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Deutschlandflug

Titel: Deutschlandflug Kostenlos Bücher Online Lesen
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glücklicher als über einen Sonnenuntergang westlich von Lissabon?
    Das freilich konnte Margot auch jetzt nicht glauben. Sie erschien im Cockpit:
    »Man wollte mich sprechen?«
    Bloch drehte sich um – weiter, als er das normalerweise tat. (Bei derartigen Verrenkungen spürte er die Rheumastiche im linken Bein, hervorgerufen durch die früheren primitiven Frischluftanlagen auf der Super-Constellation und Boeing 707).
    »Ist der Film, wie hieß er noch, zu Ende?«
    »›Papillon‹ – ja.«
    »Kein sehr erbaulicher Film – in unserer Situation …«
    »Ja, ich weiß!« Sie biß sich auf die Unterlippe. »Ehrlich gesagt, ich hab' nicht einmal gewußt, wie er heißt, der Film. Es hätte auch nichts geändert: Ich kenne ihn nicht.«
    »Wie er ist – das hätten Sie nicht zu wissen brauchen. Wie er heißt – schon.« Bloch genoß seine eigene Korrektheit. »Aber als Sie nun merkten, wie er war … hätte man ihn da nicht besser abgeschaltet, Frau Gundolf?«
    »Das haben wir uns auch überlegt – bei all den angeketteten Sträflingen und so. Aber dann fanden wir: Das wäre nicht gut, jetzt ein defektes Vorführgerät vorzutäuschen.«
    »Weshalb nicht?«
    »Schauen Sie: Wir versuchen doch dauernd, unseren Passagieren Vertrauen einzuflößen. Vertrauen in unsere Polizei. Vertrauen in unsere Besatzung. Vertrauen in unsere Technik. Alles funktioniert ausgezeichnet. Wir stürzen nicht ab. Aber wenn schon das simple Filmvorführgerät nicht funktioniert – was soll man dann von der Maschine als Ganzes halten? Das haben wir uns überlegt – und den Film laufen lassen!«
    Bloch dachte intensiv nach. Dann nickte er anerkennend, versuchte, die anerkennende Gebärde halbwegs rückgängig zu machen, sagte nur:
    »Okay, Frau Gundolf. Alles in Ordnung.«
    Sie sah sich prüfend im Cockpit um. Ihr schien, als meide jeder ihren Blick. Sie fragte:
    »Wie weit sind wir denn nun eigentlich? In bezug auf unser Problem?«
    Bloch entschloß sich, klaren Wein einzuschenken. »Ihre Kolleginnen sollten Sie verschonen. Genauso wie die Passagiere!«
    Margots Stimme klang erstaunlich fest, als sie danach fragte: »Und … was wird jetzt … mit uns?«
    »In drei Stunden müssen wir landen!« sagte Mahlberg unbarmherzig.

30
    »Die Tagesschau!« meinte Rut verächtlich. »Die hat mir noch gefehlt am schönen deutschen Rhein! Komm, Ron, wir machen zurück zur Anlegestelle. Die Rückfahrt möchte ich nicht versäumen.«
    Über dem Durchgang zu den Innenräumen hing das Fernsehgerät.
    Ronald warf einen kurzen Blick darauf und wollte sich erheben. Plötzlich hielt Rut ihn zurück.
    Über die Scheibe flimmerte ein Bild ihres Mannes. Eine Aufnahme aus früheren Zeiten, aufgenommen während eines Urlaubs auf Bali, markante Züge, zwingende Augen unter schweren Brauen, tiefdunkel gebräunte Haut.
    Flugkapitän Bloch, führte der Sprecher aus, kreise nun bereits seit acht Stunden mit der Bombe an Bord über Deutschland. Dann folgten Bilder des Massakers auf Otto Lilienthal.
    Rut sprang auf. Auf ihrem Gesicht standen Verwirrung und Schreck. Ronald starrte sie verblüfft an.
    »Mein Mann fliegt!« murmelte sie. »Und ich denke, er amüsiert sich bei seiner Geliebten!«
    Ohne ihren Begleiter weiter zu beachten, stürzte sie ins Café. Wo sie hier telefonieren könne? Wenn sie sich fünf Minuten gedulde, im Nebenraum. Es werde aber gerade ein dringendes Ferngespräch mit Stuttgart geführt. Ihr Gespräch sei dringender, schrie sie. Wo die nächste Zelle sei? Keine vierzig Meter weiter an der ersten Querstraße, die von der Kastanienallee rechts ab führe!
    Sie jagte im Laufschritt davon.
    Ronald Wittekop sollte sie erst zwei Stunden später im Städtischen Krankenhaus von Niederlahnstein wiederfinden.
    Jason und Kaller hatten sich getroffen, als sie den Ablauf der Polizeiaktion aus einem der Räume des Flughafens beobachten wollten. Auf den Ausgang reagierten beide, ihrer unterschiedlichen Wesensart gemäß, konträr.
    In Jan Kaller staute sich eine triumphierende Wut auf seinen Erzfeind Querholz. Er formulierte bereits die Schlagzeilen, unter denen er in sämtlichen zur Verfügung stehenden Blättern den Polizeipräsidenten fertigmachen würde. › Wildwest auf Otto Lilienthal‹! Unserem Polizeipräsidenten, der sich bereits mehrfach durch Mißerfolge auszeichnete, ist gestern der Coup seines Lebens gelungen: 5 Tote, 1 Schwerverletzter. Und keine Flugzeugskizze! Oder: ›5 Tote und kein Erfolg, weil er Staubwedel und Weihrauch ablehnte‹!

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