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Dezembersturm

Titel: Dezembersturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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einer Stunde in meinem Salon sehen. Bis dorthin mach deine Arbeit, und zwar ordentlich!« Während Malwine davonrauschte, verzog Elsie spöttisch den Mund. Was würde dieDame sagen, wenn sie wüsste, welche Arbeit sie gleich verrichten musste? Mit diesem Gedanken betrat sie den Trakt, den Ottokar von Trettin bewohnte, und ging gleich weiter in die Kleiderkammer. Diese war nicht besonders groß und wurde zudem von wuchtigen Kleiderschränken beherrscht. Da es kein Fenster gab, konnte niemand zufällig sehen, was hier geschah.
    Elsie musste nicht lange die Jacken, Hosen und Hemden des Gutsherrn sortieren und zum Ausbürsten zurechtlegen, denn er kam kurz nach ihr herein und öffnete bereits im Gehen die Hose. »Mach schnell! Wir müssen gleich zu meiner Frau in den Salon. Sie hat auch nach dem Pastor geschickt, damit er Lore ins Gewissen reden soll.«
    Elsie hatte den Eindruck, als bedaure er die Strenge, mit der seine Frau Lore behandelte, und hoffte darauf, dass der Pfarrer nicht nur dem renitenten Mädchen, sondern auch Malwine ins Gewissen redete. Wenn es nach ihm geht, wird Lore hier bald wie ein Familienmitglied behandelt und nicht wie ein Dienstbolzen, dachte sie, während sie sich hinkniete und begann, den Gutsherrn zu befriedigen. In ihren Augen war der Kerl ein Schwein. Er zwang sie dazu, heimlich Dinge zu tun, die in den Augen seiner Frau, des Pastors und gewiss der meisten Leute ringsum abscheulich waren. Nach außen hin aber wollte er als ehrbarer und integrer Standesherr erscheinen. Dazu gehörte auch, dass Lore besser behandelt werden sollte, als es in Malwines Sinn war.
    Ich werde seine Frau noch stärker gegen Lore einnehmen müssen, fuhr es Elsie durch den Kopf. Wenn das Mädchen hier erst Oberwasser bekam, würde es sie gewiss als Diebin hinstellen, und die meisten würden ihr allein deswegen Glauben schenken, weil sie die Enkelin eines Freiherrn war. Vielleicht mochte auch der eine oder andere durch dieses Gerede neugierig werden und jenen Eintrag im Polizeiregister von Danzig ausfindig machen, der es ihr unmöglich gemacht hatte, weiterhin als Zofe für hochgestellteDamen zu arbeiten. Wäre sie damals geschickter gewesen oder hätte sie die Finger von dem Schmuck der Toten gelassen, sähe sie sich nun nicht gezwungen, für einen perversen Kerl Dinge zu tun, für die sie sich tief in ihrem Innern schämte.

V.
     
    Das Tribunal kann beginnen, fuhr es Lore durch den Kopf, als Elsie sie in den Salon der Hausherrin führte. Neben Malwine und Ottokar von Trettin hatten sich noch der Pastor, der neue Schullehrer und mehrere Gutsbeamte versammelt. Draußen auf dem Flur standen einige Dienstboten, die vorgaben, für Handreichungen zur Stelle zu sein. In Wahrheit aber wollten sie nichts von dem verpassen, was drinnen vor sich ging.
    Lore war sich darüber im Klaren, dass Malwine sie den anderen als trotziges Ding vorführen wollte, das es zu erziehen galt. Dafür sprach schon die Auswahl der Anwesenden. Jeder von ihnen hatte sich von Anfang an bei dem Streit zwischen ihrem Großvater und seinem Erben auf Ottokars Seite gestellt. Nun würden sie Malwine nach dem Mund reden und das im Umland verbreiten, was ihre angeheiratete Tante den Leuten zu Ohren bringen wollte.
    Noch bevor Lore etwas sagen konnte, fuhr Malwine sie an. »Guten Tag könntest du wenigstens sagen! Immerhin ist der Herr Pastor hier.«
    »Guten Tag!« Lore deutete einen Knicks an, der keinem direkt galt, und hüllte sich wieder in Schweigen.
    »Wir müssen mit dir reden«, fuhr Malwine fort. »Dein Ausreißen …«
    »Entschuldige, aber ich bin nicht ausgerissen«, fiel Lore ihr insWort. »Mein Großvater hat mich weggeschickt. Elsie kann dies bestätigen. Will sie es nicht, könnt ihr auch den Fuhrunternehmer Wagner, Doktor Mütze und Onkel Fridolin fragen.«
    Malwines Gesicht lief dunkel an, und sie hätte Lore am liebsten geohrfeigt. So leicht, wie sie gehofft hatte, ließ das Mädchen sich nicht einschüchtern. Mühsam unterdrückte sie ihren Groll und setzte ihre nächste Spitze.
    »Ein anständiges Mädchen hätte sich niemals auf eine solche Sache einlassen dürfen! Stattdessen hättest du zu uns nach Trettin kom men müssen. Immerhin war dir bewusst, dass mein Gatte dein Vormund sein wird.«
    »Du hättest auch zum Pfarrhaus kommen können. Meine Frau und ich hätten dir gewiss geholfen«, meldete sich nun der Pastor zu Wort.
    Lore lächelte, obwohl sie diesem Mann am liebsten ins Gesicht gespuckt hätte. »Verzeihen Sie, Herr Pastor,

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