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Dezembergeheimnis

Dezembergeheimnis

Titel: Dezembergeheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Richter
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Tages problemlos von kann-ich-dich-wirklich-allein-in-meiner-Wohnung-lassen zu klar-geh-ruhig-mit-Sallys-Stecher-zum-Barhopping umschaltete?
    Natürlich hatte Lea so getan, als wäre das überhaupt kein Problem für sie. Selbstredend hatte sie gesagt, dass es wahrscheinlich wirklich total super wäre, wenn er mal einen Abend unter Männern verbringen würde. Und es verstand sich von ganz allein, dass es ihr überhaupt nichts ausmachte, dass sein Wunsch an diesem Freitag nun mal war, eben
nichts
mit ihr zu machen.
    Auf dem kleinen Telefontischchen lag immer noch ihre Nachricht von diesem Morgen.
    ›Wenn du willst, kannst du heute mal üben. Die Nummer der Bibliothek ist 555   -   2665‹
    Sie hatte bestimmt fünf Minuten überlegt, ob sie noch etwas dazu schreiben sollte.
Stell nichts an
,
Sei vorsichtig
oder vielleicht sogar ein
Ich freu mich schon auf meinen Feierabend
? Der Stift hatte bereits auf dem Papier angesetzt, also wäre sie auch nicht mehr damit davongekommen, nichts zu schreiben, wenn sie keinen komischen Fleck auf dem Zettel haben wollte.
    Bis nachher, ich freu mich. Lea
    Kein Glanzstück, aber besser als nichts. Lea fuhr mit dem Zeigefinger über den kleinen Punkt aus Tinte, der durch das Zögern an der Ecke des Bis-B’s entstanden war. Sie hatte wirklich gehofft, dass es Noel half, sich bei ihr wie Zuhause zu fühlen. Aus der Entfernung hatte sie heute früh nur einen nackten Arm zwischen den Punkten der Bettwäsche sehen können und auch wenn sie sich nach wie vor seltsam dabei vorkam, ihn beim Schlafen zubeobachten, war ihr dieser Anblick inzwischen nicht mehr ganz so unangenehm gewesen wie sonst.
    Vor der Arbeit hatte sie den Wagen noch mal genau in Augenschein genommen, um ihn auf alle möglichen sichtbaren Spuren irgendwelcher Unfälle zu untersuchen, die Noel ihr womöglich doch vorenthalten hatte. Aber sie hatte nichts gefunden. Sie musste wohl annehmen, dass er die Wahrheit gesagt hatte und wirklich fahren konnte. Oder es zumindest schaffte, ihren Wagen von A nach B zu befördern, ohne fünf Hausecken mitzunehmen.
    Ihr Arbeitstag war ruhig gewesen, aber unter dem neugierigen Blick Marias vergangen. Sie hatte ihr keine Fragen gestellt, aber Lea wusste, dass sie ihr auf der Zunge lagen und sie nur zu höflich war, sie auch zu äußern. Und Lea selbst würde einen Teufel tun und das Thema Noel freiwillig anschneiden.
    So hatten sie den ganzen Vormittag ruhig nebeneinander her gearbeitet. Bis Sally gekommen war.
    Lea stöhnte bei der Erinnerung auf und nahm bei dem Gedanken daran gleich noch einen großen Schluck Wein. Sie war nur gekommen, um sich zu erkundigen, wie es ihr ging – offiziell. Genau genommen wollte sie ihren Freund aus der Wohnung bekommen, um dort mit zwei Arbeitskollegen der Boutique die Pläne für die neue Saisondekoration auszutüfteln. Paul musste also mal für einen Abend raus, unter Leute. Und Noel würde sicher auch mal Kontakt zu Gleichgeschlechtlichen suchen; ob Lea das nicht auch schon mal überlegt hätte. Klar, ständig.
    Aber was hätte sie darauf erwidern sollen? Gerade nach diesen ganzen Gesprächen und frischen Vorsätzen?
    Also war sie nach Hause gefahren und hatte Noel gefragt, ob er Lust auf einen Abend unterwegs mit den Jungs hatte. Nicht, dass sie ihn wirklich kannten, aber nach Sallys Aussage war das wie mit Kindern: Wenn man sie alleine machen ließ, arrangierten sie sich schon. Lea hatte da mit Noel ihre – höchstwahrscheinlich berechtigten – Zweifel, trotzdem hatte sie ihm davon erzählt. Vielleicht hatte Sally ja Recht; vielleicht brauchte er wirklich männliche Freunde.
    Und entgegen ihrer Erwartung war er auf das Angebot eingegangen. Nicht sofort jubilierend und freudetanzend, sondern eher mit einer gewissen Nachdenklichkeit auf der Stirn, aber nichtsdestotrotz musste sie ihre Freundin anrufen und zusagen. Kaum zwei Stunden später standen Paul und sein Kumpel Matthias auf der Matte, um ihn abzuholen. Und da war Noel dahin gegangen: hinaus in die Welt der gefährlichen Flüssigkeiten, Hitze und Fremden.
    Lea zwickte sich selbst in den Arm, um aus ihrem Mitleidsteich wieder aufzutauchen. Sie musste aufhören, sich wie ein kleines Mädchen aufzuführen. Die beiden ihr eigentlich unbekannten Männer würden schon nichts Schlimmes anstellen und Noel   … dem konnte sie vertrauen. Irgendwie. Hoffte sie.
    Trotzdem ging sie zum gefühlt millionsten Mal zur Tür und lunzte durch den Spion. Nichts.
    Seufzend lehnte sie den Kopf gegen das kühle Holz.

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