DGB 09 - Mechanicum
war.
»Gut«, gab sie zurück. »Ich
ertrage den Gedanken nicht, dass dieser Ort noch mehr Leben kosten könnte.«
Zouche hob eine Handvoll von
dem goldenen Staub hoch, der alles war, was noch von der Existenz des Adepten
Semyon und dessen Servitor zeugte. »Was ist hier geschehen?«, fragte er.
»Die beiden sind in einem einzigen
Augenblick um tausend Jahre gealtert.«
»Mehr als nur tausend Jahre«,
entgegnete Dalia.
»Ich glaube, Semyon war eine
sehr lange Zeit der Hüter.«
»Und jetzt?«, fragte Zouche,
während er ein paar Seiten im Buch des Adepten überflog.
»Wir haben den Drachen
gefunden. Befreien wir ihn jetzt?«
»Nein, auf gar keinen Fall«,
rief Dalia. »Du hattest von Anfang an Recht, Zouche. Manche Dinge sind dazu bestimmt,
für alle Zeit im Dunkeln gelassen zu werden. Es war nie unsere Bestimmung,
herzukommen und ihn zu befreien.«
»Und wieso sind wir dann
hergekommen?«, wollte Rho-mu 31 wissen.
»Ich glaube, das wissen Sie«,
antwortete sie, wandte sich von Zouche ab und sah den Protektor an, während in
ihren Augen goldene Punkte aufblitzten. »Um sicherzustellen, dass der Drache
begraben bleibt. Semyon ist tot, aber ein neuer Hüter des Drachen ist
erforderlich.«
»Und das sind Sie?«, fragte
Rho-mu 31.
»Ja.«
»Nein, Dalia!«, widersprach
Zouche.
»Sag, das ist nicht wahr! Du?«
»Ja. Ich war es von Anfang an,
aber ich werde hier nicht allein sein, nicht wahr, Rho-mu 31?«
Der Protektor legte seinen
Waffenstab auf den Boden und kniete vor Dalia nieder. »Solange ich
funktionstüchtig bin, werde ich Sie beschützen.«
»Mit der Macht, die ich jetzt
besitze, kann das eine sehr lange Zeit werden, mein Freund.«
»Dann soll es so sein«,
bekräftigte er.
Zouche und Rho-mu 31 trugen
Caxton in ihrer Mitte, als sie durch das Labyrinth aus Tunneln in der Höhle des
Drachen zum Ausgang zurückkehrten. Dalia ging vor und fand ohne einmal zu
zögern den richtigen Weg, den sie auch gekommen waren. Die Stimmung war
gedämpft, da Severines Tod schwer auf ihnen allen lastete, und als sie Semyons
verlassenes Labor durchquerten, sprach keiner ein Wort. Dann folgten sie dem
Verlauf des nächsten Tunnels hinauf zur Schlucht des Noctis Labyrinthus. Kalte
Luft schlug ihnen entgegen, als sie schließlich wieder im Freien angekommen
waren.
»Ich glaube, ich hasse es
hier«, sagte Zouche, als Rho-mu 31 ihm den bewusstlosen Caxton abnahm und über seine
Schulter legte.
»Ich kann es dir nicht
verübeln«, erwiderte Dalia. »Das hier ist ein Ort der Verzweiflung. Das war
schon immer so, und ich vermute, das hält die Leute noch stärker von hier fern
als der Drache.«
»Und du musst ganz sicher
hierbleiben?«, fragte er.
Tränen standen ihm in den
Augen.
»Ganz sicher«, bestätigte sie
und beugte sich vor, um die Arme um ihn zu legen. Er drückte sie fest an sich und
ließ seinen Tränen freien Lauf.
»Dann werde ich dich wohl
niemals wiedersehen, oder?«, wollte er wissen, als sie ihn losgelassen hatte.
Sie schüttelte den Kopf. »Nein,
ganz sicher nicht. Und du darfst niemandem von diesem Ort erzählen. Wenn jemand
nach mir fragt, erzähl ihm, dass ich beim Angriff der Kaban-Maschine ums Leben
gekommen bin.«
»Und was ist mit Caxton?«
Zouche wischte mit dem Ärmel die Tränen weg.
Dalia musste schlucken, um
nicht zu schluchzen. »Sag ihm ... sag ihm, dass ich glaube, ich hätte ihn
lieben können. Und sag ihm, es tut mir leid, dass ich keine Chance bekommen
habe, das herauszu-finden.«
»Das werde ich ihm so sagen«,
versprach Zouche und wandte sich zu Rho-mu 31 um. »Und Sie bleiben auch?«
»Jawohl«, bestätigte er. »Wie
es aussieht, braucht jeder Hüter seinen persönlichen Beschützer.«
Zouche schüttelte kurz seine
Hand, dann schaute er über die Schulter zu dem einsam dastehenden Cargo-5 gleich
vor dem Höhleneingang.
»Da fällt mir ein ...«, begann
er. »Wie soll ich von hier wegkommen, wenn seine Batterie keinen Saft mehr hat?«
Dalia lächelte, in ihren Augen
blitzte die goldene Energie auf, die Adept Semyon auf sie übertragen hatte. »Ich
glaube, ich kann dafür sorgen, dass ihr genug habt, um zur Magma-Stadt zurückzu-kehren.«
Zouche zuckte mit den
Schultern, als sie gemeinsam zu dem verlassenen Fahrzeug gingen. »Ich weiß gar nicht,
ob ich eigentlich wissen will, wie du das anstellen willst, aber ich stelle
prinzipiell nie mein Glück infrage. Natürlich hatte ich auch noch nie Glück,
das ich hätte infrage stellen können, musst du wissen.«
In dem
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