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DGB 05 - Fulgrim

DGB 05 - Fulgrim

Titel: DGB 05 - Fulgrim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Graham McNeill , Ralph Sander
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fasziniert?«
    »Mich fasziniert? Nein, nein,
so habe ich das nicht gemeint«, protestierte Julius, obwohl seine Worte einen hohlen
Klang hatten und er sah, dass Tobias die Lüge gleich durchschaute.
    »Ja, vielleicht kann man es so
ausdrücken«, lenkte er schließlich ein. »Ich glaube nicht, dass ich etwas in
dieser Art schon einmal erlebt habe, es sei denn, ich wurde von großer Kunst
oder Poesie gefesselt. Jeder meiner Sinne wurde angeregt, und seitdem er-scheint
mir alles grau und blass. Ich kann mich nicht mehr an den Dingen erfreuen, die
mich früher gefesselt haben. Ich gehe durch die Hallen in diesem Schiff, in
denen die Werke der größten Künstler des Imperiums ausgestellt sind, aber ich
empfinde bei ihrem Anblick schlicht gar nichts.«
    Lächelnd sagte Tobias: »Dieser
Tempel muss etwas wahrhaft Wundersames gewesen sein, wenn er die Menschen so
sehr interessiert.«
    »Wie meinst du das?«
    »Du bist nicht der Erste, der
zu mir kommt, weil er in meinen Archiven nach dem Wissen über solche Dinge forschen
will.«
    »Nein?«
    Tobias schüttelte den Kopf, und
Julius sah die milde Belustigung in den alten Gesichtszügen, während er entgegnete:
»Viele von denen, die diesen Tempel sahen, kamen auf der Suche nach Erleuchtung
zu mir. Um etwas darüber zu erfahren, was ihnen an diesem Ort widerfuhr:
Memoratoren, Offiziere, Astartes. Dieser Tempel hat bei vielen tiefen Eindruck
hinterlassen. Fast wünschte ich, ich hätte ihn mir auch angesehen.«
    Nun schüttelte Julius den Kopf,
doch der Archivar bemerkte es nicht, weil er neben einem Regal mit in Leder
gebundenen Büchern stehen geblieben war. Die Buchrücken waren verblasst, und es
war den Bänden anzusehen, dass keiner von ihnen gelesen war, seit man sie vor
langer Zeit in dieses Regal gestellt hatte.
    »Was ist das alles?«, fragte
Julius.
    »Das sind die gesammelten
Schriften eines Priesters, der in einem Zeitalter vor der Ankunft der Alten
Nacht gelebt hatte. Er hieß Cornelius Blayke, ein Mann, den man als Genie, als
Mystiker, als Ketzer oder als Visionär bezeichnete — manchmal alles an einem
Tag.«
    »Er muss ein
abwechslungsreiches Leben geführt haben«, entgegnete er. »Worüber hat er
geschrieben?«
    »Über alles, wonach du meiner
Ansicht nach suchst, um zu verstehen, mein lieber Junge«, antwortete Tobias
    »Blayke glaubte, ein Mann könne
nur durch eine Fülle an Erfahrungen das Unendliche verstehen und jene große
Weisheit erlangen, die man nur gewinnt, wenn man Exzesse auslebt. Seine
Arbeiten enthalten eine reichhaltige Mythologie, mit der er versuchte, aus
seinen spirituellen Vorstellungen ein Modell für ein neues Zeitalter zügelloser
Erfahrungen und Empfindungen zu entwickeln. Manche sagen, er war ein Lüstling,
der den Kampf zwischen dem Schwelgen der Sinne und der restriktiven Moral eines
autoritären Regimes darstellte, unter dem er lebte. Natürlich tun andere ihn
als gefallenen Priester oder als größenwahnsinnigen Freigeist ab.«
    Tobias streckte sich und zog
eines der Bücher aus dem Regal.
    »In diesem Buch äußert sich
Blayke zu seinem Glauben, dass die Menschheit in allen Dingen schwelgen muss,
um einen neuen Zustand der Harmonie zu erreichen, der vollkommener sein würde
als der ursprüngliche Zustand der Unschuld, in dem unsere Rasse seiner Meinung
nach ihren Ursprung hat.«
    »Und was meinst du dazu?«
    »Ich finde seinen Glauben
erfrischend fantasievoll — dass die Menschheit in der Lage sein soll, die
Beschränkungen ihrer fünf Sinne zu überwinden, um das Unendliche zu erreichen.
Aber seine Philosophien wurden oftmals als degeneriert angesehen. Sie beinhalteten
... Verzückungen, die für die damalige Zeit recht skandalös waren. Blayke
glaubte, dass Menschen, die ihre Wünsche unterdrückten, es nur taten, weil sie
schwach genug waren, um sich unterdrücken zu lassen. Er selbst hatte keine
derartigen Bedenken.«
    »Mir wird klar, warum man ihn
als Ketzer bezeichnete.«
    »Ganz richtig«, sagte Tobias.
»Allerdings hat ein derartiges Wort im Imperium mehr oder weniger seinen Daseinszweck
verloren, was den großartigen Werken des Imperators zu verdanken ist.
    Die Wurzeln des Begriffs liegen
in den antiken Sprachen der Olympischen Hegemonie, und ursprünglich bedeutet er
nichts weiter als eine > Wahl < des Glaubens. In seinem Traktat
Contra Haereses beschreibt der Gelehrte Irenaeus seinen Glauben als treuer
Anhänger eines seit langem toten Gottes, einen Glauben, aus dem später die
Orthodoxie seines Kults und ein

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