DGB 05 - Fulgrim
so Schönes zu hören.
Seine Laune verfinsterte sich,
als er zum entlegenen Ende seines Quartiers schaute und den Berg aus
zertrümmerten Marmor-blöcken sah, der seinen eigenen Versuch darstellte, etwas
von ausgeprägter Schönheit zu schaffen. Jeder Schlag auf den Meißel war mit
äußerster Präzision geführt worden.
Die Linien, die die Anatomie der
Figur umrissen, waren perfekt, und doch ... etwas Unerklärliches war falsch an
dieser Skulptur, etwas, das sich seinem Verständnis entzog.
Es war so frustrierend gewesen,
dass er schließlich seinem Werk Gewalt antat. Nur drei Treffer mit seinem
silbernen Schwert waren erforderlich gewesen, um den Marmorblock in einen
Haufen Trümmer zu verwandeln.
Vielleicht konnte Ostian
Delafour ihn aufklären, welche Fehler er beging, auch wenn es ihm zuwider war, dass
er als Primarch einen Sterblichen um Rat fragen sollte. War er nicht geschaffen
worden, um in allem der Größte zu sein? Seine anderen Brüder hatten die eine
oder andere Eigenschaft von ihrem Vater geerbt, aber im Dunkel der Nacht wurde
er immer wieder von Zweifeln heimgesucht, ob der Unfall, der die Emperors Children
bei ihrer Geburt beinahe vernichtet hätte, vielleicht einen verborgenen Defekt
in seiner Genstruktur hinterlassen hatte.
War seine Existenz ein
Schwindel? Ein immer dünner werdender Schleier der Vollkommenheit, unter der
sich ein bislang unbekannter Kern aus Versagen und Unvollkommenheit verbarg?
Solche Zweifel waren ihm
eigentlich fremd gewesen, doch dann hatte sich dieser beunruhigende Gedanke in
ihm festgesetzt. Schon jetzt kam es ihm vor, als würden ihm die Ereignisse
entgleiten. Die Kämpfe auf Laer waren pure Arroganz gewesen, das wusste er nun.
Aber sie hatten den Sieg davongetragen, und das war es, was die Memoratoren
berichten würden. Sie würden die erschreckende Zahl der Verluste schönreden,
die er zurückgehalten hatte, die ihn aber in seinen Träumen verfolgte, wenn er
die Gesichter der gefallenen Krieger sah, Krieger, deren Namen er kannte und
mit denen ihn gemeinsame Erinnerungen verbunden hatten. Und nun war Ferrus
unüberlegt zu den Sonnenkollektoren vorausgeeilt, um die Diasporex-Flotte zu
stellen, die seine Erkundungsschiffe entdeckt hatten.
Wieder regte sich die vertraute
Wut auf seinen Bruder, da dessen jüngster Verrat alle Gedanken an Liebe und
jahrhundertelange Freundschaft überschattete.
Julius hörte über Kom die
Berichte, die knisternd und krachend aus den Lautsprechern drangen, und
betrachtete auf der Karte des Erkundungsoffiziers das sich entwickelnde
Gefecht, das auf dem Plotter in leuchtend grünen Linien dargestellt wurde.
Ohne sich mit dem Primarchen
der Emperors Children abzu-stimmen, hatte Ferrus Manus der 52. Expedition
befohlen, mit höchster Geschwindigkeit Carollis' Stern anzufliegen, wo die Ferrum die Sonnenkollektoren entdeckt hatte. Die Diasporex hatte auf diesen
Vorstoß reagiert, indem sie zu dem Stern eilte, um die Kollektoren
einzusammeln. Im Gegensatz zu den bisherigen Begegnungen würde dies zwar kein
überfallartiger Angriff sein, dem sogleich die Flucht folgte, dennoch war es
aus Julius' Sicht klar, dass die 52. Expedition ohne rechtzeitige Unterstützung
durch die 28. nicht in der Lage sein würde, ein erneutes Entkommen der
Diasporex zu verhindern.
Auf der Brücke der Stolz des
Imperators herrschte gebannte Stille, die Geräusche der Maschinen und ihrer
Bedienung waren das Einzige, was man hörte. Julius wünschte, irgendein Geräusch
oder ein Laut würde ertönen, der allen hier klarmachte, dass ohne Fulgrims Anwesenheit
auf der Brücke nichts so war, wie es sein sollte. Sein Fehlen verursachte ein
klaffendes Loch, doch die Brückencrew arbeitete so routinemäßig weiter wie sonst
auch. Es machte ihn rasend, dass niemand Fulgrims Abwesenheit zu bemerken schien.
Der Kapitän der Stolz des
Imperators , Lemuel Aizel, war so sehr daran gewöhnt, alle Befehle von
seinem Primarchen entgegen-zunehmen, dass er selbst gar nichts zu befehlen
wusste, wenn man von seiner Anweisung absah, die Schiffe der Emperors Children
sollten denen der Iron Hands folgen. Julius sah dem Mann an, dass er ohne die
beruhigende Gegenwart seines Herrn und Meisters überfordert war.
Sogar die anderen Hauptleute
schienen Fulgrims Abwesenheit gar nicht zu bemerken, und es kostete ihn viel
Mühe, in Anbetracht eines so unsensiblen Verhaltens Ruhe zu bewahren. Solomon,
der erst vor kurzem seinen Dienst wiederaufgenommen hatte, stierte auf den
Plotter.
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