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DGB 12 - Verlorene Söhne

DGB 12 - Verlorene Söhne

Titel: DGB 12 - Verlorene Söhne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Graham McNeill
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sehen?«,
fragte Ahriman. »Nein.«
    »Sehen Sie genauer hin. Lassen
Sie sich mit den Strömen treiben. Denken Sie an alles, was ich Sie seit Heliosa
gelehrt habe.«
    »Ich versuch's ja, aber da sind
so viele. Wie soll ich erkennen, was die tatsächliche und was eine mögliche
Zukunft ist?«
    »Das«, erwiderte Ahriman, »ist
genau der Punkt, an dem die Fähigkeiten jedes einzelnen Hellsehers ins Spiel kommen.
Manche besitzen eine angeborene Verbindung zu den ätherischen Pfaden, die sie
geradewegs zur Wahrheit führen, während andere Tausende von Bildern voll bedeutungsloser
Symbole durchforsten müssen, ehe sie ans Ziel gelangen.«
    »Welcher von beiden sind Sie?«,
fragte Lemuel, ohne die Augen zu öffnen, während er sich die Myriaden von Pfaden
aus fallenden Karten vorzustellen versuchte.
    »Denken Sie nicht über mich nach,
sondern über die Karten«, ermahnte Ahriman ihn. »Bereit?«
    »Bereit.«
    Ein sorgfältig aufgebautes
Kartenhaus in der Form einer behutsam balancierten Pyramide stand an der
Tischkante.
    Gefunden hatte er die Karten in
einer verbeulten und in Stoff gewickelten Blechdose, achtundsiebzig Karten
eines von Ahriman sogenannten Visconti-Sforza-Trionfisatzes. Jede Karte steckte
voller Details und zeigte in einer bemerkenswerten Farbenpracht verschnörkelte Bilder
von majestätisch dreinblickenden Männern und Frauen.
    »Fang die Denari sieben«, sagte
Ahriman und schlug mit der flachen Hand auf den Tisch.
    Die Pyramide fiel in sich
zusammen, alle Karten flatterten in einem wilden Wirbel aus Reitern, Königen
und Prinzessinnen zu Boden. Lemuels Hand schoss nach vorn, bekam eine Karte zu
fassen und hielt sie vor sich.
    »Zeigen Sie sie mir«, forderte
Ahriman ihn auf.
    Lemuel drehte die Karte um, sie
zeigte eine Frau, die nach einem achtzackigen Stern griff.
    »Der Stern«, sagte der
Astartes. »Versuchen Sie es noch mal.«
    »Es ist unmöglich«, gab Lemuel
resigniert zurück. Er hatte nach jeder Karte zu greifen versucht, die der
andere ihm nannte, unmittelbar bevor er den Stapel zusammenbrechen ließ. Seit
drei Stunden bemühte er sich, jedoch immer wieder ohne Erfolg.
    »Ich kann es einfach nicht.«
    »Sie können es. Versetzen Sie
Ihren Verstand in die unteren Aufzählungen, um ihn von den angesammelten materiellen
Dingen zu befreien. Lassen Sie Ihren Geist treiben, ohne an Hunger, Bedürfnisse
und Verlangen zu denken. Nur dann können Sie dem richtigen Pfad zu den Echos
der Zukunft folgen.«
    »Ich soll meinen Geist vom
Verlangen befreien? Das fällt mir aber schwer«, machte Lemuel ihm klar.
    »Ich habe nie davon gesprochen,
dass es leicht werden wird. Das Gegenteil ist der Fall.«
    »Ja, ich weiß, aber für einen
Mann mit meinem Appetit ist es nicht leicht, den zu unterdrücken«, meinte er
und klopfte auf seinen beträchtlichen, aber schon ein wenig geschrumpften
Bauch. Die Schiffsküche bestand aus einer faden Mischung aus wieder-zusammengefügten
Pasten und schockgefrorenem Gemüse, das auf an der Unterseite des Rumpfs
gelegenen hydroponischen Decks angebaut wurde. Das Ganze war zwar nahrhaft, von
Geschmack war jedoch nur wenig zu merken.
    »Dann werden die Aufzählungen
Ihnen helfen«, sagte Ahriman.
    »Steigen Sie in die unteren
Sphären auf und stellen Sie sich den Weg vor, den jede einzelne Karte auf dem
Weg zum Boden zurücklegen wird. Lernen Sie, die geometrische Progression der
Potenzialität zu lesen, während jede Permutation tausend neue Varianten
entstehen lässt, ganz ohne Rücksicht darauf, wie ähnlich sich die anfänglichen
Parameter waren. In den vergessenen Zeitaltern kannte man das unter anderem
unter dem Namen Chaostheorie oder Fraktalgeometrie.«
    »Ich kann es nicht«,
protestierte Lemuel.
    »Ihr Gehirn wurde für so etwas
geschaffen, meines nicht.«
    »Es liegt nicht an meinen
verbesserten kognitiven Fähigkeiten, dass ich die Karten fallen sehen kann. Ich
bin kein Mathematik-gelehrter.«
    »Dann machen Sie es«, forderte
Lemuel ihn heraus.
    »Wie Sie wollen«, sagte Ahriman
und baute das Haus mit ruhigen Fingern wieder auf. Als die Pyramide fertig war,
wandte er sich zu Lemuel um. »Nennen Sie eine Karte.«
    Lemuel überlegte kurz. »Den
Streitwagen.«
    Ahriman nickte, schloss die
Augen und stellte sich vor den Tisch, die Arme hingen an den Seiten herab.
    »Bereit?«, fragte Lemuel.
    »Ja.«
    Dann stieß Lemuel gegen die
Tisch, die Karten gerieten ins Rutschen. Einer zuschnappenden Schlange gleich
zuckte Ahrimans Hand vor und bekam eine Karte mit Goldrand zu

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