Dexter
sagte er zornig. »Es gibt absolut keinen Grund, sie zu, zu … Bitte«, flehte er mit weicherer Stimme. »Bitte lassen Sie sie frei. Was immer Sie wollen, lassen Sie sie einfach frei …« Dann wandte er sich mit verzerrter Miene ab. Captain Matthews trat vor und funkelte erneut den Saal an.
»Nun gut«, sagte der Captain. »Sie alle haben ein Foto von dem Mädchen. Samantha. Wir bitten Sie, uns zu helfen, indem Sie es veröffentlichen, und, äh, falls Leute sie sehen, Sie wissen schon, Bürger. Sie können die Hotline der Sonderkommission anrufen, die … Verbreiten Sie auch diese Nummer in den Medien. Und dann wollen wir hoffen, dass die Verbreitung des Fotos und der Nummer, äh, uns das Mädchen zurückbringt. Lebend.« Er richtete seinen unbezahlbaren Blick auf das Publikum, ein entschlossenes und männliches Starren direkt in die Kameras, und behielt es einen Moment bei, ehe er sagte: »Danke für Ihre Hilfe.« Dann blieb er noch einen Augenblick mit männlich gespanntem Kiefer stehen, um den Fotografen eine letzte gute Aufnahme seiner befehlsgewohnten Gesichtszüge zu ermöglichen, ehe er schloss: »Gut, das war alles«, und sich abwandte.
Wie vorherzusehen war, brach im Saal lautes Chaos aus, aber Matthews winkte nur ab und drehte sich zu den Aldovars, um ihnen tröstliche Worte zuzumurmeln, und das war es dann wirklich. Ich drängte mich zu Deborah durch, wobei ich unterwegs mehrere spitze Ellbogen in die Rippen bekam und auch selbst eifrig austeilte. Ich fand meine Schwester am Rand, wo sie einfach stand und die Fäuste ballte. Ihre Wangen hatten wieder ein wenig Farbe angenommen, und sie sah seltsam zerzaust aus, als wäre sie soeben aus einem schlechten Traum erwacht.
»Wenn ich das jemals wieder tun muss«, quetschte sie durch zusammengebissene Zähne, »gebe ich meine gottverdammte Marke ab.«
»Solltest du jemals wieder einen Versuch starten«, entgegnete ich, »wird Captain Matthews sie dir höchstpersönlich abnehmen.«
»Heilige Scheiße«, sagte sie. »War es so schlimm, wie es sich angefühlt hat?«
»Aber nein«, sagte ich. »Viel schlimmer.«
Ich vermute, meine schlechte Laune verhinderte, dass ich es kommen sah, aber Debs verpasste mir einen Armknuff. Einerseits war es erfreulich zu sehen, dass sie sich von ihrem Martyrium erholte. Andererseits tat es wirklich weh.
»Danke für die Unterstützung«, fauchte sie. »Hauen wir ab.« Sie drehte sich um und begann sich aggressiv durch die Menge zu schieben, und ich folgte ihr, wobei ich meinen Arm rieb.
Reporter sind seltsame Geschöpfe. Sie müssen eine hohe Meinung von sich haben, um ihre Arbeit überhaupt zu tun, und offensichtlich waren einige von ihnen, die Deborahs jämmerlicher Vorstellung beigewohnt hatten, sehr gut in dieser Form der Selbsttäuschung, denn sie glaubten anscheinend, dass es reichte, Deborah ein Mikro entgegenzustrecken und eine Frage zu brüllen, damit sie unter dem Druck ihrer makellosen Frisuren und Gebisse zusammenbrach und eine Antwort blökte. Bedauerlicherweise – für ihre professionelle Selbstachtung – ging Deborah jedoch einfach weiter, schlug alles zur Seite, was man ihr entgegenhielt, und schubste jeden fort, der dumm genug war, sich ihr in den Weg zu stellen. Doch selbst die Reporter, die hinten am Ausgang standen, waren so von sich eingenommen, dass sie exakt dasselbe versuchten – und überrascht schienen, als sie dasselbe Ergebnis erzielten.
Da ich Deborah folgte, beäugten mich ein paar von ihnen abwägend, aber nach vielen Jahren sorgsamer Aufrechterhaltung war meine Tarnung zu gut für sie, und so beschlossen alle, dass ich exakt das war, als was ich erscheinen wollte – eine absolut unbedeutende Figur ohne jegliche Antwort. Und so schaffte ich es verhältnismäßig unbeschadet – abgesehen von Deborahs Armknuff – gemeinsam mit meiner Schwester aus der Pressekonferenz zurück in die Kommandozentrale der Sonderkommission im ersten Stock.
Unterwegs gesellte sich Deke zu uns, schlenderte hinter uns herein und lehnte sich an die Wand. Jemand hatte eine Kaffeemaschine angeschlossen, und Deborah goss sich etwas in einen Styroporbecher. Sie trank einen Schluck und verzog das Gesicht. »Der ist ja noch übler als der vom Kaffeeservice«, maulte sie.
»Wir könnten frühstücken gehen«, schlug ich hoffnungsfroh vor.
Debs stellte den Becher ab und setzte sich. »Wir haben zu viel zu tun. Wie spät ist es?«
»Viertel vor neun«, antwortete Deke, und Deborah musterte ihn säuerlich, als
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