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Dezemberglut

Dezemberglut

Titel: Dezemberglut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda K. Heyden
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Gewohnheiten ins Haus gefolgt war. Nun saßen w ir gemeinsam am Küchentisch. „Vielleicht gibt es eine Sondergenehmigung für Vampire, aber ich sehe fern und weiß genau, dass es in diesem Land verboten ist, eine solche Schusswaffe zu Hause herumliegen zu lassen.“
    „Das weiß ich wohl, bewundernswerte Charis. Berlin wäre in verdammten Schwierigkeiten, wenn du plötzlich mit einer Schusswaffe durch die Straßen zi e hen würdest.“
    Ich verdrehte die Augen. „Das wird nicht geschehen.“
    „ Bestimmt nicht“, bekräftigte er. „A ber es geht nicht nur darum, dass du lernst zu schießen. Du musst lernen, deine Skrupel zu überwinden. Zweifel und Schul d gefühle.“
    „Die habe ich nicht. Nicht, wenn es darauf ankommt.“
    „Tatsächlich? Bist du wirklich so gnadenlos?“
    „Vielleicht nicht so sehr wie du“, gab ich zu.
    „Kannst du Worten widerstehen, die dich um Schonung bitten? Dem Flehen e i nes unschuldigen Gesichts?“
    Ich staunte, wie gut er sich mit Skrupeln auskannte. „Warum sollte ich das?“, fragte ich unbehaglich.
    „Weil das Böse viele Gestalten annimmt. Unterschiedliche Körper. Darum.“
    Er wartete nicht auf meine Antwort. „Wir haben einen speziellen Übungsraum. Dort werde ich ein paar Illusionen erschaffen, und du wirst mir zeigen, was du kannst. Darüber zu reden und es zu tun, sind ganz verschiedene Dinge. Es ist mir egal, ob du auf alles schießt, was sich bewegt, aber du musst abdrücken.“
    „Illusionen? So etwas erschaffst du nebenbei?“
    Jetzt verdrehte er die Augen, Worte verschwendete er nicht.
    „Schwerter wären mir lieber“, meinte ich trocken. „Solche, wie ihr sie zur D ä monenjagd benutzt. Die haben so etwas herrlich Altmodisches. Genau wie Va m pire.“ Argwöhnisch betrachtete ich die Pistole, die auf dem Tisch lag. Neben der Zuckerdose meiner Mutter.
    „Eins nach dem anderen. Erst werden wir diese Waffe auseinandernehmen und wieder zusammensetzen. Damit du sie verstehst.“
    Reichte es nicht, wenn ich abdrücken konnte? Sein Perfektionismus ging mir ganz schön auf die Nerven. „Ich dachte, wir machen Schießübungen?“
    „Später.“
    „Muss ich eine Kaffeemaschine verstehen, bevor ich mir einen Kaffee koche? Ein Auto auseinanderbauen, bevor ich einsteige? Oder ein Fahrrad, bevor ich …“
    „Stopp. Ich habe schon verstanden, was du meinst. Obwohl dir das alles andere als schaden würde.“
    „Hast du denn schon mal ein Fahrrad auseinandergenommen?“
    Er stutzte.
    „Ha.“ Erwischt. Ich grinste. „Ich bin mir sicher, dass du Fahrräder nur vom Hörensagen kennst. Kannst du überhaupt fahren? Und ich weiß, dass du mich nicht anlügen kannst.“
    „Ich habe es nie versucht, aber das kann nicht schwer sein. Ich hätte jedenfalls keine Bedenken.“
    „Hätte, hätte, Fahrradkette!“, meinte ich vergnügt.
    Sein Mundwinkel zuckte. „Bist du immer so schlau?“
    „Ich habe meine Momente“, meinte ich würdevoll. Was Weisheit betraf, lief ich manchmal auf Hochtouren. Besonders, wenn Damian in der Nähe war und mich anstachelte. „Außerdem, was das Fahrradfahren anbetrifft – wenn du dich da nur nicht irrst.“ Ich schloss die Augen und ließ genießerisch meinen Fantasien freien Lauf.
    „Hexe. Vermutlich hast du nicht nur ein Fahrrad, sondern auch einen Besen , mit dem du zum Training fliegen kannst . Aber jetzt “, sagte er und tippte auf den grafitfarbenen Lauf, „solltest du dich nicht weiter ablenken lassen.“
     
    ***
     
    Damian lehnte an der Wand des Schuppens. Er wartete in einem Zustand schw e bender Aufmerksamkeit, still , mit der Geduld eines Jägers.
    Kein Mensch war hier. Auch kein Dämon.
    Der Dämon hielt sich schon länger als zwei Wochen in Hamburg auf. Heute hatte Damian endlich einen brauchbaren Hinweis erhalten. Er war sofort nach Sonnenuntergang losgefahren und dennoch zu spät gekommen. Seitdem wartete er auf die Rückkehr des Dämons, und die Zeit verrann.
    Irgendwo schlugen die Glieder einer Kette im Rhythmus des Windes aneina n der, und kleine Wellen rollten gegen die Schiffe und den Beton des Hafens. Die Schiffe, die von den Touristen bestaunt wurden, hatten ihre Anlegeplätze ander s wo; hier lagen die, die dringend auf eine längst überfällige Reparatur oder ihre Verschrottung warteten.
    Endlich hob Damian den Kopf und lauschte. Das Auto näherte sich so schnell, dass das Scheinwerferlicht auf dem unebenen Boden hin und her sprang. Glück war launisch. Soeben hatte es zu seinen Gunsten

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