutern wir. »Jemand muss dem Mädchen mit der Faust oder einem stumpfen Gegenstand in den Bauch geschlagen haben – und zwar mehrfach. Die Rupturen an unterschiedlichen Darmanteilen sind ein klares Anzeichen für ein mehrfaches Tatgeschehen.«
    Sarah Metzner sieht uns erschrocken an. »Mein Mann war die ganze Zeit bei Sophie«, sagt sie. »So etwas würde er ihr doch niemals antun!«
    Kaspar schüttelt nur stumm den Kopf. Desto beschwörender redet seine Frau auf die Anwesenden ein. So als könnte sie den Verdacht und sogar die Misshandlung selbst zum Verschwinden bringen, wenn sie nur lange und überzeugend genug redet.
    »Bei uns ist alles perfekt«, sagt sie. »Wir haben uns dieses Kind gewünscht. Mein Mann ist freiwillig in Elternzeit gegangen. Nicht nur, weil ich in meinem Job gut verdiene – er selbst wollte es so! Weil es eine wichtige Erfahrung auch für ihn als Mann ist: sich als Vater um sein Kind zu kümmern.«
    Sarah redet und redet, und die Anwesenden wechseln ratlose Blicke. Ein so sympathisches Paar haben sie selten vor sich gehabt. Dass dieser junge Vater mit den feingliedrigen Künstlerhänden sein Töchterchen auch nur grob anfassen würde, kann sich niemand so richtig vorstellen. Geschweige denn, dass er die Kleine brutal in den Bauch geboxt hat.
    Aber die schwere

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