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Dexter

Dexter

Titel: Dexter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Lindsay
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handelte, er würde sich unter Berufung auf das Arztgeheimnis weigern, ihr Einblick in seine Akten zu gewähren, und immer so weiter, bis alle Trümpfe ausgespielt waren. Mir bliebe dann nur, danebenzustehen und mich zu fragen, warum wir nicht einfach zum Punkt kommen und zum Mittagessen gehen konnten.
    Ich wollte mir gerade einen Stuhl suchen, um mich mit einer Ausgabe von
Golf Digest
hinzufläzen und die Sache auszusitzen – als Deborah mich überraschte. Sie atmete tief durch und sagte: »Doktor, zwei junge Mädchen werden vermisst, und meine einzige Spur ist ein Mann, dessen Zähne so verändert wurden, dass er wie ein Vampir aussieht.« Sie atmete noch einmal durch und blickte ihm direkt in die Augen. »Ich brauche Hilfe.«
    Hätte sich die Decke aufgetan und ein Engelschor über uns »Achy Breaky Heart« angestimmt, ich hätte nicht verblüffter sein können. Eine Deborah, die sich öffnete, die so verwundbar wirkte, war absolut unerhört, und ich fragte mich, ob ich ihr nicht bei der Suche nach einem Therapeuten behilflich sein sollte.
    Dr. Lonoff schien ebenfalls darüber nachzudenken. Er blinzelte sie an und schaute dann zu Lloyd. »Das darf ich nicht«, erwiderte er und wirkte dabei noch jünger als dreißig. »Die Unterlagen sind vertraulich.«
    »Das weiß ich«, sagte Deborah.
    »Vampir?«, fragte Lonoff, zog seine Lippe zurück und zeigte auf seine Zähne. »Diese hier? Die Eckzähne?«
    »Genau«, bestätigte Deborah. »Wie Reißzähne.«
    »Das sind spezielle Kronen«, erläuterte Lonoff aufgeräumt. »Ich lasse sie bei einem Mann in Mexiko fertigen, ein echter Künstler. Danach erfolgt nur noch die Standardprozedur, aber ich muss sagen, das Ergebnis ist ziemlich beeindruckend.«
    »Haben Sie das schon öfter gemacht?«, erkundigte sich Deborah, die ein bisschen verblüfft klang.
    Er schüttelte den Kopf. »Vielleicht zwei Dutzend Mal.«
    »Ein junger Mann«, drängte Deborah. »Vermutlich nicht älter als zwanzig.«
    Lonoff schürzte die Lippen und dachte nach. »Vielleicht drei oder vier.«
    »Er nennt sich Vlad«, sagte Deborah.
    Lonoff schüttelte lächelnd den Kopf. »Den Namen kenne ich nicht. Aber ich wäre nicht überrascht, wenn sich alle so nennen. Ich meine, der Name ist bei dieser Sippschaft doch ziemlich beliebt.«
    »Ist es wirklich eine Sippschaft?«, platzte ich heraus. Die Vorstellung einer großen Zahl von Vampiren in Miami, ob nun echt oder vorgetäuscht, war doch ein wenig alarmierend – und sei es nur aus ästhetischen Gründen. Ich meine, ehrlich: diese ganze schwarze Kleidung? Das war nun doch wirklich zu New York, letztes Jahr.
    »Ja«, sagte Lonoff. »Es gibt ziemlich viele. Nicht alle wollen ihre Fänge richten lassen«, fügte er bedauernd hinzu und zuckte dann die Achseln. »Trotzdem, sie haben ihre Clubs und Raves und so weiter. Die Szene ist groß.«
    »Ich muss nur einen finden«, sagte Deborah, und jetzt schimmerte doch etwas von ihrer vertrauten Ungeduld durch.
    Lonoff sah sie an und nickte, wobei er unbewusst die Nackenmuskeln anspannte. Sein Hemdkragen hielt nur mit Mühe stand. Er stülpte die Lippen vor und sog sie wieder ein, dann fasste er ganz plötzlich einen Entschluss. »Lloyd, hilf ihnen dabei, die Rechnungen daraufhin durchzusehen.«
    »Wird erledigt, Doktor«, antwortete Lloyd.
    Lonoff streckte Deborah die Hand entgegen. »Viel Glück, äh – Sergeant.«
    »Richtig«, sagte Deborah und drückte sie.
    Dr. Lonoff hielt ihre ein wenig zu lang fest, und gerade, als ich dachte, jetzt würde Deborah sie wegreißen, lächelte er und setzte hinzu: »Wissen Sie, ich könnte Ihren Überbiss richten.«
    »Danke«, erwiderte Deborah und zog die Hand weg. »Mir gefällt er irgendwie.«
    »Mhm«, meinte Lonoff. »Nun, dann …« Er legte Lloyd die Hand auf die Schulter und kommandierte: »Hilf den beiden, ich habe einen Patienten.« Er wandte sich mit einem letzten verlangenden Blick auf Deborahs Überbiss ab und verschwand im hinteren Teil der Praxis.
    »Hier, bitte«, sagte Lloyd. »Im PC .« Er wies auf den Schreibtisch, an dem er bei unserem Eintreten gesessen hatte, und wir folgten ihm.
    »Ich brauche ein paar Parameter«, sagte er. Deborah zwinkerte und sah mich an, als wäre das ein Fremdwort – was es natürlich auch war, zumindest für sie, da sie kein Computer sprach. Deshalb sprang ich wieder einmal in die Bresche und rettete sie.
    »Unter vierundzwanzig«, gab ich an. »Männlich. Spitze Eckzähne.«
    »Hab dich«, jubelte Lloyd. Ich drehte mich

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