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Deutschland misshandelt seine Kinder (German Edition)

Deutschland misshandelt seine Kinder (German Edition)

Titel: Deutschland misshandelt seine Kinder (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Tsokos , Saskia Guddat
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Keller eingesperrt werden konnte – dann muss das milliardenteure Kinderschutzsystem seinerseits gravierende Konstruktionsfehler aufweisen.
    Mindestens zwei dieser Systemfehler lassen sich aus dem Fall Mirko bereits ableiten: Unerfahrene oder abgestumpfte Sozialarbeiter, die ihre Besuche in der Familie auch noch tagelang vorher ankündigen, machen es den Eltern leicht, ihre Kinder hinter dem Rücken der Helfer nach Belieben weiter zu misshandeln.

Cola und Koliken
    Jessica Stiglitz findet ihren neuen Job als Familienhelferin superspannend. Sie ist 23 und frisch von der Hochschule. Ihre Kollegin Mandy Hausner ist gerade mal ein Jahr älter als sie. Mit den Malowskys, ihren Klienten im Berliner Norden, fühlt sich Jessica Stiglitz manchmal ein wenig überfordert. Aber sie will sich vor Mandy Hausner keine Blöße geben – ihre Kollegin bleibt immer »total cool« und scheint alles im Griff zu haben. Axel Pattlow, dem zuständigen Sachbearbeiter im Jugendamt, kann sie ihre Bedenken erst recht nicht anvertrauen: Der Mann hat nichts anderes als seine Frühpensionierung im Kopf (siehe Kapitel 2 ).
    Die beiden Sozialarbeiterinnen besuchen einmal wöchentlich Denise Malowsky und ihre drei Kinder: die zweijährigen Zwillinge Chantal und Robin und den vierjährigen Maurice. Vor einem halben Jahr sind die Malowskys in die geräumige Wohnung von René Meller eingezogen, dem Lebensgefährten von Denise.
    Die Kinder haben ständig blaue Flecken, das findet Jessica Stiglitz ziemlich sonderbar. Die Mutter und ihr Lebensgefährte erzählen dann immer bizarre Geschichten: Angeblich hat Maurice seinem kleinen Bruder ein Spielzeugauto ins Gesicht geknallt – daher das Veilchen unter Robins linkem Auge. Und Robin ist angeblich auf dem Arm seiner Zwillingsschwester herumgetrampelt – das soll die übel aussehenden Hämatome im Ellenbogenbereich erklären. Der große Bruder wiederum ist beim Spielen gegen den Türrahmen gerannt – jede Woche bekommen die Helferinnen neue Geschichten zu hören.
    »Ja klar, das sind Wildfänge«, sagt Mandy Hausner dazu. »Die Mutter hat die Kleinen nicht richtig unter Kontrolle – deshalb braucht sie ja uns.«
    Jessica Stiglitz stimmt ihr zu. Darum hat sie sich ja für diesen Beruf entschieden: weil sie helfen will. Weil sie verhindern will, dass kleine Kinder unter Bedingungen aufwachsen müssen, unter denen sie selbst groß geworden ist. Mit einem jähzornigen Stiefvater, der sie und ihren kleinen Bruder ohne erkennbaren Anlass immer wieder verprügelt hat.
    Denise Malowsky und René Meller sind eigentlich ein sympathisches Paar, findet die junge Sozialarbeiterin. Beide sind Ende zwanzig, nur ein paar Jahre älter als die Helferinnen. Die Mutter kümmert sich liebevoll um ihre Kinder, und auch ihr Lebensgefährte geht nett mit den Kleinen um.
    Allerdings hat Denise Malowsky von gesunder Ernährung keine Ahnung, und mit der Hygiene hat sie es auch nicht so. Jessica Stiglitz und ihre Kollegin konzentrieren sich darauf, der Mutter ein paar elementare Ernährungs- und Sauberkeitsregeln beizubringen. Die Kinder spielen währenddessen still in einem Nebenzimmer. Auch von René Meller, der auf sie aufpasst, ist meistens wenig zu hören.
    Nach drei Monaten hat sich Jessica Stiglitz an die Eigenheiten ihrer Klienten gewöhnt. Sie ist stolz auf die Fortschritte, die Denise Malowsky unter ihrer Anleitung macht. Die blauen Flecken der Kinder nimmt sie kaum noch bewusst wahr.
    So denkt sie sich auch nichts Böses, als sie und Mandy Hausner die zweijährige Chantal eines Tages krank in ihrem Bett vorfinden. Das Mädchen wirkt entkräftet. Es schreit vor Schmerzen und übergibt sich immer wieder krampfhaft.
    »Ich war gestern mit ihr bei der Kinderärztin«, sagt Denise Malowsky. »Sie muss etwas gegessen haben, das ihr nicht bekommen ist. René geht gleich los und holt Cola und Salzstangen, dann wird das schon wieder.«
    Mandy Hausner gibt sich mit dieser Erklärung zufrieden, aber Jessica Stiglitz ist beunruhigt. Während die Mutter in der Küche Kaffee kocht, bespricht sich die junge Sozialarbeiterin mit ihrer Kollegin. »Chantal hat sich nicht einfach nur den Magen verdorben«, sagt sie. »Die Kleine muss noch mal zum Arzt.«
    Sie einigen sich darauf, mit der Mutter zu reden. »Vielleicht ist es der Blinddarm«, sagt Jessica Stiglitz zu ihr. »Für uns sieht das so aus, als ob Chantal vielleicht doch etwas Schlimmeres hat. Sie sollten noch mal mit ihr zum Arzt gehen.«
    Denise Malowsky sieht ihren

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