DGB 11 - Blut Der Abtrünnigen
sein würdest. ~
Kendels Miene nahm einen
distanzierten Zug an.
~ Die Mission wurde uns
übertragen. Hexenjägerinnen gehen dorthin, wohin man sie schickt. ~
Die Anspannung zwischen den
beiden Ritterinnen war deutlich zu spüren, und Leilani dachte unwillkürlich an die
Gerüchte, die sie über Kendels und Herkaazes erbitterte Rivalität gehört hatte.
Von einer Novizin wusste sie, dass
die zwei Frauen auf Sheol Trinus einmal gegen eine Feuerhexe gekämpft hatten.
Herkaaze, die vor einem mächtigen Gegner nicht zurückweichen und sich neu
formieren wollte, war von brennenden Trümmern getroffen worden und hatte später
Kendel die Schuld daran gegeben, weil die sich geweigert habe, ihr Rückendeckung
zu geben. Damals hatte Leilani diese Geschichte nicht glauben wollen, doch als
sie nun Schwester Emrilias alte Verletzungen sah, da überlegte sie, ob es nicht
vielleicht doch die Wahrheit gewesen sein könnte.
Herkaaze bemerkte ihren starren
Blick und ging auf die Novizin zu. ~ Genug gesehen, Sprecherin? ~ , herrschte sie sie an, während
ihr augmetisches Auge funkelte. Erschrocken schaute Leilani vor sich auf das
Deck.
~ Ich nehme Hexenvolk wahr ~ , warf Schwester Thessaly ein.
~ Ganz in der Nähe. ~
Die narbentragende Ritterin
nickte, wandte sich aber nicht Thessaly zu, sondern konzentrierte sich wieder
auf ihre einstige Kameradin. ~ Mehr
seid ihr nicht? Nur ihr drei? ~
Schwester Amendera schüttelte
den Kopf. ~ Eine Gruppe von
Vigilator-Schwestern begleitet uns. Ich habe sie auf einen anderen Weg
geschickt, der über die Achterdecks führt und ... ~
~ Dann hast du sie in den Tod
geschickt ~, befand Herkaaze verächtlich.
Daraufhin ballte Nortor eine
Faust und drückte sie in die andere Handfläche, um eine Nachricht an diese
Gruppe zu schicken, indem sie die signalerzeugenden Flächen auf den Knöcheln
ihres Handschuhs betätigte. Leilani hörte das Kurzstreckensignal im Kom ihrer
Gefechtsausrüstung nachhallen. Sie warteten einen Moment lang auf die
Standardantwort »Alles in Ordnung«, doch es kam nur statisches Rauschen. Nortor
wurde blass und schüttelte den Kopf.
~ Das Entsetzen tobt auf diesem
Schiff. Ich habe viele meiner Schwestern an die Hexen verloren, die während des
Wahnsinns ungehindert entkommen konnten. ~ Herkaaze nickte knapp.
~ Wir haben so viele getötet, wie
wir konnten ... ~
Wut flammte in Kendels Gesicht
auf, und sie griff nach dem Arm der anderen Ritterin. Zwar signalisierte sie
nichts, doch die Frage war eindeutig.
Mit übertriebener Gestik löste
Schwester Emrilia ihren Unterarm aus dem Griff der anderen Frau. ~ Die Zeit reichte nicht, um eine
vollständige Warnung zu senden. Wir mussten herkommen, um die Mauer zu bauen.
Sonst wäre alles verloren gewesen. ~
»Die Mauer?« Herkaaze zuckte
zusammen, als sie Leilanis Stimme hörte, doch die ignorierte diese Reaktion und
fuhr fort: »Ich verstehe nicht, was das heißen soll.«
Nortor verschränkte die Arme
vor ihrem Brustpanzer und legte die Fäuste an die Ellbogen. Das Zeichen
bedeutete Mauer ebenso wie Bastion und Umschließung.
»Was ist hier geschehen?«,
fragte die Novizin.
~ Antworte ihr ~ , forderte Kendel.
Herkaaze warf der jungen Frau
einen giftigen Blick zu, schließlich nickte sie und begann in Thought-Mark zu signalisieren,
jedoch so schnell und zackig, dass ein unwissender Beobachter ihre Bewegungen
für Übungen in irgendeiner Kampfsportdisziplin hätte halten können.
Schwester Emrilia fasste
zusammen, was sich seit der von der Evangelion Station aufgefangenen
rätselhaften Nachricht und den im Logbuch der Validus festgehaltenen
Ereignissen zugetragen hatte.
Nachdem das Schwarze Schiff in
diese Leere innerhalb der Leere geraten war, bahnten sich von allen Seiten
psionische Impulse ihren Weg ins Schiffsinnere. Zunächst behaupteten
vereinzelte Crewmitglieder, sie hätten in den Korridoren Geister gesehen.
Solche Vorkommnisse waren nichts
Ungewöhnliches auf Schiffen wie diesem, auf denen der ungefilterte Schmerz
gefangener Telepathen an den Schotten psionische Flecken hinterließ. Doch es
hatte sich bei den Beobachtungen nicht um gewöhnliche Geister gehandelt.
Vielmehr waren sie aufeinander
abgestimmt vorgegangen und hatten dabei eher militärisches als außerweltliches
Verhalten an den Tag gelegt. Kurz darauf waren Unruhen auf den Verliesdecks
ausgebrochen, bei denen sich etliche Psioniker das Leben nahmen oder dadurch
starben, dass Wellen aus Psi-Energie in ihre Zellen schwappten. Zu spät, so
musste
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