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Dexter

Dexter

Titel: Dexter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Lindsay
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wir gewünscht hätten, doch nun fühlten wir uns wie stets wesentlich besser, und ich summte geradezu, als ich aus meinem kleinen, zuverlässigen Auto stieg und zum Haus schlenderte.
    Ich wusch mich gründlich, während ich spürte, wie das Glühen verblasste. Debs würde etwas glücklicher sein – nicht dass ich ihr etwas verraten würde. Doch Chapin hatte seine Hauptrolle in dem nächtlichen Schauspiel wahrlich verdient, weshalb die Welt nun ein winziges bisschen besser war.
    Und ich ebenso – wesentlich gelassener, frei von Anspannung, eher bereit, mich dem Durcheinander der jüngsten Ereignisse zu stellen. Es stimmte natürlich, dass ich versucht hatte, diese Dinge hinter mir zu lassen, und es stimmte ebenfalls, dass ich versagt hatte – aber es war ein kleiner und notwendiger Ausrutscher, und ich würde sorgsam darauf achten, dass er der letzte blieb. Ein kleiner Rückschritt, ein einziges Mal, keine große Sache – schließlich hört auch niemand im ersten Anlauf mit dem Rauchen auf, oder? Ich war nun wesentlich gefasster und konzentrierter, und es würde nicht wieder passieren. Ende der Geschichte, zurück in den Schafspelz – diesmal für immer.
    Doch noch während diese Vorstellung versuchte, im Sonnenlicht meiner neuen Persönlichkeit Wurzeln zu schlagen, spürte ich ein kurzes Zucken der Klauen des Passagiers und den beinahe ausgesprochenen Gedanken:
Klar … bis zum nächsten Mal …
    Die Schärfe meiner Reaktion verblüffte uns beide: ein kurzes Aufflammen von Zorn und mein stummer Schrei
Nein! Kein nächstes Mal – hau ab!.
Und diesmal war es eindeutig mein Ernst, so eindeutig, dass nur erstauntes Schweigen antwortete, gefolgt von dem Gefühl einer großen, ledrigen Würde, die sich die Treppe hinauf zurückzog, bis sie verschwunden war. Ich holte tief Luft und atmete langsam aus. Chapin war der Letzte gewesen, ein unbedeutender Rückschlag auf meinem neuen, funkelnden Pfad in Lily Annes Zukunft. Es würde nicht wieder vorkommen. Und um ganz sicherzugehen, fügte ich hinzu:
Und bleib weg!
    Eine Antwort blieb aus, man hörte nur das Schlagen einer Tür in einem der hohen Türme von Burg Dexter. Ich sah in den Spiegel über dem Waschbecken, während ich mir die Hände schrubbte. Das Gesicht eines neuen Mannes blickte zurück. Es war vorbei, wirklich und wahrhaftig vorbei, ich würde diesen dunklen Ort niemals wieder betreten.
    Ich trocknete mich ab, warf meine Kleidung in den Wäschekorb und schlich auf Zehenspitzen ins Schlafzimmer. Der Wecker auf dem Nachttisch verkündete 2 : 59 , als ich leise ins Bett glitt.
     
    Die Träume setzten umgehend ein, sofort nach meinem fast augenblicklichen Abgleiten in die Dunkelheit. Ich stehe wieder über Chapin, hebe das Messer zum perfekten Schnitt – aber es ist nicht länger Chapin; auf dem Tisch liegt jetzt Brian, Brian, der gefesselt vor mir liegt. Sein Lächeln ist so breit und falsch, dass ich es durch das Klebeband über seinem Mund erkennen kann, und ich hebe das Messer höher – und dann stehen Cody und Astor neben mir, die wild auf der Fernbedienung herumdrücken, und ich stelle fest, dass sie meine Bewegungen kontrollieren: das Messer senken, mich von Brian abwenden, das Messer auf mich selbst richten, bis es an meiner Kehle sitzt. Dann ertönt von dem Tisch hinter mir ein schreckliches Schluchzen, und als ich mich umdrehe, sehe ich Lily Anne gefesselt darauf liegen, und sie streckt die winzigen perfekten Hände nach mir aus …
    … und Rita stupst mich mit dem Ellbogen und murmelt: »Dexter, komm schon, bitte, wach auf«, und schließlich tue ich das.
    Der Wecker verkündet 3 : 28 , und Lily weint.
    Rita neben mir stöhnte: »Du bist dran«, ehe sie sich auf die Seite drehte und ein Kissen über den Kopf zog. Ich stand mit bleiernen Gliedern auf und taumelte zur Wiege. Lily Anne schwenkte Händchen und Füße in der Luft, und einen dunklen, furchtbaren Moment glaubte ich mich wieder in meinem Traum und stand bebend und lächerlich da, während ich darauf wartete, dass die Dinge Sinn ergaben. Doch dann begann sich der Ausdruck von Lily Annes kleinem, reizenden Gesicht zu ändern, und ich erkannte, dass sie drauf und dran war, sich mit voller Kraft in ein lautstarkes Heulen zu steigern, weshalb ich den Kopf schüttelte, um den Schlaf zu vertreiben. Alberner Traum – alle Träume sind albern.
    Ich hob Lily Anne heraus und legte sie sanft auf den Wickeltisch, wobei ich ihr beruhigenden Unsinn zumurmelte, der sehr seltsam und wenig

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