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Deutschlandflug

Titel: Deutschlandflug Kostenlos Bücher Online Lesen
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wie vor zehn Stunden aus. Mehr so wie eine verschlafene, um Stunden zu früh geweckte Ehefrau im schäbigen Morgenrock, mit verwirrtem Haar, ungeschminkt, so, wie ein Mann eine Frau niemals sehen sollte. Er schwieg.
    Der harte Tag hatte seine Spuren nicht nur auf Ullas Gesicht hinterlassen. Ihre einst so strahlend gelben Hosen waren mit einem wirren Muster von Kohlepapierschwärze, Farbbandblau, Kaffeebraun und Maschinenöl überzogen.
    Sie bereitete ihm den letzten Kaffee des grausamen Tages. Anderthalb Stunden hatte er noch durchzuhalten. Dann durfte er zusammenbrechen; sie wagte nicht an das trostlose Ende zu denken. Wenn sie einmal die entsetzliche Geschichte dieses deutschen Frühlingstages schreiben würde – sie würde nur die Kaffeerezepte notieren, deren Stärke sich von Katastrophenmeldung zu Katastrophenmeldung gesteigert hatte …
    Als Assistentin hatte sie kaum Einfluß auf seine Entschlüsse gehabt. Ihr einziges Verdienst war, daß er diesen Terror durchgehalten hatte.
    Während der Mechaniker Kontakt mit der ›Steppenadler‹ aufnahm, suchte sie im Kaffeeschrank das letzte Ei hervor. Sie brauchte es für ihre Kaisermelange, mit der sie radikal die letzten Lebensgeister hervorlocken wollte. Sorgfältig löste sie das Eigelb heraus und bettete es in einen Glaskelch. Sie gab einen Kaffeelöffel Honig dazu.
    »Hast du meinen Kognak gesehen, Allermännchen?«
    »Ich habe dem Misch gerade einen eingeschenkt!«
    Er reichte ihr die Flasche zurück, und sie gab einen guten Eßlöffel ins Glas. Den Inhalt verquirlte sie mit zwei Eßlöffeln Tubensahne. Dann goß sie heißen Kaffee darüber – den stärksten, den sie bisher aufgebrüht hatte.
    War es nicht geradezu pervers, in einer derartigen Katastrophensituation an Kaffee zu denken? Der Rückzug in den Koffeinbereich half ihr, unzumutbare Belastungen zu ertragen.
    »Ihre Kaisermelange!« Sie servierte ihrem Chef den Höllentrank. »Der letzte Kaffee vor der Landung.«
    Wenn sie Kaffee sagte, betonte sie das Wort stets auf der ersten Silbe. Ihr Chef hatte sich einmal wild gebärdet, als sie das Wort, im Stil der siebziger Jahre, auf der letzten Silbe betonte.
    »Typisch neureich!« hatte sich Thomas mokiert. »In einem Café sitzt man, Kaffee trinkt man. Aber natürlich, der Wohlstandsgesellschaft ist Kaffee nicht mehr vornehm genug. Sie frißt ihre Schinkenstullen ja auch nur noch, wenn sie als Ham-sandwiches angepriesen werden! Aber ich hätte gern einen simplen Kaffee! Mir ist er gut genug! Ich finde ihn köstlich – vorausgesetzt, Sie bereiten ihn, Ulla!«
    Misch sagte:
    »Also, ich habe hier die Gesammelten Werke aufgeschlagen. Es gibt da genau vier Bolzen, die zu lösen sind. Dann können Sie die Klarsichtscheibe abheben und mit der Hand hineinlangen. Ich beschreibe Ihnen jetzt mal, wie Sie den Notsender mit sechs Griffen von oben lösen und ins Cockpit heben können.«
    »Prima!« sagte Bloch. Er hatte schon wieder eine Spur von Ironie zurückgewonnen. »Das alles läßt sich doch nur verwirklichen, wenn die Kabine druckfrei ist. Also am Boden!«
    »Natürlich!« bestätigte Misch so harmlos, als habe er überhaupt noch nicht daran gedacht, daß die ›Steppenadler‹ sich in der Luft befindet.
    »Na, beschreiben Sie trotzdem!«
    Blochs Stimme klang fast gönnerhaft. In Wirklichkeit fieberte er dem rettenden Gedanken entgegen. Misch beschrieb das Verfahren.
    »Danke!« sagte Bloch kurz und schaltete sich wieder ab.
    »Jetzt ist er weg!« stellte Thomas mit kindlicher Verblüffung fest.
    »Mehr kann ich auch nicht tun!«
    Misch zuckte bedauernd die Schultern. Er klappte seine Schnellhefter zu.
    Die technische Beschreibung eines Ziviljets füllte mehrere dicke Aktenordner aus. Aus ihnen hätte man Seite um Seite zitieren können, ohne daß selbst ein technisch versierter Interessent auch nur einen Satz verstanden hätte, selbst, wenn er die englische technische Fachsprache verstanden hätte. Für jede Anordnung, die auf diesen Seiten stand, war bei den Flugzeugwerken das abgezeichnete Original hinterlegt worden. Wollte eine Fluggesellschaft aufgrund persönlicher Erfahrungen auch nur eine einzige Bezeichnung, ein einziges Verfahren geändert und in die Vorschriften aufgenommen haben, so bewirkte ein solcher Antrag einen Schriftwechsel, gegen den Simmels Romane ein dünnes Bändchen waren. Die Summen, die nötig waren, um einen einzigen technischen Begriff zu ändern, gingen in die Zehntausende.
    »Also gut!« sagte Bloch knapp. »Wir gehen jetzt

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