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Dexter

Dexter

Titel: Dexter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Lindsay
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sich wehrte. Ein Auge weiter auf meine Schwester gerichtet, trat sie zu Samantha und hob das Messer. Ein wenig unschlüssig, wie mir schien.
    »Den Metzger-Teil bekomme ich nie richtig hin«, klagte sie. Bobby und sein Gefolge scharten sich kichernd um sie – wie kleine Kinder, die sich in einen Film schleichen. »Das ist der einzige Grund, warum ich die Unverschämtheiten dieses Mistkerls dulde«, erklärte Alana. »Er kann das ausgezeichnet. Aufwachen, Schweinchen.« Sie versetzte Samantha eine Ohrfeige, und Samantha hob den Kopf und schlug die Augen auf.
    »Isses so weit?«, nuschelte sie benommen.
    »Nur ein kleiner Imbiss«, erklärte Alana, doch Samantha lächelte. Ihre Benommenheit verriet, dass man sie erneut unter Drogen gesetzt hatte, aber diesmal wenigstens nicht mit Ecstasy.
    »Toll, okay«, murmelte sie. Alana musterte erst sie und dann uns.
    »Komm, mach schon«, sagte Bobby.
    Alana lächelte ihm zu, dann fuhr ihre Hand hoch und ergriff Samanthas Arm. Alles ging so schnell, dass ich fast nichts außer dem Aufblitzen der Klinge sah, und ehe ich auch nur zwinkern konnte, hatte sie ein Stück vom Trizeps des Mädchens entfernt.
    Samantha gab ein Geräusch zwischen Grunzen und Stöhnen von sich, das weder von Schmerz noch von Vergnügen zeugte, sondern von irgendetwas dazwischen, ein Aufschrei schmerzvoller Erfüllung. Es ging mir durch und durch, meine Nackenhaare sträubten sich, und dann explodierte Deborah in wildem Zorn, eine der Wachen landete krachend auf dem Deck, während der andere die Schrotflinte fallen ließ und sich verzweifelt an sie klammerte, bis der Muskelprotz einschritt und Debs mit seiner Riesenfaust zu Boden schlug. Sie sank in sich zusammen wie eine Stoffpuppe und blieb reglos liegen.
    »Bringt den braven Sergeant nach unten«, befahl Alana. »Und vergewissert euch, dass ihre Fesseln halten.« Die beiden Lakaien packten Deborah und schleiften sie in die Kabine. Es gefiel mir absolut nicht, wie leblos und schlaff sie zwischen ihnen hing, und gedankenlos trat ich einen Schritt auf sie zu. Doch ehe ich viel mehr tun konnte, als mit den Zehen in ihre Richtung zu wackeln, hob der riesige Muskelmann die Schrotflinte auf und stieß sie mir gegen die Brust, weshalb ich nur noch hilflos zusehen konnte, wie man meine Schwester zum Aufgang und in die Kabine schleppte.
    Der Muskelprotz stupste mich mit der Waffe, damit ich mich zu Alana umdrehte, die soeben den Deckel vom Grill hob und die Scheibe Samantha auf dem Rost plazierte. Es zischte, und eine kleine Rauchfahne kräuselte sich in der Luft.
    »Oh«, Samanthas Stimme klang gedämpft, wie aus weiter Ferne. »Oh, oh.« Sie wiegte sich vor und zurück, soweit ihre Fesseln es zuließen.
    »In zwei Minuten wenden«, wies Alana Bobby an, dann kehrte sie zu mir zurück. »Nun, Ferkel«, begann sie und kniff mich in die Wange; nicht gerade wie eine liebende Großmutter, sondern eher wie ein Kunde, der die Qualität der Koteletts prüft. Ich versuchte, zurückzuweichen, was nicht so einfach war, wie es klingen mag, da ein sehr großer Mann mir den Lauf einer Schrotflinte in den Rücken bohrte.
    »Warum nennen Sie mich ständig so?«, fragte ich. Es klang weinerlicher als beabsichtigt, aber meine Position war im Moment wahrlich nicht sonderlich stark, von der moralischen Überlegenheit einmal abgesehen.
    Meine Frage schien Alana zu amüsieren. Sie ergriff mit beiden Händen meinen Kopf und schüttelte ihn hin und her. »Weil du mein
Ferkel
bist. Und ich werde dich
verschlingen,
Liebling.«
    In ihrem Blick zeigte sich kurz ein sehr reales Glitzern, und der Passagier flatterte erschrocken mit den Schwingen.
    Ich würde gern behaupten, dass ich schon in schlimmeren Klemmen gesteckt und immer einen Ausweg gefunden hatte. In Wahrheit jedoch konnte ich mich nicht erinnern, mich je so verwundbar gefühlt zu haben. Wieder einmal stand ich gefesselt und hilflos vor einem Raubtier, das noch tödlicher war als die Waffe in meinem Rücken. Was meine Gefährten betraf, war Deborah bewusstlos oder Schlimmeres, und Samantha hatte sich buchstäblich gehackt gelegt. Dennoch blieb mir ein letzter kleiner Trumpf: Ich wusste, dass Chutsky dort draußen war, bewaffnet und gefährlich, und solange er lebte, würde er nicht zulassen, dass Debs – und in der Erweiterung mir – etwas zustieß. Falls ich Alana lange genug in ein Gespräch verwickeln konnte, würde Chutsky erscheinen und uns retten.
    »Sie haben Samantha«, erwiderte ich, so vernünftig es mir möglich

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