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Dezembersturm

Titel: Dezembersturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Davon wusste ich nichts. Darf ich wieder an meine Arbeit gehen, gnädige Frau?« Ohne auf eine Antwort zu warten, verbeugte er sich und schlurfte davon.
    Ermingarde winkte verächtlich ab. Dieser Besucher brauchte sie nicht zu interessieren. Mit diesem Gedanken kehrte sie in den Westflügel zurück und läutete gleich darauf Sturm, da noch keine neue Weinflasche gebracht worden war, obwohl sie das bereits am Mittag befohlen hatte.

IX.
     
    Lore musterte Fridolin eingehend und atmete erleichtert auf. »Es scheint dir wieder besserzugehen.«
    »Gott sei Dank! Das habe ich Frau Simmern zu verdanken. Sie hat sich rührend um mich gekümmert. Eine Weile hatte ich noch mit den Auswirkungen der Seekrankheit zu kämpfen, und dann bekam ich auch noch diese dumme Erkältung. Daher konnte ich dich nicht eher aufsuchen. Ich wollte doch nicht, dass du und Komtess Nathalia euch ansteckt.«
    »Das war lieb von dir!« Lore lächelte und bat Fridolin, sich zu setzen. Während dieser ihrer Aufforderung folgte, schlich Nati um ihn herum und klatschte direkt neben seinem Ohr in die Hände.
    »Jetzt habe ich dich erschreckt«, rief sie, als er zusammenzuckte.
    »Aber nur, weil ich schwach und krank bin«, antwortete Fridolin mit einem Lächeln, das ihn nicht wenig Anstrengung kostete. Seiner Meinung nach hatte der kleine Plagegeist ein paar Klapse auf das Hinterteil verdient. Doch mit diesem Vorschlag, das war ihm klar, brauchte er Lore nicht zu kommen. Um sich vor weiteren Angriffen dieser Art zu schützen, griff er in seine Jacketttasche, zog eine Tafel Schokolade heraus und reichte sie dem Kind mit einer Verbeugung.
    »Hier, die ist für dich!«
    Nun war Schokolade nichts, auf das Nati hätte verzichten müssen. Trotzdem hellte sich ihre abweisende Miene auf, und sie nahm die Schokolade mit einem Knicks und einem »Dankeschön!« entgegen.
    »Sie kann sogar höflich sein«, sagte Fridolin fröhlich zu Lore.
    »Nati ist zu allen Menschen höflich, die sie mag!«
    »Dann will ich hoffen, dass sie mich ebenfalls in die sicher wachsende Zahl ihrer Freunde aufnimmt.« Fridolin warf einen zweifelnden Blick auf Nati, die eben den Karton aufriss, in dem die Süßigkeit verpackt war, und dann mit zufriedener Miene zu essen begann.
    »Ich werde dir ein Glas Wein bringen lassen.« Lore stand auf und läutete nach der Dienerschaft.
    Sofort kam ein junges Mädchen herein und knickste. »Sie wünschen, gnädiges Fräulein?«
    »Ein Glas Wein für unseren Gast und ein feuchtes Tuch für Komtess Nathalia!« Die Kleine hatte bereits schokoladeverschmierte Finger und Wangen, die dringend gesäubert werden mussten.
    Das Mädchen nickte und verschwand. Die Flasche Wein, die eben in die Räume Ermingarde Klampts gebracht werden sollte, wurde in der Küche kurzerhand umgeleitet. Während die Dame im Westflügel weiter auf ihr Getränk warten musste, kam Konrad in Lores Zimmer und kredenzte Fridolin den Wein.
    »Wohl bekomm’s!«, sagte er lächelnd und blickte dann Nati auffordernd an. »Wollen wir zwei in die Küche gehen und nachsehen, was es heute zum Abendessen gibt?«
    Aber Nati wollte sich um nichts in der Welt vertreiben lassen. »Es ist ungehörig, wenn eine Dame mit einem Herrn allein in einem Zimmer bleibt!«
    Dem wusste Konrad nichts entgegenzusetzen, nahm Nati auf den Arm und trat mit ihr ans Fenster, um Lore und Fridolin die Möglichkeit zu geben, wenigstens ein paar Worte zu wechseln, ohne dass das Kind lauschte.
    »Du musst mich für einen ganz armseligen Burschen halten, weil ich nach der ganzen Sache krank geworden bin«, sagte Fridolin geknickt, weil ihm klar war, dass er keine besonders glorreiche Figur gemacht hatte.
    »Aber dafür kannst du doch nichts«, versuchte Lore ihn zu beruhigen.
    Fridolin seufzte. »Es war nicht nur die Krankheit, die mich aufs Lager geworfen hat. Weißt du, bis jetzt habe ich noch nie auf einen Menschen geschossen in der Absicht, ihn umzubringen. Aber auf dem Schiff musste ich es tun, sonst hätten die beiden Schurken dich getötet. Dennoch war mir hinterher speiübel – und dann kam die Seekrankheit dazu. Die allein hätte mir nicht so viel ausgemacht.«
    »Aber du hast doch schon Duelle ausgefochten«, sagte Lore verblüfft.
    »Ein Duell, um es genau zu sagen! Aber das ist etwas anderes. Da zielt man auf Kommando und hofft, um einen Tick schneller zuschießen als der Gegner. Außerdem war mein Kontrahent nicht gerade als guter Schütze bekannt und schoss daneben, genau wie ich vermutet hatte. Meine Kugel

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