Dexter
war. »Das reicht doch völlig.«
»Ja, aber sie
will
gegessen werden«, sagte Alana. »Es schmeckt viel besser, wenn derjenige nicht will.« Sie warf einen Blick auf Samantha, die wieder »Oh« seufzte. Sie hatte die Augen weit aufgerissen, und in ihrem auf den Grill gehefteten Blick lag etwas Wildes, das ich nicht zu identifizieren vermochte.
Alana lächelte und tätschelte mir die Wange. »Das bist du uns schuldig, Liebling. Für deine Flucht und den ganzen Ärger. Außerdem brauchen wir ein männliches Ferkel.« Sie runzelte die Stirn. »Du wirkst ein bisschen sehnig. Eigentlich sollten wir dich ein paar Tage marinieren. Aber die Zeit reicht nicht, und ich liebe ein schönes Männerkotelett.«
Ich gebe gern zu, dass weder Anlass noch Ort meine Neugier rechtfertigten, aber schließlich musste ich Zeit schinden. »Was meinen Sie damit, dass die Zeit nicht reicht?«
Sie sah mich ausdruckslos an, und irgendwie wirkte der völlige Mangel an Gefühlen noch weit beunruhigender als ihr künstliches Lächeln. »Das ist die letzte Party. Danach muss ich wieder einmal
fliehen,
fürchte ich. Wie damals aus England, als die Behörden zu dem Schluss kamen, dass zu viele Illegale verschwanden.« Sie schüttelte nachdrücklich den Kopf. »Dabei habe ich gerade erst begonnen, den Geschmack von Wanderarbeitern zu goutieren.«
Samantha grunzte, und ich sah mich um. Bobby stand vor ihr und zog in aller Ruhe sein Messer über ihre teilweise entblößte Brust, als würde er seine Initialen in einen Baumstamm ritzen. Sein Gesicht berührte beinah das ihre, und sein Lächeln hätte Rosen verdorren lassen.
Alana seufzte und schüttelte nachsichtig den Kopf. »Du sollst nicht mit dem Essen spielen, Bobby, du sollst dich um das Fleisch kümmern. Dreh es um, Lieber«, mahnte sie. Er sah sie an und legte widerstrebend das Messer beiseite, ergriff eine lange Gabel und wendete das Fleisch auf dem Grill. Samantha stöhnte wieder. »Und stell etwas unter die Wunde«, befahl Alana und wies mit dem Kopf auf die wachsende Lache aus rotem, widerlichem Blut, das von Samanthas Arm tropfte. »Das Deck sieht schon aus wie ein Schlachthaus.«
»Ich bin doch nicht dein Scheiß-Aschenputtel«, erwiderte Bobby aufgeräumt. »Hör mit diesem blöden Stiefmutterscheiß auf.«
»Stimmt, aber deshalb können wir doch trotzdem ein wenig Ordnung halten, nicht wahr?«, sagte sie.
Er zuckte die Achseln, aber es war offensichtlich, dass sie einander so zugetan waren, wie es bei Ungeheuern nur möglich ist. Bobby nahm einen Topf von dem Regal unter dem Grill und stellte ihn unter Samanthas Arm.
»Ich habe Bobby tatsächlich wieder in die Spur gebracht«, sagte Samantha, und ich meinte, eine Spur von Stolz in ihrer Stimme zu erkennen. »Er hatte von nichts eine Ahnung, und es kostete seinen Vater ein kleines Vermögen, die Scherben zu beseitigen. Joe hat es einfach nicht begriffen, der arme Schatz. Er dachte, er hätte Bobby alles gegeben – aber nicht das eine und Einzige, nach dem Bobby sich sehnte.« Sie sah mich direkt an, ihre Zähne funkelten. »Das hier«, schloss sie mit einer Geste zu Samantha, dem Messer, dem Blut auf dem Deck. »Sobald er das erste Mal ein Stückchen Menschenfleisch und die Macht, die damit einhergeht, gekostet hatte, lernte er, vorsichtig zu sein. Dieser miese kleine Club, das
Fang,
war Bobbys Idee. Eine reizende Möglichkeit, Mitglieder für den Zirkel zu rekrutieren, indem man die Kannibalen von den Vampiren trennte. Und die Küchenhilfen waren eine wunderbare Fleischquelle.«
Sie runzelte die Stirn. »Wir hätten dabei bleiben sollen, Immigranten zu verspeisen. Aber ich hatte Bobby so liebgewonnen, und er hat so nett darum gebeten. Die beiden Mädchen übrigens auch.« Sie schüttelte den Kopf. »Dumm von mir. Ich hätte es besser wissen müssen.« Sie drehte sich wieder zu mir um, erneut mit einem strahlenden Lächeln. »Aber wenigstens steht mir diesmal erheblich mehr Geld zur Verfügung, und außerdem spreche ich ein paar Brocken Spanisch, die ich zum Einsatz bringen sollte. Costa Rica? Uruguay? Irgendwohin, wo man Fragen mit Geld beantworten kann.«
Alanas Handy zirpte, und sie zuckte zusammen. »Hör sich einer an, wie ich mich hier verplaudere«, sagte sie mit einem Blick auf das Display. »Ah. Das wird auch verdammt noch mal Zeit.« Sie wandte sich ab und sagte etwas, lauschte einen Moment, antwortete und steckte das Handy wieder ein. »Cesar, Antoine«, sagte sie und winkte zwei der Schrotflintenheinis zu sich. Sie
Weitere Kostenlose Bücher