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DGB 05 - Fulgrim

DGB 05 - Fulgrim

Titel: DGB 05 - Fulgrim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Graham McNeill , Ralph Sander
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Radierungen mit poetischen Texten wieder-zugeben.
    Blaykes jüngerer Bruder war in
einem der vielen Kriege gefallen, die die Nordafrik Konklaven erschüttert
hatten. Dieses Ereignis war nach Darstellung des Biographen der Grund gewesen,
dass er sich dem Priestertum zuwandte. Später schrieb Blayke seine
revolutionären Techniken des illuminierten Buchdrucks seinem lange verstorbenen
Bruder zu, der ihm diese Methode angeblich in einem Traum gezeigt hatte.
    Auch als er längst Priester war
— ein Beruf, den er nach Julius' Ansicht gewählt hatte, weil er ihn als
Zuflucht betrachtet hatte —, wurde er weiter von Visionen von verbotenen
Wünschen heimgesucht, und er konnte sich auch nicht seiner Kräfte als Mystiker
entledigen. Man erzählte sich, dass der Hohepriester eines anderen Ordens augenblicklich
tot umgefallen sei, als er Blayke zum ersten Mal begegnete.
    Abgeschieden in einer Kirche in
einer der namenlosen Städte von Ursh, gelangte Blayke zu der Überzeugung, die
Menschheit würde von seinen Bemühungen profitieren, und zwang sich, die Mittel
und Wege zu vervollkommnen, über die er seine Ansichten am besten verbreiten
konnte.
    Julius hatte etliche von
Blaykes Gedichten gelesen, doch obwohl er kein Gelehrter auf diesem Gebiet war,
wusste er doch genug, um beurteilen zu können, dass es ihnen an einem klaren
Plot, Reim und Versmaß fehlte. Was für Julius einen Sinn ergab, war Blaykes
Glaube daran, dass es sinnlos war, jegliches Verlangen zu leugnen — und sollte
es noch so fantastisch erscheinen. Eine seiner wichtigsten Erkenntnisse betraf
die Macht sinnlicher Erfahrungen, die er als unverzichtbar erachtete, um
kreativ zu sein und sich spirituell weiterzuentwickeln. Keine Erfahrung sollte
verweigert, keine Leidenschaft unterbunden werden. Von keinem Schrecken sollte man
sich abwenden, keine Sünde unerforscht bleiben. Denn ohne derartige Erfahrungen
konnte es keine Weiterentwicklung zur Vollkommenheit geben.
    Anziehung und Abscheu, Liebe
und Hass, alles war notwendig, um die menschliche Existenz voranzutreiben, denn
aus diesen gegensätzlichen Energien entstand das, was die Priester seines
Ordens als Gut und Böse bezeichneten.
    Schnell war für Blayke
klargeworden, dass diese Worte bedeutungslose Konzepte darstellten, wenn man
sie gegen das Versprechen einer Weiterentwicklung setzte, die sich erreichen ließ,
indem man jedem menschlichen Verlangen nachging.
    Julius musste leise lachen, als
er das las. Immerhin wusste er inzwischen, dass man Blayke in späteren Jahren
aus dem Orden ausgeschlossen hatte, als sich herausstellte, dass der seinen
Glauben mit besonderem Eifer in den Gassen und Bordellen der Stadt ausübte.
Keine Sünde war ihm zu unwürdig, keine Tugend fremd.
    Blayke war auch der Ansicht,
dass die innere Welt seiner Visionen vor der körperlichen Realität Vorrang
hatte und die Menschheit ihre Ideale nach dieser inneren Welt formen sollte. In
seinem Werk war immer wieder die Rede davon, dass Vernunft und Autorität die
spirituelle Weiterentwicklung der Menschen hemmen würden. Allerdings mutmaßte
Julius, diese Äußerung habe eher etwas mit seiner Einstellung gegenüber dem
Herrscher des Vasallenstaates Ursh zu tun, einem Kriegerkönig namens Shang
Khal, der durch brutale Unterdrückung versuchte, die Nationen auf der Erde zu
beherrschen.
    Derartige Philosophien in der
damaligen Zeit zu äußern, hätte ihn wie einen Verrückten dastehen lassen, doch
Julius war keineswegs bereit, Blayke für verrückt zu erklären. Immerhin hatte
er eine ansehnliche Anhängerschaft um sich scharen können, die ihn als großen Mystiker
feierten. Sie glaubten, er sollte sie in ein neues Zeitalter von Leidenschaft
und Freiheit führen.
    Julius musste an die Aphorismen
des Philosophen Pandorus Zheng denken, der am Hofe eines der Autarchen des
Yndonesischen Blocks in Diensten stand. Er hatte sich zugunsten der Mystiker
ausgesprochen und dabei betont, wie sehr sie tatsächlich existierende
Wahrheiten aufbauschten. Nach Zhengs Definition konnte man keine Wahrheit
überhöhen, die in sich unvollkommen war. Ferner hatte er solche Männer mit
diesen Worten verteidigt: »Indem man einen Mann als verrückt bezeichnet, weil
er Geister und Bilder gesehen hat, verweigert man ihm seine volle Würde, da er
nicht eindeutig in eine rationale Theorie des Kosmos eingeordnet werden kann.«
    Julius hatte Zhengs Werke stets
gern gelesen, und besonders sagte ihm dessen Auffassung zu, dass Mystiker keine
Zweifel und Rätsel schufen,

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