DGB 08 - Am Abgrund
waren die Schicksalslinien sehr
eindeutig gewesen. Das war der von ihm gewählte Weg, allen Bemühungen des
anderen zum Trotz, ihn umzustimmen und ihn in den Wahnsinn zu zwingen.
Mhotep erreichte die Brücke,
ohne einer einzigen Menschenseele zu begegnen. Es war so, als hätte etwas die
komplette Besatzung geschluckt. Er bewegte seine Hand, als würde er etwas
zerteilen, dann öffnete sich die versiegelte Brandschutztür, wobei eine kleine
Druckluftwolke ausgestoßen wurde.
Als er die Brücke betrat, fand
er ein Blutbad vor. Es sah aus, als hätte jemand das blutige Herz der Streitbar genommen und auf einen Operationstisch gelegt. Nur war das Herz dieses Schiffs
natürlich seine Crew. Deren Blut und Eingeweide waren an die Wände geschmiert
worden, ein Porträt geschaffen von einem obszönen, gestörten Künstler. Haut und
Fleisch war von den Knochen abgezogen worden, Organe hatte man aus den Leibern
hervorgeholt.
Ein bizarres Skelett überzog
die Wände und die Decke, das aus den vereinten Elementen der ausgenommenen
Brückencrew bestand und die Brücke in ein makabres Ossuarium verwandelte.
Mhotep ignorierte den
penetranten Gestank, der sogar durch den Helm seine Nase attackierte. Das
frisch verspritzte Blut bildete im blinkenden Licht der Warnlampen krasse
Konturen. Dann ent-deckte er Admiral Kaminska, die zusammengesunken auf dem
Boden lag, in einer Hand ihre Pistole.
»Verschwinde aus ihr«, keuchte
sie. Blut tropfte von ihren Lippen.
Vor ihnen beiden stand mit
einem irren Grinsen im Gesicht Steuerfrau Venkmyer. Sie war blutbeschmiert, und
ihre Zehen, die in den Stiefeln nach unten zeigten, kratzten leicht über den
Boden wie bei einer Marionette, bei der alle Fäden schlaff herabhingen.
»Raus da!«, fauchte Kaminska
und versuchte aufzustehen, während sie das ganze Magazin ihrer Pistole auf die
Abscheu-lichkeit abfeuerte, die den Körper ihrer Stellvertreterin über-nommen
hatte.
Die Venkmyer-Puppe holte aus,
wobei ihr Arm plötzlich länger wurde, als sei er aus Gummi. Dann enthauptete
sie Kaminska mit einem Schlag ihrer klauenartigen Finger, und der Arm
schrumpfte wieder auf normale Länge. An der Hand glänzte frisches Blut.
»Du lebst im Inneren«, sagte
Mhotep seelenruhig und trat einen Schritt vor, während er seinen übersinnlichen
Mut zusammen-nahm. »Komm zum Vorschein.«
Die Venkmyer-Puppe grinste ihn
nur an.
»Ich bin ein Diener des
karmesinroten Auges, ein Vasall von Magnus dem Allwissenden«, sagte Mhotep,
trat einen weiteren Schritt vor und hielt den Speer fester umklammert.
»Komm zum Vorschein.«
Unheimliche Stille hatte sich
wie ein Schleier über alles gelegt.
Die Temperaturanzeigen in
Mhoteps Helm lagen bei unter null.
Winzige Eiszapfen bildeten sich
an seinen Panzerhandschuhen, und auf seinem Brustpanzer bildete sich eine dünne
Reifschicht.
Noch immer reagierte die
Venkmyer-Puppe nicht.
»Ich weiß, du bist hier!«, rief
er, und seine Stimme hallte von allen Seiten von der Brücke wider. »Du warst die
ganze Zeit über hier! Du kannst dich nicht vor mir verstecken. Ich habe das
Auge des Magnusl« Seinen Speer hielt er auf Venkmyer gerichtet wie auf ein
wildes Tier, das jeden Moment zum Sprung ansetzen konnte.
»Komm und zeig dich«, zischte
er. Auf Venkmyers Gesicht zeichnete sich für den Bruchteil einer Sekunde
Wiedererkennen ab, das jedoch sofort von einem schmerzhaften Ausdruck überdeckt
wurde.
Das Ding, das einmal die
Steuerfrau gewesen war, öffnete den Mund, dann dehnte sich der Kiefer aus, bis
ein tiefroter hohler Mann zum Vorschein kam. Eine Blutfontäne spritzte heraus
und traf Mhotep, der aber nicht vor den karmesinroten Wogen zurückwich.
Das Geräusch zerbrechender
Knochen erfüllte die Luft, als Venkmyers Wirbelsäule herausgerissen wurde und
sich über ihrem Kopf so drehte wie der Schwanz eines wütenden Skorpions. Ihr
Genick knackte, und ihr Kiefer dehnte sich noch weiter aus, bis Sehnen
zerrissen. Unter ihrer besudelten Uniform bewegten sich ihre Rippen hin und
her, da sich eine Gestalt aus ihrem Fleisch und ihren Knochen zu befreien
versuchte. Zuckungen durchfuhren ihren Körper, und ihr Kopf zerplatzte in einer
Fontäne aus Blut und Hirnmasse.
Eine Form aus rohen Muskeln
befreite sich aus dem fremden Leib, um sich wie eine blutverschmierte Blüte zu entfalten
und zu öffnen.
Aus Venkmyers Händen wurden
Klauen, und verstärkte Musku-latur breitete sich in Raserei auf ihrem
geschundenen Körper aus.
Die feuchten, rosafarbenen
Muskeln schwollen an,
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