Deutschlandflug
Wandschrank nach einem Zimtstengel und steckte ihn in die Tasse.
Die Tür öffnete sich. In ihr erschien der Polizeipräsident.
»Störe ich?« Er stellte sich mit jener Mischung aus natürlichem Charme und persönlicher Würde vor, die ihn bei der Masse als äußerst sympathisch erscheinen ließ. »Ich wollte Sie nicht zu mir bitten, weil Sie hier sicherlich unabkömmlich sind.«
»Was kann ich für Sie tun?« fragte Thomas, kühl wie ein Eisberg.
Die Blicke des Präsidenten verfolgten die Blicke Ullas, die auf die blockierte Schalttafel starrte. Erst dadurch wurde er aufmerksam. Kein flüchtiges Lächeln umspielte seine Lippen; er war ein fast humorloser Mensch.
»Wenn das ein Kommentar sein soll«, bemerkte er und trat näher an die Buchstaben ›alles Scheiße‹ heran, »dann kommt er zu früh. Obwohl …« Er überlegte, ob er Gundolf einweihen solle in die neueste Panne mit Kampinsky. »Obwohl wir in beachtlichen Schwierigkeiten stecken.«
»Schwierigkeiten?« Gundolf blieb der erste Schluck Café à la Pompadour im Hals stecken. Der Präsident winkte flüchtig ab.
»Nichts, was wir nicht lösen könnten!« Er lehnte Stuhl und Kaffee ab. »Ich brauche lediglich ein paar Informationen. Über die Möglichkeit, eine Bombe zu verstecken.«
Ulla lachte laut und nervös los:
»Wir auch!«
Der Polizeipräsident maß sie mit einem kurzen Blick – nicht einmal vorwurfsvoll.
»Folgendes: Das Flugzeug, schätze ich, ist durchsucht worden. Immer und immer wieder.«
Gundolf stand schräg zum Präsidenten an seinem Arbeitstisch und trommelte leise auf die Tischplatte. Er sah ihn an.
»Ja? Und?«
»Die Bombe muß also an einer Stelle sein, die schwer zugänglich ist … auf die man nicht ohne weiteres kommt …«
»Ja! Und?«
»Glauben Sie, daß ein Nichtfachmann so eine Stelle ohne weiteres weiß?« Gundolf zuckte die Schultern. »Oder glauben Sie, er könnte sich ein kompliziertes Versteck ohne weiteres merken?«
»Ich könnte Ihnen ein paar Piloten herbestellen, die könnten Sie über Versteckmöglichkeiten informieren!« schlug Gundolf vor.
Der Polizeipräsident winkte heftig ab. Er hatte nicht vor, sich wieder mit Piloten einzulassen. Sie hatten ihn das letzte Mal seine Unwissenheit zu deutlich spüren lassen.
»Worauf ich hinaus will, ist: Halten Sie es für möglich, daß eine Skizze existiert? Eine Skizze, auf der das Versteck der Bombe eingetragen ist?«
Gundolf sah Allermann an und biß sich in Gedanken auf die Lippen.
»Möglich, ja …«
Überrascht von seiner eigenen Eingebung, sah der Präsident Ulla an.
»Sie als Frau: Würden Sie sich eine Skizze machen, wenn Sie später ein solches Versteck beschreiben sollen?«
»Ja, möglicherweise …«
»Ganz zu schweigen von der Möglichkeit, anhand einer solchen Skizze die Bombe zu verstecken …«
»Möglich, ja …«
»Worauf wollen Sie hinaus?« fragte Gundolf, jetzt ungeduldig, und wandte sich voll dem Präsidenten zu.
Aber der Präsident hatte zwar nicht viele Informationen, wohl aber Klarheit durch seinen Kurzbesuch gewonnen.
»Wir arbeiten auf Hochtouren und haben die beste Aussicht, diese Angelegenheit zu einem befriedigenden Abschluß zu bringen«, erwiderte er mit der Unverbindlichkeit eines Politikers und verließ den Raum.
Plötzlich war seine große Stunde wieder ganz nahe. Die Hiobsbotschaft vom Tode Kampinskys hatte ihn getroffen wie alle anderen. Aber während die anderen noch betreten diskutierten, schossen seine Gedanken mit voller Kraft vor, wie lange gezügelte Pferde.
Er hörte kaum, wie der Verkehrsminister jammerte, diesen Selbstmord würden die Terroristen ihnen nie abkaufen, sondern für einen Trick halten. Und wenn man sie überzeugt hätte, würden sie aus purer Rache die Bombe hochgehen lassen, davon war jeder überzeugt. Sie durften den Tod Kampinskys nicht erfahren.
Während sie diskutierten, hatte Querholz unablässig mit dem Fernglas das Funkhaus beobachtet. Dabei hatte er eine wichtige Entdeckung gemacht: Einer der Terroristen hatte ein Papier von der Größe einer halben Zeitung entfaltet. Eine Landkarte? Ein Lageplan?
Jetzt, nach seinem Blitzbesuch in der Zentrale, glaubt er Gewißheit zu haben.
Die Stimme aus dem Radio sagte:
»… Festliche Hochstimmung, jubelnde Kinderscharen, strahlende Männer der Wirtschaft und Regierung … Nun dies! Wieder, wie schon einmal 1972 in München, hat der Terror zugeschlagen, hat eine erbärmliche Minorität, haben ein paar Außenseiter unserer
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