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Dexter

Dexter

Titel: Dexter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Lindsay
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war angesichts der allgemeinen Umstände nicht besonders schlimm. Nur eine kleine Erniedrigung, mit leichter Hand auf den riesigen Stapel größerer Schwierigkeiten geworfen, und gut möglich, dass meine neu erworbene, semimenschliche Empfindsamkeit mich dazu brachte, es schwerer als nötig zu nehmen … Aber ehrlich: Ferkel? Ich, Dexter? Mit sauberen Gliedern, voller Spannkraft, in den zahlreichen Feuern des Lebens gestählt? Das musste ich von mir weisen, und ich schickte Chutsky eine kurze mentale Botschaft, beim Schuss auf Alana besondere Sorgfalt walten zu lassen, damit sie ein wenig länger lebte und litt.
    Selbstverständlich bewegte ich mich gleichzeitig mit hocherhobenen Händen nach unten zum Fluss.
    Am Ufer blieb ich stehen und musterte Alana und ihre Schrotflinte. Sie winkte mir ermutigend zu. »Nur zu«, rief sie. »Über das Fallreep, du Lahmarsch.«
    Mit einer Waffe kann man nicht diskutieren, deshalb trat ich auf das Reep. Durch mein Hirn wirbelten unmögliche Ideen. Unter dem Schiff durchtauchen, außer Reichweite der Waffe, und dann – was? Ein paar Stunden die Luft anhalten? Den Fluss hinunterschwimmen und Hilfe holen? Weitere mentale Botschaften senden und auf Rettung durch einen paramilitärischen Trupp von Telepathen hoffen? Mir blieb wirklich keine andere Wahl, als über das Fallreep an Bord der
Vengeance
zu gehen. Also tat ich es. Es war alt und aus wackligem Aluminium, weshalb ich mich an einem ausgefransten Seil festhalten musste. Einmal glitt ich aus und klammerte mich an das Seil, während das ganze klapprige Gestell ins Rutschen geriet. Doch in viel zu kurzer Zeit stand ich auf dem Deck, wo drei Schrotflinten auf mich zielten – und Alana Acostas blaue, leere Augen, die wesentlich dunkler und tödlicher waren als die Mündungen der Waffen. Sie stand viel zu dicht vor mir, als ihre Lakaien mir die Hände auf den Rücken fesselten, und sie musterte mich mit einem Wohlwollen, das ich äußerst beunruhigend fand.
    »Wunderbar. Das wird Spaß machen. Ich kann es kaum erwarten.« Sie wandte sich ab und sah hinüber zu den Eingangstoren des Parks. »Wo
bleibt
dieser Mann?«
    »Er wird kommen«, versicherte Bobby. »Ich habe sein Geld.«
    »Er sollte sich lieber sputen«, murrte Alana mit einem Blick auf mich. »Ich mag es nicht, wenn man mich warten lässt.«
    »Mir macht das wirklich gar nichts«, versicherte ich.
    »Ich würde eigentlich gern anfangen«, meinte Alana. »Die Zeit drängt ein bisschen.«
    »Tun Sie dem Mädchen nicht weh«, wiederholte Deborah, diesmal durch die Zähne.
    Alana wandte ihre Aufmerksamkeit Deborah zu, was schön für mich war, aber ich hatte das Gefühl, dass es für meine Schwester sehr unangenehm werden konnte. »Wir sind wirklich ein wenig muttergluckig, was dieses Schweinchen angeht, nicht wahr?« Alana trat einen Schritt auf Debs zu. »Wie kommt das, Sergeant?«
    »Sie ist nur ein Mädchen«, sagte Deborah. »Ein Kind.«
    Alana lächelte, ein breites Lächeln, das Hunderte perfekter weißer Zähne enthüllte. »Sie scheint zu wissen, was sie will«, bemerkte sie. »Und da wir dasselbe wollen – wem schadet es?«
    »Das kann sie unmöglich wirklich wollen«, zischte Deborah.
    »Aber sie tut es, meine Liebe«, sagte Alana. »Einige sind so. Sie wollen gegessen werden – fast ebenso sehr, wie ich sie essen will.« Ihr Lächeln war strahlend und nahezu echt. »Man könnte fast an einen wohlwollenden Gott glauben, nicht wahr?«
    »Sie ist nur ein verstörtes Kind«, widersprach Deborah. »Sie wird darüber hinwegkommen – sie hat eine Familie, die sie liebt, und sie hat noch ihr ganzes Leben vor sich.«
    »Und überwältigt von Schuldgefühlen, sollte ich sie nun einfach gehen lassen«, schnurrte Alana. »Familie und Kirche, Welpen und Blumen, wie reizend Ihre Welt doch sein muss, Sergeant. Für den Rest von uns ist sie leider ein wenig düsterer.« Sie warf einen Blick auf Samantha. »Obgleich sie natürlich ihre Momente hat.«
    »Bitte«, flehte Deborah, die ich noch nie so verzweifelt und verletzlich erlebt hatte. »Lassen Sie sie gehen.«
    »Ich denke nicht«, erwiderte Alana knapp. »Tatsächlich bin ich von all dieser Aufregung ein wenig hungrig geworden.« Sie nahm ein scharfes Messer vom Tisch.
    »Nein!« Deborahs Stimme war nur noch ein verzweifeltes Krächzen. »Gott soll Sie strafen, nein!«
    »Ich fürchte doch«, antwortete Alana und musterte sie mit kühler Belustigung. Zwei Wachen hielten Deborah fest, und Alana sah amüsiert zu, wie sie

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