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Dezemberglut

Dezemberglut

Titel: Dezemberglut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda K. Heyden
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Kopf. „Charis, es freut mich, dass ich dir bei deinen Probl e men helfen konnte. Aber von meinen hast du keine Ahnung. Am besten wäre es ohnehin, wenn du Julians Angebot annehmen und dein Gedächtnis löschen lassen würdest.“
    Damian drehte sich alles so zurecht, wie er wollte.
    „Du brauchst keinen Mentor mehr. Du hast viel gelernt, und ich weiß nicht, was ich dir noch beibringen könnte.“ Er wechselte offensichtlich die Strategie, denn er überraschte mich mit einem unverbindlichen Lächeln. „Das sage ich wirklich nicht oft, aber die letzten Wochen sind schnell vergangen, findest du nicht? Dein Me n tor zu sein, war eine gute Erfahrung.“
    Wir sahen uns an, mein Körper sehnte sich nach seiner Berührung, und ich wünschte mir, dass es ihm genauso ging. Aber ich war mir nicht sicher. Nicht mehr. Ich beugte mich vor und wollte die Hand nach ihm ausstrecken, zwischen den vielen Flaschen hindurch. Aber Damian lehnte sich zurück. Er würde jede Berührung mit mir vermeiden.
    Vielleicht hatte ich recht, und er liebte mich tatsächlich. Aber selbst wenn es so war, würde er seine Gefühle nie zugeben. Und ihnen erst recht nicht nachgeben.
    „Du solltest in deine eigene Welt zurückkehren. Dich mit Menschen verbinden. Heiraten. Kinder kriegen.“
    „Aber – ich habe dir doch schon gesagt, dass ich das nicht will.“ Damian brac h te mich zur Verzweiflung.
    „Dann sage ich dir, dass du das nicht beurteilen kannst. Du hast dich in mich verliebt. Das haben schon viele getan“, fügte er kühl hinzu und stand auf . „Aber ich könnte dich nicht mehr im Stich lassen, als wenn ich dich darin unterstützte.“
    Abschied. Er hielt mein Herz in seiner Hand und drückte zu. „Aber du wolltest doch auch …“, protestierte ich schwach. „Ich habe gespürt …“
    „Ich hatte Zeit, wieder zur Vernunft zu kommen“, unterbrach er mich. „Und das solltest du auch. Lass es dabei bewenden.“
    Kirschen rot, Spargel tot.
    Regen im Mai, April vorbei.
    Zwei der blödesten Gartensprüche meines Vaters fielen mir ein. Ausgerechnet jetzt, da ich um mein Glück kämpfte.
    Ich ignorier te, dass Damian aufgestanden war. Ich blieb sitzen und versuchte es erneut. „Am Anfang, als du mein Mentor wurdest, fühlte ich nichts anderes als Schmerz, Angst, Wut und Verzweiflung. Auch wenn ich bei dem Unfall meiner Eltern nicht dabei war, weiß ich, dass sie für mich gestorben sind. Ich bin für ihren Tod verantwortlich. Wenn ich nicht zu dieser Party gegangen und nachts allein im S-Bahnhof unterwegs gewesen wäre, würde ich immer noch mit ihnen zusammenwohnen. “
    Damian setzte sich wieder . Immerhin.
    „ Ich werde mir deshalb immer Vorwürfe machen “, fuhr ich fort . „ Aber inzw i schen habe ich erkannt, dass ich niemandem helfe, wenn ich mich zurücklehne und mich schuldig fühle.“
    Seine Augen blitzten zornig.
    „Aua.“ Ich rieb mir die Stirn. Sein Ärger tat weh.
    „Was wagst du? Glaubst du, du kannst mir Ratschläge geben?“
    „Ich spreche von mir, Damian. Nur von mir“, meinte ich erstaunt.
    „Und ich helfe meinen Eltern nicht, wenn ich jetzt versuche, jeden Vampir, den ich treffe, zu töten“, fuhr ich unbeirrt fort. „Weil sie nicht alle gleich sind. Ich habe mich schwach und hilflos gefühlt und allein. Ich habe geglaubt, alle Vampire hassen und mich an ihnen rächen zu müssen, obwohl ich nicht wusste, wie. Dann habe ich die Vampire der Gemeinschaft kennengelernt. Es gab so viele, die mir geholfen haben. Die immer freundlich waren.“ Ich versuchte, in seinem nun wi e der leeren Gesicht zu lesen. Es gelang mir nicht. „Was mir zugestoßen ist, war schlimm, aber längst nicht so schlimm, wie das Schicksal von vielen, die in der Gemeinschaft leben.
    Und ich habe dich … besser kennengelernt. Gemerkt, dass das Leben weite r geht und es nur an mir liegt, wie ich damit umgehe. Und ich habe plötzlich wieder lachen k ö nne n .
    Meine Eltern sind für mich gestorben, das glaube ich immer noch. Aber ich weiß, sie haben mich geliebt und wollten, dass es mir gut geht. Dass ich glücklich bin.“
    Damians Gesicht war düster und verschlossen.
    „Ich will mit dir zusammen sein“, sagte ich leise. „Da war dieser Moment, als wir uns beim Tanzen angesehen haben. Ich meine, als ich getanzt habe. Und als du mich geküsst hast. Heiligabend. Du liebst mich doch auch, Damian? Wir wi s sen es beide.“ Ich hätte nie gedacht, dass ich mich einmal einem Mann so an den Hals werfen würde, wie ich es gerade tat.

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