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Dexter

Dexter

Titel: Dexter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Lindsay
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Leben!«
    Und außerdem hatte ich nicht erwartet, ihn nach dieser kurzen, schwindelerregenden Begegnung jemals wiederzusehen. Ich hatte nicht einmal gewusst, ob er überleben würde. Das hatte er offensichtlich – aber warum war er zurückgekehrt? Ich hätte angenommen, es wäre sinnvoller, nie wieder aufzutauchen; Deborah würde sich mit Sicherheit an ihn erinnern. Ihre Begegnung gehörte zu denen, die man nie vergaß, und sie gehörte zu den Personen, die große berufliche Befriedigung daraus zogen, Leute wie ihn zu verhaften.
    Ich wusste sehr wohl, dass er nicht irgendwelcher sentimentalen Gefühle wegen zurückgekehrt war. Er hatte keine sentimentalen Gefühle. Warum also war er hier, und was sollte ich tun?
    Brian erreichte den Eingang und drehte sich mit fragendem Gesichtsausdruck zu mir um. Anscheinend sollte ich die Tür öffnen und ihn einlassen. Ich tat es; er deutete eine Verbeugung an und trat ein, und Cody und Astor stapften hinterher.
    »Was für ein reizendes Heim«, lobte Brian, während er sich im Wohnzimmer umsah. »So
wohnlich.
«
    Auf dem verschlissenen Sofa stapelten sich DVDs, auf dem Boden häuften sich Socken, und auf dem Couchtisch standen zwei leere Pizzaschachteln. Rita war fast drei Tage im Krankenhaus gewesen und hatte seit ihrer Rückkehr an diesem Morgen verständlicherweise nicht die Energie zum Aufräumen aufgebracht. Und obzwar ich eine ordentliche Umgebung zu schätzen weiß, war ich selbst viel zu abgelenkt gewesen, um etwas zu unternehmen, weshalb die Wohnung wirklich nicht allzu gut aussah. Tatsächlich herrschte schreckliche Unordnung.
    »Entschuldige«, sagte ich zu Brian. »Wir haben, äh …«
    »Ja, ich weiß, das segensreiche Ereignis«, erwiderte er. »In jedermanns Leben geht es mal häuslich zu.«
    »Was meint er damit?«, wollte Astor wissen.
    »Dexter?«, ertönte Ritas Stimme aus dem Schlafzimmer. »Ist das … ist jemand bei dir?«
    »Ich bin’s«, rief ich zurück.
    »Sein
Bruder
ist hier«, sagte Astor streitlustig.
    Stille setzte ein, die von einer Art panischem Geraschel unterbrochen wurde, und dann kam Rita heraus, während sie noch versuchte, ihr Haar mit der Hand glatt zu streichen. »Bruder?«, wiederholte sie. »Aber das … oh.« Abrupt blieb sie stehen und starrte Brian an.
    »Meine Liebe«, grüßte Brian mit messerscharfer, spöttischer Freude. »Wie reizend du bist. Dexter hatte schon immer ein Auge für Schönheit.«
    Ritas Hände flatterten zu ihrem Gesicht. »Oh Gott, ich sehe so furchtbar aus«, klagte sie. »Und das Haus ist … Aber Dexter, du hast nie erzählt, dass du einen Bruder hast, und das ist …«
    »Derselbe«, sagte Brian. »Ich möchte mich für die Unannehmlichkeiten entschuldigen.«
    »Trotzdem, dein
Bruder
«, wiederholte Rita. »Und du hast nie etwas gesagt.«
    Ich spürte, wie meine Kiefer sich bewegten, aber wie intensiv ich auch lauschte, ich konnte mich nichts sagen hören.
    Brian beobachtete mich einen Moment mit echtem Genuss, ehe er einsprang.
    »Ich fürchte, das ist meine Schuld«, sagte er schließlich. »Dexter hielt mich für tot.«
    »Das stimmt«, bestätigte ich und kam mir vor wie einer der Three Stooges, der seinen Einsatz verpasst hat.
    »Trotzdem«, wiederholte Rita, und obwohl es für Situationen wie diese kein Handbuch gibt, wusste ich mit ziemlicher Sicherheit, dass das letzte Wort in dieser Angelegenheit noch nicht gesprochen war. In der Hoffnung, uns zurück auf sicheres Terrain zu manövrieren, platzte ich mit dem einzigen Satz heraus, der mir einfallen wollte.
    »Könnten wir einen Kaffee haben?«, bat ich.
    »Oh.« Ritas verdrossene Miene verwandelte sich umgehend in einen Ausdruck erschrockenen Schuldbewusstseins. »Tut mir leid … Hättest du gern … Ich meine, ja, natürlich, bitte nehmt Platz.« Sie lief zum Sofa und entfernte den gesammelten Unrat mit einer Reihe rascher, präziser Bewegungen, der uns häuslich gesehen alle Ehre machte. »Hier«, sagte sie, während sie die Armladung Krimskrams neben dem Sofa stapelte und Brian herüberwinkte. »Bitte, setz dich doch, und … Oh, ich bin Rita.«
    Brian trat mit kühler Galanterie einen Schritt vor und ergriff ihre Hand. »Ich heiße Brian«, stellte er sich vor. »Aber setz dich doch, meine Liebe. Du solltest nicht so bald wieder auf den Beinen sein.«
    »Ach«, machte Rita, die tatsächlich errötete. »Aber der Kaffee, ich sollte doch …«
    »Dexter ist sicher kein so hoffnungsloser Fall, dass er keinen Kaffee kochen könnte«,

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