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Deutschlandflug

Titel: Deutschlandflug Kostenlos Bücher Online Lesen
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Stunde um Stunde gewissenhaft seine Routinehandlangerdienste ausgeführt hatte. Angst: Wo hielt sie sich eigentlich auf? Hing sie über einem wie ein Damoklesschwert? Steckte sie in irgendeinem Organ? Wo? Im Koronarsystem? Lauerte sie festgeklammert am Zwerchfell? Sprungbereit wie ein Luchs? Breitete sie sich quallenartig im Gehirn aus, lähmend und zerstörerisch?
    Er brauchte Selbstbestätigung; er mußte seine eigene Stimme hören als Beweis. Er sagte:
    »Möchte wissen, wer Ihnen eigentlich diese Bombe in die Tasche geschmuggelt hat. Und wo!«
    Seltsamerweise hatte sich bisher keiner komplizierte Gedanken über diesen Fall gemacht.
    Und erst jetzt hatte Bloch absolute Gewißheit! Es gab keinen Zweifel mehr. Er hatte an einem der Instrumente einen Fetzen Fleisch entdeckt. Erst war er zurückgezuckt: War jemand ernsthaft verletzt worden? Dann erkannte er das Objekt in seiner ganzen Banalität: ein Stück Kochschinken, wie er es als Belag für seine Sandwiches liebte, nicht zu fett, nicht zu mager.
    Rut mochte ihm die widerlichsten Szenen vor der Trennung machen. Nie versäumte sie, ihm eine seiner Lieblingssandwichkombinationen einzupacken: Graubrot mit Kochschinken, körniges Spessartbrot mit Hausmacherleberwurst. Er sah darin keinesfalls einen Akt der Sympathie. Sie wollte damit demonstrieren: Du behandelst mich schäbig, und sieh, wie ich an dich denke!
    Natürlich war das kein Beweis. Aber er erinnerte sich, daß er außerplanmäßig flog. Zum Zeitpunkt der Bombendetonation wäre er bei, ja, bei Karin gewesen. Rut konnte gar nicht wissen, daß er flog! Das hätte sie nie riskiert, ein Bombenattentat an Bord! Aber bei seiner Geliebten, der verhaßten?
    »Also – was ist mit der Bombe?« drängte auch Brinkmann. Beide sahen ihn durchdringend an.
    »Hören Sie!« Seine gewohnte Sicherheit schien ihn im Stich zu lassen. »Ich weiß, wer mir diese Bombe … Sie war ja relativ harmlos, nicht? Mehr ein Silvesterscherz … Ich weiß, wer sie mir in die Tasche gepackt hat. Über diesen Knallfrosch, sorry, Brinkmann, Sie haben sich dabei verletzt, aber darüber unterhalten wir uns später. Jetzt geht es um verdammt scheißernste Sachen!«
    »Ich seh' keinen Ausweg!«
    Mahlberg pflichtete bei: »Ich auch nicht!«
    Bloch hatte das Gefühl einer Verschwörung. Als trage er Schuld an der bevorstehenden Katastrophe! Er erläuterte ihnen seine Absichten für die letzte Stunde. Sie nickten, ohne große Überzeugung. Hatten sie bessere Vorschläge? Nein, das war nicht ihr Metier!
    Er bückte sich, um ein paar Metallsplitter im Sitzbezug zu entfernen, die ihn in den linken Oberschenkel stachen.
    »Leuchten Sie doch bitte mal, Mahlberg!« bat er.
    Der Kopilot zerrte seine Taschenlampe aus der Halterung, richtete sie auf den Unterleib Blochs, justierte: »So richtig?«
    »Fast! Okay … so!«
    Der Taschenlampenkegel fiel auf die Bodensektion zwischen Blochs Füßen. Durch die Wucht der Detonation war die Verkleidung weggerissen worden. Der Kunststoffbelag verdeckte ein Schauglas, durch das der fest montierte Notsender sichtbar wurde. Er hing im druckfreien Teil des Bugs und war unter normalen Umständen weder sichtbar noch erreichbar. Erreichbar war er auch jetzt nicht; aber als Bloch ihn hinter dem dicken Panzerglas im Lichtschein sah, wurde er sich zum erstenmal seiner Existenz bewußt.
    »Ist was, Captain?«
    Mahlberg sah ihn gespannt an. Gedankenverloren biß Bloch sich auf die Unterlippe. Eigentlich war nichts; aber er vergaß die Metallsplitter.
    »Da hat's ganz schön den Boden aufgerissen!« kommentierte Brinkmann, der sich vorgebeugt hatte. »Aber das ist nur der Belag, der ist weg. Keine Angst, das Panzerglas hält!«
    »Leider!« entfuhr es Bloch unwillkürlich.
    Plötzlich schaltete etwas in seinem Gehirn auf höchste Alarmstufe. Wenn es überhaupt noch eine Möglichkeit für eine versteckte Bombe gab, dann hier! Er griff zur eigenen Taschenlampe und versuchte, durch die nur faustgroße Schauscheibe den Raum mit dem Notsender auszuleuchten. Der Notsender konnte nur durch eine Klappe von außen montiert werden. Zuständig dafür war der Mann von Rettung & Sicherheit.
    »Ich glaube, unser Captain hat die Bombe entdeckt!« mutmaßte Brinkmann hoffnungsvoll.
    »Nicht die Bombe! Aber eine Möglichkeit, wo sie versteckt sein könnte!«
    »Unter dem Notsender?« mutmaßte Brinkmann. »Im Notsender?« stieß Mahlberg nach.
    Allgemeine Erregung ergriff die Cockpitcrew.
    »Rufen Sie sofort die Zentrale!« ordnete Bloch an.

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