Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Deutschlandflug

Titel: Deutschlandflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
Gesellschaft zerstört, was diese Gesellschaft sich in langen, mühevollen …« Später: »… Können wir nur hoffen, daß dieses Mal bessere Entschlüsse gefaßt, eine bessere Koordinierung getroffen werden als damals, an jenem Schwarzen Olympiatag, der genauso strahlend begann! Damals ging es um einen weltweiten Konflikt – Araber bedrohten die internationalen Sportler friedliebender Nationen – und damals lag alle Entscheidungsgewalt in den Händen eines einzigen, ehrgeizig darauflos experimentierenden Polizeichefs. Die internationale Affäre fiel in die lokale Kompetenz des Freistaates Bayern!« Und: »All unsere hoffenden Gedanken sind in diesem Augenblick an Bord der ›Steppenadler‹, die irgendwo über Deutschland umherirrt …«
    Ehe Blochs ›Steppenadler‹ vom Rhein aus nach Südosten schwenkte, wurde unter der rechten Tragfläche kurz der Loreley-Felsen sichtbar. Gleichzeitig zog auf der Backbordseite in der Ferne der Altrheinarm des Kühkopfes vorbei.
    Diese beiden Punkte standen zu ihm in Beziehung. Hätte er Radaraugen gehabt, so hätte er in diesem Augenblick einen alten Buick durch die Knoblochsaue fahren sehen. Und dort, wo bei St. Goar und St. Goarshausen der Rhein durch den Loreley-Schieferfelsen auf knappe zweihundert Meter zusammengedrückt wird, dort, bei der Burg Rheinfels, in der nassauischen Grafschaft Katzenelnbogen, fuhr ein weißer Vergnügungsdampfer stromabwärts.
    Und darauf saß seine Frau mit dem Studenten Ronald Wittekop, dem diese Bekanntschaft von Burg zu Burg gleichzeitig rätselhafter und atemberaubender wurde.
    »Mit dir kann man einfach alles machen!« stellte er mit naiver Kindlichkeit fest. »Und das jederzeit!«
    Sie hatten sich in einem der Rettungsboote der ›Schönes Deutschland‹ versteckt. Während unmittelbar unter ihnen die Fahrgäste spazierten und plauderten, saßen sie unsichtbar über ihnen, verdeckt durch Bootswände und Davits-Trossen.
    »Warum auch nicht!« sagte sie. »Wenn es doch Spaß macht? Jederzeit?«
    Er hatte seinen Arm um sie und seine Hand zwischen ihre Schenkel gelegt. Das Parfüm ihres Nackens, das sie inzwischen schon wieder neu aufgelegt hatte, strömte einen herben Mandelduft aus, der ihn wahnsinnig machte. Er küßte ihre feuchten Lippen.
    »Fühlst du dich wohl?« fragte sie. »Wenn ja, mach mir ein paar Komplimente. Sag, daß meine Haut seidenweich ist und wie Ebenholz, was immer das bedeuten mag.«
    »Deine Haut ist seidenweich und wie Ebenholz!« sagte er.
    Sie sah, fast verträumt, einem Flugzeugkondensstreifen nach, der, genau über ihnen, scharf nach Südosten abdrehte. Die Fahrgäste stimmten, unsichtbar, Heines Lied an. Nicht durch den Kondensstreifen, sondern durch diese obligatorische Gesangseinlage wurde sie an ihren Mann erinnert.
    »Das Schwein!« murmelte sie leise. »Jetzt liegt er bei seiner neuesten Super-Geliebten, das steht fest!«
    »Bitte?« flüsterte Ronald und biß zärtlich an ihr Ohrläppchen.
    »Du machst mich ganz wild mit deiner Hand!« sagte sie. »Auf der nächsten Station steigen wir aus. Vorausgesetzt, es gibt Schilf und Gebüsch am Ufer!«
    »… das geht mir nicht aus dem Sinn!« grölte die Menge.
    Einmal, bei der einzigen Rheinfahrt, die sie jemals zusammen gemacht hatten, hatte Chris verraten: ›Das Lied ist von Heine, einem Juden. Aber nicht mal im Dritten Reich hat man uns davon abgehalten, es hier zu singen! Du siehst, so schlimm war das damals alles gar nicht!‹
    »Fester!« flüsterte sie. »Mach mich so wild, wie du nur willst!«
    Oben verwehte der Jetstream die Kondensstreifen.
    Bloch sagte: »Wenn es wirklich hart auf hart geht, Mahlberg, dann gebt ihr Jungen eher auf als wir Alten. Das ist eine Erfahrungstatsache! Wir sind zäher! Wir hängen auch mehr am Leben, weil wir nicht mehr so viel davon übrig haben. Wir wissen, was Überlebenskampf heißt. In dem Alter, in dem ihr in den Diskotheken gehockt und gerockt habt, da sind wir in Knobelbechern durch russische Sümpfe marschiert.«
    Mahlberg wirkte müde; Bloch hatte diesen Zustand flüchtig, aber richtig registriert. Aber Mahlbergs Müdigkeit war mehr seelischer Natur; er hatte nicht das geringste Bedürfnis nach einer Diskussion. Gelegentlich hatte er sich zu Brinkmann zurückgewendet; aber der Bordingenieur brütete hartnäckig über Möglichkeiten des Bombenversteckens.
    Der Kopilot hielt Bloch für einen ausgezeichneten, bewundernswerten Mann in seinem Beruf. Im Privatleben würde er keine fünf Minuten zusammen mit ihm

Weitere Kostenlose Bücher