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Deutschland misshandelt seine Kinder (German Edition)

Deutschland misshandelt seine Kinder (German Edition)

Titel: Deutschland misshandelt seine Kinder (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Tsokos , Saskia Guddat
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keinen Ton von sich.
    Bei dem Knochenbruch in Noahs linkem Oberarm handelt es sich um einen Spiralbruch. Der Oberarmspiralbruch ist eigentlich eine typische Wintersportverletzung. Sie entsteht, wenn die Skier am Berg blockieren und der Fahrer sich beim Sturz um seine Bretter quasi herumwickelt. Aber Noah war nicht beim Skilaufen im Berliner Hochsommer.
    Wenn die Betreuer keine glaubwürdige Erklärung vorbringen können, ist der Spiralbruch immer ein klarer Hinweis auf Kindesmisshandlung. Und selbst wenn Jessica Michalczik und Kevin Büttner, ihr 19 -jähriger Lebensgefährte, eine solche Erklärung liefern könnten – die zahlreichen Hämatome am Körper des Jungen lassen sich durch kein Unfallgeschehen erklären.
    Verräterisch sind unter anderem die rundlichen Unterblutungen, die wir am linken Arm des Jungen feststellen. In der Rechtsmedizin bezeichnen wir solche Verletzungen als »Griffspuren«. Sie zeigen deutlich, wo die Hand eines Erwachsenen zugepackt hat, um den kindlichen Arm zu brechen. Darüber hinaus finden wir ältere Hämatome, die dem Jungen während der letzten Wochen zugefügt wurden.
    In unserem Gutachten stellen wir dementsprechend fest, dass Noah nicht nur einmal, sondern über einen längeren Zeitraum immer wieder schwer misshandelt wurde. Weder die Hämatome noch gar der Oberarmspiralbruch lassen sich durch ein Unfallgeschehen erklären, wie von der Mutter behauptet.
    Aufgrund unseres Gutachtens bringen die Beamten des LKA 125  Jessica Michalczik und ihren Lebensgefährten Kevin Büttner ins Landeskriminalamt. Dort werden sie in getrennten Räumen vernommen.
    Jessica Michalczik wiederholt nur immer wieder: »Noah muss gestolpert oder von der Couch gefallen sein. Anders kann ich mir das einfach nicht erklären!« Sie wirkt verängstigt, aber die Ermittler haben nicht den Eindruck, dass sie sich sonderlich um ihren Jungen sorgt. Sehr viel mehr scheint sie zu befürchten, dass sie ihren Freund wegen dieser Angelegenheit verlieren könnte. Die beiden haben sich erst vor ein paar Wochen kennengelernt, und Jessica ist in den muskulösen jungen Mann offenbar schwer verliebt.
    Weder Jessica noch ihr Lebensgefährte haben einen Schulabschluss vorzuweisen. Die junge Frau bezieht Sozialleistungen nach Hartz IV für sich selbst und ihren Sohn. Der 19 -jährige Kevin Büttner arbeitet als Lagerist und Gabelstaplerfahrer.
    Nachdem aufgrund von Zeugenaussagen feststeht, dass Jessica zum Tatzeitpunkt in einem drei Kilometer entfernten Einkaufscenter war, richtet sich der alleinige Tatverdacht auf Büttner. »Sie waren mit Noah in der Wohnung, als der Junge sich die Verletzungen zugezogen hat«, hält ihm Kriminaloberkommissarin Marion Henske vor. »Da müssen Sie doch gehört haben, wie der Kleine gestürzt ist und dann vor Schmerzen geschrien hat!«
    Kevin Büttner zuckt mit den Schultern. Er habe im Zimmer nebenan Musik gehört und nichts mitbekommen.
    Doch die erfahrene Kriminalbeamtin glaubt ihm kein Wort. Inzwischen hat sie eine umfangreiche Akte auf dem Tisch, gefüllt mit Anzeigen gegen Kevin Büttner. In seinem jungen Leben wurde er schon dutzendfach wegen Körperverletzungs- und Eigentumsdelikten angezeigt. Er hat bereits diverse Jugendstrafen und musste mehrfach Sozialstunden ableisten. Schon als Hauptschüler verprügelte er auf dem Pausenhof Mitschüler und raubte mit seiner Bande alten Frauen im Park die Handtasche. Zweimal wurde er sogar von seiner eigenen Mutter angezeigt: Sie gab zu Protokoll, dass ihr Sohn sie krankenhausreif geschlagen habe.
    »Aber jetzt sieh dir das an«, sagt Marion Henske zu Kriminaloberkommissar Jens Polder, mit dem zusammen sie die Ermittlungen führt. »Kevin Büttner hat auch umgekehrt jede Menge Anzeigen erstattet – gegen seine Mutter und deren jeweilige Freunde.«
    Die Kriminalbeamten vertiefen sich erneut in die Akte.
    Die letzte Anzeige von JoAnn Büttner, Kevins Mutter, gegen ihren eigenen Sohn liegt gut ein Jahr zurück. Darin beschuldigte sie ihn, sie »aus nichtigem Anlass zusammengeschlagen« zu haben.
    Nur wenige Tage später stellte Kevin Büttner Gegenanzeige. Was er dort zu Protokoll gab, liest sich wie ein Auszug aus einem Horrorroman. Nur mit dem Unterschied, dass Büttner angibt, diese Schockszenen als Kind und Jugendlicher wirklich erlebt zu haben.
    Seine Mutter hatte alle paar Monate einen neuen Liebhaber, erklärte Kevin Büttner in der Strafanzeige. Aber für ihn selbst machte es kaum einen Unterschied: Sie misshandelte ihn zusammen mit ihrem

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